Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Silberschweine

Silberschweine

Titel: Silberschweine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
die Betroffenen meistens gut war, wenn sie ihrer förmlichen Verbindung ein Ende machten. Wenn Helenas Gatte in diesem Punkt mit mir übereinstimmte, war er offenbar ein vernünftiger Mann.
    Sie dürfen nicht glauben, mein treuer Zeltgenosse von ehedem sei müßig geblieben. Petronius hatte sich an die Mannschaft des zuständigen Prätors gehängt. Er hatte sich dem Ädilen, der mit dem Fall befaßt war, unentbehrlich gemacht (zum Glück nicht Pertinax, wir waren im Achten Bezirk, dem Gebiet des Forum Romanum), Petro selbst hatte jedes Lager und jeden Schuppen in der Granatgasse durchsucht. Wie sich herausstellte, gehörte das Speicherhaus, in dem Sosia gefunden worden war, einem uralten Ex-Konsul namens Caprenius Marcellus, der auf einem Landgut fünfzig Meilen südlich von Rom an einer schleichenden Krankheit langsam zugrunde ging. Dem Prätor hätte Im-Sterben-Liegen als Alibi genügt, aber Petronius fuhr trotzdem den ganzen Weg hin und wieder zurück, um sicherzugehen. Caprenius konnte es nicht gewesen sein. Vor lauter Schmerzen hatte er Petro überhaupt nicht wahrgenommen.
    Das Lagerhaus stand leer, aber wir waren sicher, daß es benutzt worden war. Im Hof fanden wir frische Wagenspuren. Jeder, der wußte, daß der Eigentümer krank war, konnte heimlich eingezogen sein. Aber offenbar war er danach auch wieder ausgezogen.
    Während des Begräbnisses kam es nicht zu Zwischenfällen. Wir sichteten keine Finsterlinge. Petronius und ich waren es, die sich fehl am Platze fühlten.
    Inzwischen bereiteten sich die nächsten Angehörigen darauf vor, die Asche einzusammeln; für die übrigen Trauergäste war es an der Zeit, aufzubrechen. Bevor wir gingen, gab ich mir einen Ruck und trat zu Sosia Camillinas trauerndem Papa.
    »Publius Camillus Meto.«
    Seit dem Tag bei Pertinax sah ich ihn zum ersten Mal. Er hatte ein Gesicht zum Vergessen: das glatte ausdruckslose Oval, der unnahbare Blick mit einem Anflug von Geringschätzigkeit. Es war wohl auch das einzige Mal, daß ich ihn mit seinem Bruder zusammen sah. Mit seiner Glatze wirkte Publius wie der Ältere von beiden, aber heute, während er die Feierlichkeiten leitete, war sie bedeckt, und als er sich mir nun zu entziehen versuchte, bemerkte ich eine Entschlossenheit in seinen Zügen, die meinem Auftraggeber Decimus fehlte. Ein Hauch von Myrrhenöl umwehte Publius; er trug einen Ring mit einer Intaglio-Arbeit und einem großen Smaragd, Anzeichen von Junggeselleneitelkeit, die mir vorher entgangen waren. Daß mir solche Nebensächlichkeiten ausgerechnet in diesem Augenblick auffielen, steigerte nur meine Verlegenheit.
    »Mein Herr, ich nehme an, es ist das letzte, was Sie von mir hören wollen –«, an seinem Gesichtsausdruck erkannte ich, daß ich mich nicht täuschte, – »aber ich verspreche Ihnen – und ihr –, daß ich herausfinden werde, wer Ihre Tochter getötet hat. Gleichgültig, was es mich kostet und wie lange es dauert. «
    Er starrte mich an, als hätte er das Sprechen verlernt. Julia Justa, die Frau seines Bruder, streifte meinen Arm. Sie warf mir einen verärgerten Blick zu, aber ich ließ nicht locker. Publius war ein Mann, der auch im Kummer freundlich lächeln konnte, aber hinter dieser Freundlichkeit zeigte sich eine Härte, die ich bisher nicht wahrgenommen hatte.
    » Sie haben genug für meine Tochter getan!« fuhr er mich an. »Entfernen Sie sich! Lassen Sie uns in Ruhe!« Fast hätte er mich angeschrien.
    Seine Stimme bebte. Für uns beide war der Morgenstern verblaßt, und ich stand da und belästigte ihn. Er wußte nicht, wem er die Schuld sonst geben sollte; also gab er sie mir.
    Aber das war nicht der Grund. Seine Stimme bebte, weil Publius Camillus Meto offenbar zu jenen Menschen gehörte, die der Schmerz in eine innere Erstarrung treibt; er sah aus, als würde er irgendwann zusammenbrechen, aber nicht in der Öffentlichkeit, nicht heute und nicht hier. Dabei war er früher so selbstsicher gewesen – dieser Verlust hatte ihn schwer getroffen.
    Ich trauerte genauso aufrichtig um seine Tochter wie er. Ihretwegen litt ich mit ihm. Ihretwegen sprach ich mit offenem Herzen.
    »Mein Herr, wir teilen –«
    »Wir teilen gar nichts, Falco!« Er ging davon.
    Ich sah, wie ihn die bleiche Frau des Senators, die es auf sich genommen hatte, ihren Schwager durch diesen entsetzlichen Tag zu geleiten, zum Scheiterhaufen führte. Dienerinnen nahmen jetzt die kleineren Kinder auf den Arm. Die Sklaven der Familie standen dicht zusammengedrängt. Wichtige

Weitere Kostenlose Bücher