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Silberschwester - 14

Silberschwester - 14

Titel: Silberschwester - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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von ihm
sprach. Shallisa hatte auch seinen Teint geerbt, aber nicht sein Haar – ihres
war dick und schwarz wie Rabenschwingen. Wirkte sie unter den dunkeläugigen und
dunkelhäutigen Itaris der Ebenen schon exotisch, war sie unter den
hellhäutigen, brünetten Städtern noch auffälliger.
    »O Gott,
nein«, seufzte Maldor, als sie an seinen aus Zeltleinwand gebauten Stand trat.
Als der für die Feinornamentik zuständige Steinmetzmeister war er nicht
verpflichtet, selbst zum Markt zu kommen, tat das aber oft, weil, wie er
beklagte, Lärm und Enge der Werkräume seine sensiblen Nerven und schöpferischen
Impulse schwächten. »O Götter! Nicht ihr beiden wieder! Warum kommst du … Katzenauge?
Du kaufst ja doch nie etwas!«
    »Würde ich ja
gern, wenn deine Preise nicht so hoch wären«, erwiderte sie mit unverschämtem
Grinsen.
    »Geh du dein
Hexenwerk feilbieten und lass ehrliche Kaufleute ihren Geschäften nachgehen«,
sagte er und wedelte mit seiner breiten, feisten Hand, als ob er sie
fortscheuchen wollte.
    »Mirga hat
erzählt, du hättest einen unbeschreiblichen Vogel aus Bernstein!«, beharrte
sie.
    »Ja, da ist er!«,
rief die Kleine und griff sich das kostbare Stück – worauf Maldor es ihr
gekonnt wieder aus den gierigen Händen nahm.
    »Ah«, murmelte
Shallisa und tat, als ob sie die meisterliche Arbeit studiere, »wirklich ein
gut gearbeitetes Stück. Aber das ist ja wohl von dir, Meister Maldor. Wer sonst
schneidet eine so schöne, edle Figur nur um eines plumpen, platten Scherzes
willen?«
    »Ich hätte es
wissen müssen«, murmelte er da und stellte die Plastik wieder an ihren Platz.
»Und was führt dich hierher? Als ob ich das nicht wüsste.«
    »Ach, sieh an,
du hast die Lapiskatze immer noch«, erwiderte sie und fuhr mit leichtem Finger,
aber ohne ein Lächeln, die feine Kurve des Mauls nach, als ob die Skulptur ein
lebendes Wesen wäre. Elegant auf den Hinterbacken sitzend, war sie so groß wie
ein halb erwachsenes Kätzchen. Die Färbung war nicht die beste: Von »Weiß mit
Blau gesprenkelt« am Kopf zu »Blau mit Weiß« an den Pfoten übergehend … Aber
dafür war der Stein reich mit Pyrit geädert. Das machte sie nicht nur
kostbarer, sondern gab ihr eine ungewöhnliche und, in Shallisas Augen,
wunderschöne Zeichnung des »Fells«.
    »Ich habe den
Preis auf hundert Silberlinge herabgesetzt«, sagte er. »Tiefer kann ich nicht
gehen.«
    Sicher, nach
den zweihundertfünfzig, die er neun Jahre zuvor verlangt hatte, war das nun
wirklich günstig, aber doch noch mehr, als sie hatte. So tätschelte sie die
Katze bedauernd, seufzte schwer und wandte sich zum Gehen.
    »Also gut, für
dich fünfundsiebzig. Aber ich würde schwören, du hast das Ding mit einem Fluch
belegt … damit ja niemand anderes es kauft!«
    Das stimmte
natürlich nicht, aber sie widersprach nicht, sah nur begehrlich auf das
zierliche blaue Gesichtchen und sagte leise: »Ich habe ja bloß fünfzig … und
das ist mein ganzes Erspartes.« Sie wurde dermaßen von Sehnsucht nach der Figur
überwältigt, dass sie feuchte Augen bekam, als sie den Blick des
Steinmetzmeisters erwiderte. Und da war es, als ob zwischen den beiden für
einen Moment ein Strom sich öffnete … jedenfalls bekam er plötzlich etwas
Weiches ins Gesicht.
    »So nimm sie eben«,
murmelte er. »Aber ich werde taube Ohren haben, wenn du mir dann im Winter
fluchst, weil du vor Hunger stirbst!«
    »Oh, danke!
Danke!«, rief Shallisa aus. »Hebe sie bitte bis heute Abend für mich auf. Ich
komme vor Marktschluss mit dem Geld wieder!«
    »Bist du
verrückt?«, fauchte Mirga, als sie jetzt aus Maldors Stand traten und sich
anschickten, sich ihren Weg durch die Menge zu bahnen.
    »Schon
möglich«, lachte da Shallisa, die es immer noch kaum glauben konnte, dass diese
Katze endlich ihr gehören sollte. »Komm mit zu Kirkan. Er wird mir diese
Silberlinge besorgen müssen und dürfte davon kaum erbaut sein.«
     
    Sie hatte an dem Abend das Essen
ausfallen lassen, damit sie Kirkan das, was sie tagsüber verdient hatte, zur
Auffüllung ihres mageren Kontos geben konnte. Sie bräuchte es, um durch den
Winter zu kommen! Ja, das ganze Notgeld zu opfern, war schon verrückt gewesen,
aber sie bereute es nicht: Diese Lapiskatze war es wert … Behutsam zog sie die
kleine Statue aus ihrem samtgefütterten Beutel. Sie hätte gern gewusst, wer
dieses Stück gefertigt hatte. Maldor kannte den Künstler ja vielleicht, würde
ihr aber nie seinen Namen sagen.
    Jedes Detail
vollkommen

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