Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Silberschweine

Silberschweine

Titel: Silberschweine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
hinzufallen.
    »Ihr Vater …«
    »Ich gehe zu ihm«, erklärte Petronius mit düsterer Miene. »Geh du nach Hause! Ich sage es der Familie. Marcus, geh du einfach nach Hause!«
    Es war wohl das beste so.
    Ich spürte, wie er mir nachsah. Er wollte helfen. Aber er wußte, es war nichts zu machen.

XIX
    Ich ging zum Begräbnis. In meinem Beruf gehört das dazu. Petronius kam mit.
    Die Zeremonie fand im Freien statt. Die Prozession kam vom Haus ihres Vaters. Sosia Camillina lag auf einer offenen Bahre, Blumengewinde im Haar. Die Verbrennung sollte draußen vor der Stadt, beim Mausoleum der Familie an der Via Appia stattfinden. Sie verzichteten auf professionelle Klageweiber. Junge Männer, Freunde der Familie, trugen die Bahre.
    Es wehte ein stürmischer Wind. Während sie am hellichten Tage unter Flötenmusik und Klageliedern durch Rom zogen, kam das Treiben auf den Straßen für einen Augenblick zum Erliegen. Vor dem Scheiterhaufen, der wie ein Altar aus rohem Holz aufgeschichtet und an den Seiten mit dunklen Blattranken dekoriert war, stolperte einer der jungen Träger. Ohne zu überlegen, trat ich vor und sprang für ihn ein. Die Bahre war so leicht, daß sie uns fast aus den Händen glitt, als wir sie auf den Holzstoß hoben.
    Die Ansprache ihres Vaters war kurz, fast ein wenig flüchtig. Aber das paßte zu ihr. So war auch ihr Leben gewesen. Was Publius Camillus an diesem Tage sagte, war einfach und wahr.
    »Sosia Camillina war meine einzige Tochter. Sie war schön, ehrerbietig und gehorsam, und sie wurde der Welt entrissen, bevor sie die Liebe eines Gatten oder eines Kindes kennenlernen konnte. Nehmt, o Götter, ihre junge Seele freundlich auf …« Er ergriff eine der Fackeln und entzündete, der Sitte gemäß, mit abgewandtem Blick den Scheiterhaufen.
    »Sosia Camillina, Heil dir und Lebewohl!« Zwischen Blumen, kleinen Schmucksachen und süß duftenden Ölen verließ sie uns. Die Leute weinten. Ich auch. Wohlriechende Flammen loderten empor. Einmal sah ich sie noch durch den Rauch. Dann war sie nicht mehr.
    Petronius und ich hatten dieses Ritual schon Dutzende von Malen durchgestanden. Gefallen hat es uns nie. Wir standen etwas abseits, und ich schimpfte leise vor mich hin. »Es ist widerwärtig. Warum, verdammt, bin ich überhaupt hier?«
    Mit leiser Stimme zählte er auf: »Die förmliche Beileidsbekundung. Außerdem die schwache Hoffnung, daß der Verrückte, den wir suchen, hier auftaucht. Daß er, vom eigenen Verbrechen fasziniert, seine Grimasse beim Mausoleum zeigt …«
    Ohne meine Trauermiene zu verziehen, höhnte ich: »… und sich ausgerechnet an dem Ort den neugierigen Blicken aussetzt, wo er sicher sein kann, daß ein paar Vertreter des Gesetzes herumstehen und nur darauf warten, jedem ungeladenen Gast nachzurennen, der irgendwas Schräges im Blick hat.«
    Petro legte mir eine Hand auf den Arm. »Und außerdem, weißt du, fällt uns vielleicht eine Stimmung bei den Angehörigen auf, die nicht ins Bild paßt.«
    »Die Familie scheidet aus«, erklärte ich.
    Petronius runzelte die Stirn. Diese heikle Angelegenheit hatte er dem Prätor überlassen. Sollte sich doch ein Magistrat – vom gleichen Rang wie die Familie – die Hände schmutzig machen! Wahrscheinlich dachte er, ich wäre zu erschüttert, um die Familie in Betracht zu ziehen. Aber das stimmte nicht.
    »Frauen sind nicht stark genug, Kinder nicht groß genug. Decimus Verus kann fünfzig Regierungsmitglieder beibringen – auf deren Ehrenwort ich keinen Pfifferling gebe – und noch den alten Sklaven vom Schwarzen Meer, der ihm die Schuhe putzt – dessen Aussage mir schon genügt –, und allesamt können sie beschwören, daß er im Senat war. Publius Meto wiederum hat in der Zeit mit dem geschiedenen Mann der Tochter seines Bruders über Handelsschiffe geredet, so daß übrigens auch dieser Ex-Mann nicht in Betracht kommt, und dies, bevor wir ihn überhaupt in Betracht gezogen haben.« Ich hatte alles überprüft. Ich kannte inzwischen Verwandte des Senators und seines Bruders, die diese beiden wahrscheinlich längst vergessen hatten.
    Nur mit Helenas früherem Mann hatte ich nicht gesprochen, hatte mir nicht mal die Mühe gemacht, nach seinem Namen zu fragen. Aber er kam aus zwei Gründen nicht in Frage. Der nützliche Stiefelknecht vom Schwarzen Meer hatte mir gesagt, wo er sich aufhielt. Und außerdem hatte er sich ja von Helena scheiden lassen. Ich hatte genug mitbekommen von den Ehen anderer Leute und war überzeugt, daß es für

Weitere Kostenlose Bücher