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Silberschweine

Silberschweine

Titel: Silberschweine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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und jetzt begriff ich auch, wer meine beiden Auftraggeber waren. Ich arbeitete nicht, wie ich bisher angenommen hatte, für ein hochnäsiges Sekretariat orientalischer Freigelassener auf den unteren Rängen der Palasthierarchie.
    Vor mir stand Titus Cäsar höchstpersönlich.

XLII
    Er hatte gerade fünf Jahre in der Wüste hinter sich, aber, bei Jupiter, er war in Form. Er platzte fast vor Tüchtigkeit. Man konnte sich ohne weiteres vorstellen, wie er mit seinen sechsundzwanzig Jahren eine ganze Legion befehligte – und dann das halbe Reich mobilisierte, um den Thron seines Vaters zu gewinnen.
    Titus Flavius Vespasianus. Meine Kehle war schon rauh von einer kräftig gepfefferten Soße, jetzt brannte sie. Zwei Auftraggeber: Titus und Vespasian. Oder zwei prominente Opfer – wenn wir etwas falsch machten.
    Die Welt vermutete, der junge General habe bei der Belagerung von Jerusalem noch alle Hände voll zu tun; aber mit Jerusalem war er offenbar fertig, und ich war mir ziemlich sicher, daß unter seinen Eroberungen auch die legendäre Königin der Juden war. Wer konnte ihm daraus einen Vorwurf machen? Gleichgültig, wie man über ihre Vergangenheit und ihre Moral dachte (sie hatte früher einmal ihren Onkel geheiratet und schlief angeblich mit ihrem Bruder, dem König) – Königin Berenike war jedenfalls die schönste Frau der Welt.
    »Helena Justina!«
    Zwischen meinen Zähnen knirschte ein Stück Hummerschale. Nun hatte er schon eine Königin in der Tasche; es gab keinen Grund, sich mit solchem Eifer auch noch an meine Najade heranzumachen. Daß er ihr imponierte, erkannte ich an der ruhigen Axt, mit der sie fragte: »Sie wollen mit Falco sprechen, Cäsar; soll ich mich zurückziehen?«
    Panik ergriff mich bei dem Gedanken, daß sie ihren Vorschlag wahr machen könnte, aber er winkte uns beide in den Saal.
    »Nein, bitte, das betrifft auch Sie.«
    Wir standen in einem sechs Meter hohen Gemach, dessen Decken mit mythologischen Figuren bemalt waren, die leichtfüßig zwischen Bäumen mit verschlungenen Blüten umhersprangen. Die Wände waren mit Blattgold überzogen. Ich blinzelte.
    »Entschuldigen Sie diese Protzerei«, lächelte Titus. »Aber Nero hielt das für guten Geschmack. Und mein armer Vater steht jetzt vor dem Problem, ob er sich damit abfinden oder noch einmal Geld ausgeben und hier auf dem Gelände einen weiteren Palast bauen soll.«
    Solche Probleme hätte ich auch gern gehabt!
    Titus fuhr mit ernster Miene fort: »Einige Räume sind so abscheulich, daß wir sie verschließen mußten. Da haben wir nun eine Palastanlage, die sich schon über drei der Sieben Hügel erstreckt, und trotzdem finden wir keine passende Unterkunft für unsere Familie, von zweckmäßigen Staatsgemächern ganz zu schweigen. Aber es gibt dringlichere Projekte –« Ich war nicht hier, um über Geschmacksfragen zu plaudern, aber auch Titus kam jetzt zur Sache.
    »Mein Vater hat gebeten, ich möge mich inoffiziell mit Ihnen treffen, weil eine öffentliche Audienz gefährlich sein könnte. Ihre Mitteilung, daß den gestohlenen Barren das Silber entzogen ist, haben wir an die Prätorianer weitergeben lassen. Sie haben dies, wie es scheint, mit Interesse vernommen – kaisertreu, wie sie sind!« Er klang ironisch, aber nicht zynisch.
    »Damit haben wir aber noch nicht die Verschwörer –«, erwiderte ich.
    »Ich will Ihnen sagen, wie die Dinge stehen. Heute morgen haben wir Atius Pertinax Marcellus verhaftet. Die Beweise gegen ihn waren spärlich, aber wir mußten herausbekommen, wer noch beteiligt ist. Deshalb …« Er zögerte.
    »Im Mamertinischen Gefängnis?« fragte ich. »In den Zellen für die politischen Gefangenen?«
    Die Zellen waren berüchtigt. Helena Justina holte tief Luft. Ohne sich groß zu entschuldigen, teilte ihr Titus mit: »Es hat nicht lange gedauert. Er bekam – entgegen allen Vorschriften – Besuch, wir wissen noch nicht, von wem. Eine halbe Stunde später fanden ihn die Wärter erdrosselt.«
    »Oh – nein!«
    Helena Justina war erschüttert. Ich auch. Ich hatte mir das Vergnügen, mit Pertinax abzurechnen, nicht nehmen lassen wollen. Aber es war typisch, daß er sich mit Leuten zusammentat, die mir so eine Chance vermasselten.
    »Helena Justina, standen Sie und Pertinax nach der Scheidung weiterhin auf gutem Fuße?«
    »Wir standen auf gar keinem Fuße«, antwortete sie mit fester Stimme.
    Er sah sie nachdenklich an: »Werden Sie in seinem Testament erwähnt?«
    »Nein. Bei der Teilung des Besitzes war er

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