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Silberschwester - 14

Silberschwester - 14

Titel: Silberschwester - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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machen.«
    »Welches
Geschenk? Ich bin keine große Zauberin.«
    »Still doch!«,
gebot der Kater. »Die Zeit wird knapp. Du musst mir den Lebensodem einhauchen,
bevor der Geistwind umschlägt und verebbt.«
    Da beugte sie
sich vor, nahm die Figur zwischen beide Hände und presste ihren Mund auf den
ihrigen. Und der Stein schien sich unter dieser Berührung zu erwärmen und hob
an, leicht zu pulsieren, zu vibrieren. Dreimal hauchte sie dem Kater so ins
Maul, und nun begann sie, ihn sacht zu streicheln, jeden Zoll von ihm zu
glätten – von den stolz aufgerichteten Ohren bis zur Spitze des eleganten
Schweifs.
    »Oh, was für
eine Wohltat!«, miaute er und stand auf, um sich zu strecken, zu recken. Und
dann, mit rauem Schnurren, nahm er wieder die Sitzhaltung ein, die er viele
Jahre innegehabt hatte, sah ihr in die Augen und sprach: »Und jetzt musst du
mir einen Namen geben!«
    »Einen Namen?«,
wiederholte Shallisa von neuem ratlos.
    »Aber ja,
einen Namen … Jedes Ding und Wesen braucht einen. Natürlich wird man nicht
jeden Namen kennen und aussprechen, aber du musst meinen nun sagen, sonst muss
ich ewig in diesem Kerker bleiben.«
    Aber so sehr
sie sich auch bemühte, ihr fiel keiner ein, der passend geklungen hätte. »Ach,
es hat keinen Sinn!«, seufzte sie da schließlich. »Woher soll ich denn wissen,
wie ich dich nennen soll?«
    »Und woher
weißt du, was du in einer Halskette aufziehen musst, damit es den rechten
Zauber hat?«
    »Ich lausche
mit den Fingern den Steinen, und die sagen mir, was ich wissen muss.«
    »Dann solltest
du vielleicht mir nun auch so lauschen.«
    Da schloss sie
die Augen, um sich zu konzentrieren und ihre Gedanken zu läutern, legte wieder
beide Hände um den Kater und ließ seine Essenz in sich überströmen.
    »Nizirä!«,
keuchte sie jäh und riss die Augen auf vor Staunen darüber, wie klar diese
Botschaft gewesen war. »Das ist dein Name!« Und das war das Letzte, woran sie
sich erinnerte, als sie am nächsten Morgen in ihrem Zelt erwachte und
entdeckte, dass ihre Lapiskatze verschwunden war.
     
    »Wo ist meine Katze?«, fuhr sie Dab
an, als sie ihn nachmittags fand – nachdem sie, überzeugt, dass er oder einer
seiner Kumpel sie ihr aus Rache stibitzt habe, in jedem Zelt und jeder Hütte am
Rand des Marktplatzes nach dem Lauser von Regosi gefragt und gesucht hatte …
    »Die Katze,
hohe Frau?«, rief er erschrocken. »Wie sollte ich denn wissen, dass dieses Tier
dir gehört? Ich habe sie an der Müllhalde gefangen. Weißt du, wir hatten nichts
zu essen …«
    »Nein, nein«,
unterbrach sie ihn mit besorgter Geste. »Keine echte Katze. Eine aus Stein.
Schön, nur ein kleiner Streich, damit wir wegen gestern ja quitt wären … aber
ich muss sie wiederhaben!«
    »Eine
Steinkatze!«, erwiderte der Junge so gekränkt, wie sie noch nie jemanden aus
seinem Volke gehört hatte. »Die Regosi stehlen, um zu leben, eine Münze oder
auch zwei, etwas, was man schnell verkaufen oder eintauschen kann, etwas zu
essen, bestimmt … aber so etwas zu nehmen …«, stieß er, mit vor verletztem
Stolz großen Augen, hervor und hob verneinend die Hände.
    So ehrlich
wirkte sein blau bemaltes Gesicht, dass Panik und Verzweiflung sie befiel.
    »Aber wer
dann, wenn nicht du?«, rief sie denn und brach in Tränen aus.
    »Erzähl mir
von dieser Steinkatze«, rief er, voll Mitgefühl.
    »Das ist eine
Figur … ja, etwa so groß«, schniefte sie und deutete deren Maße mit Händen an.
»Sie ist aus blau und weiß gesprenkeltem Stein gemacht.«
    »Ein magisches
Objekt also, diese blaue Katze«, murmelte er und machte große Augen.
    Kein Wunder,
dass er so dachte. Für die Regosi war Blau eine heilige Farbe. Andererseits …
    »Bei der
Steingöttin, du hast Recht, doch! Das ist magisch!«, rief sie, in Erinnerung an
ihren Traum. »Doch solche Magie zu erschaffen, überstiege auch die Fähigkeiten
des fähigsten Steinwerkers. Aber vielleicht nicht die eines Meisters.«
    Maldor, ja!
Sein Bild trat vor ihr inneres Auge. Aber warum sollte er ihr die Katze denn
erst verkaufen und dann wieder stehlen? Ihre Kabbeleien all die Jahre waren
doch immer ganz harmlos und freundschaftlich gewesen, und zudem: Er könnte die
Statue ja bestimmt nicht wieder auf dem Markt anbieten, wo doch so viele Leute
wussten, dass sie sie erstanden hatte.
    »Letzte Nacht
ist im großen Steinernen Haus angeblich ein Geist umgegangen«, sagte er leise
und blickte dann abergläubisch über seine linke Schulter zurück. »Zwei

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