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Silberschwester - 14

Silberschwester - 14

Titel: Silberschwester - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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eher zum Lachen reizte als ärgerte, und
murmelte einen kleinen Spruch – und schon schrie der Bursche erschrocken auf
und ließ das feine Halsband in den Staub fallen.
    »Komm, Junge«,
forderte sie, »gib mir das Amulett zurück. Es war nicht für dich gedacht und
brächte dir nur Unglück.«
    Mit riesigen
Augen bückte er sich, um es aufzuheben, und kam dann widerwillig näher, um es
in den breiten, auf die Hüfte gestemmten Korb zu werfen.
    »Und wie heißt
du?«, fragte sie und nahm den bunt gemusterten Schal von den Schultern, um
damit den Korb zuzudecken.
    »Dab, gnädige
Frau«, erwiderte er da und neigte, dem Gejohle seiner Kameraden zum Trotz,
ehrerbietig den Kopf. »Nichts passiert, nicht wahr, gnädige Frau?«
    »Weißt du
nicht, dass man nicht stehlen darf?«, fragte sie und musterte ihn böse. Aber
natürlich kannte sie die Antwort auf solche Frage: Wenn man arm ist, ist
Stehlen kein Verbrechen, sondern lebensnotwendig. »Na gut. Aber einen
Zaubermacher zu bestehlen, und sei es eine geringe Steinwirkerin, ist nicht
sehr klug.«
    »Ja, gnädige
Frau«, brummte er, erstaunlich zerknirscht, sah sie dann mit strahlenden Augen
an und rief »Aber vielleicht soll ich der Herrin für einen Batzen ihre Ware
tragen!«
    »Nein, lass
das, Frechdachs!«, lachte sie und schlug ihm auf die Hand, als er nach ihrem
Korb fasste. »Pack dich lieber zu deinen Brüdern, sonst schleife ich dich noch
zu den Schergen des Königs!« Und als er sich zu seinen Buben trollte, rückte
sie sich, immer noch kichernd, den Korb zurecht und schritt zum großen Tor, dem
Eingang zum Steinmarkt.
    »Sei mit
ihresgleichen nicht so nachsichtig«, schalt Kirkan, der Königliche
Zolleinnehmer, als sie ihm ihre Roten für den Zutritt und den Silberling
Tagesgebühr für den Warenverkauf in die Hand zählte.
    »Hast du denn
vergessen, wie du als junger Bursche warst, du alter Bürokrat?«, stichelte sie
und zupfte ihn neckisch am Bart. Dafür gab er ihr einen aufs üppige Hinterteil,
als sie sich so affektiert schmachtend vorbeischob wie die Kurtisanen, die mit
ihren Zofen kamen, um Gold und Edelsteine, oder auch ein magisches Halsband von
einer einfachen Steinwirkerin zu kaufen.
    Shallisa kam
schon zeit ihres Lebens auf den Markt. Erst war sie mit ihrer Mutter Malia
gekommen, die auch Steinwirkerin gewesen war. Später, nach deren Tod, hatte sie
Platz und Stand übernommen und alleine weitergeführt.
    »Shallisa!«,
rief Mirga, die dunkeläugige Tochter von Jallam, der Chefkoch im Steinernen
Haus war, als sie sich durch die Menge schob, die sich auf der Gasse drängte.
Das Steinerne Haus, das sich beeindruckend und imposant über dem Chaos des
Markts erhob, beherbergte sämtliche Steinwerker des Königs – vom vornehmsten
Steinmagier bis zum geringsten Lehrling und den Hilfskräften.
    »Was hat dich
so aus dem Häuschen gebracht?«, fragte Shallisa die Kleine, die sie um ein Haar
umgerannt hätte. »Du bist ja so aufgeregt wie eine Hebitstute im Frühjahr.«
    »Du musst
einfach die neuen Schätze sehen, die Maldor aus der Steinwerkhalle mitgebracht
hat! Zum Beispiel den Falken, aus Bernstein von Isturan geschnitzt und mit
einem versteinerten Käfer im Bauch.«
    »Den hat wohl
Meister Maldor gemacht«, lachte Shallisa. »Das klingt ja ganz nach seinem Sinn
für Humor.«
    »Oh, dann ist
da noch ein Teller aus Rhodochrosit, ganz und gar hinreißend gebändert.«
    »Hat er auch
noch die Katze aus Lapislazuli?«, fragte Shallisa, als Mirga einmal eine Pause
machte, um Luft zu holen.
    »Das alte
Ding?« Nun war es an Mirga, spöttisch zu blicken. »Götter, die wird er ja nie
los. Wer will schon eine blaue Katze?«
    »ja, wer
wohl?«, murmelte Shallisa und lächelte so für sich. Sie wünschte sie sich schon
seit ihrem zehnten Lebensjahr. Aber als sie so dumm gewesen war, Maldor nach
dem Preis zu fragen, hatte der sie bloß ausgelacht und gemeint, so etwas
Kostbares sei nichts für die Tochter einer Steinwirkerin – auch wenn sie noch
so ein hübsches katzenäugiges Kind sei … Und seither nannte er sie immer nur
Katzenauge, denn blaue Augen wie die ihren waren eine Seltenheit bei den
Jadasiern, aber unter besagten Pelzträgern weit verbreitet.
    Ihr Vater –
Steinzauberer aus dem geheimnisvollen Osten und, wie es hieß, einen Sommer der
Geliebte ihrer Mutter – hatte solche Augen gehabt.
    »Augen wie
blauer Topas, eine Haut wie Elfenbein, Haare wie gesponnenes Gold«, hatte die
Mutter gesagt, bei einer jener ganz seltenen Gelegenheiten, da sie

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