Silberschwester - 14
sie war sich jetzt
ihrer Sache sicherer.
Diesmal lachte
der Kriegsherr dröhnender. »Bedeutet das, dass ich damit mein Vernichtungswerk
nicht vollenden kann?«
Lisa nickte
knapp. »Dieser Bann kann weder mir noch jemandem außerhalb der Burg etwas
anhaben … Er hält genau einen Tag, nicht mehr und nicht weniger. Nach Ablauf
dieser Zeit werden deine Wünsche nicht mehr erfüllt und wirkt weder er noch ein
ähnlicher auf dich. Ansonsten kennt er keine Beschränkungen: Deine Wünsche
werden umgehend erfüllt, sobald du sie formuliert hast.«
»Das genügt«,
sprach der Kriegsherr. »Das Tor schweigt. Gib ihn mir jetzt!«
Da fiel die
Lähmung von ihr ab. Sie ging die paar Schritte zu ihm, gab ihm das Behältnis.
Er öffnete es, ohne zu zögern. Doch es zeigte sich keine Wirkung – der
Kriegsherr kniff für einen Moment schon die Augen zusammen.
Da stand
plötzlich ein Stapel Gold mitten in der Halle. Der Kriegsherr sah Lia an und
lachte. Nun streckte er die offene Hand aus – da erschien ein Rubin darin,
wuchs im Nu zu einem Mehrfachen seiner ursprünglichen Größe. Ein Brunnen, aus
dem Wein floss, erschien – und schwand wieder, als der Kriegsherr anderen
Sinnes wurde. Jetzt machte er doch große Augen.
»Deine Magie
scheint in Ordnung. Nur verstehe ich immer noch nicht, warum du mir ein solches
Geschenk machst.«
»Weiße Elefanten«,
sagte Lia nur. Und sofort erschienen zwei der riesigen Tiere. Sie trompeteten
wild – und waren auf ein Stirnrunzeln des Kriegsherrn schon wieder
verschwunden.
»Das begreife
ich nicht«, sagte er schlicht.
Sie lächelte,
ein Lächeln ohne jede Wärme. »Der Zauber wirkt genau so, wie ich es dir
versprach. Er erfüllt jeden Wunsch, im Handumdrehen. Ich erwähnte Elefanten,
dein Geist machte sie real.«
Sie hielt
inne, um ihre Worte wirken zu lassen, und fuhr nun also fort: »Wie gesagt: Er
war seit Jahrhunderten nicht mehr gemacht worden. Einfach, weil er viel zu
gefährlich ist. Niemand kann seine Gedanken völlig kontrollieren, mächtiger
Kriegsherr, und der Zauber hält einen ganzen Tag. Eine lange Zeit, wenn man
vermeiden muss, auch nur einen Moment an den eigenen Tod zu denken.«
Damit machte
sie kehrt. »Vielleicht denkst du ja schon jetzt daran.«
KATHI THOMPSON
Kathi Thompson sagt, sie verdiene sich
ihren Lebensunterhalt als Controllerin einer Design-Firma, »deren Arbeit weit
mehr Kreativität verlangt, als den meisten Menschen bewusst ist« –wohl mehr,
als die meisten von ihnen haben, befürchte ich. Kathi ist eine der seltenen
gebürtigen Kalifornierinnen und hat bisher fast immer im Raum Los Angeles
gelebt. (Es stimmt ja, dass die meisten Kalifornier hergezogen sind, um dem Eis
und Schnee zu entgehen – aber jeder Mensch muss irgendwo zur Welt kommen.) Nach
dem College habe sie aber ein paar Jahre in Oregon verbracht.
Und weiter:
»Ich spiele Gitarre (meistens eine zwölfsaitige) und vielerlei Blasinstrumente
und schreibe, zur Belustigung meiner Freundinnen, gern Liedtexte um« (sicherlich eine
Versuchung, der du unbedingt widerstehen solltest, Kathi). »Mir gefielen alle
Künste, mit denen ich mich befasst habe, und ich besitze eine kleine Sammlung von
Stempeln … so über zwölfhundert.« Vielleicht erklärt das, warum so viele junge
Autorinnen nach ihrer ersten Publikation nichts mehr von sich hören lassen – ganz
zufrieden, »etwas verkaufen zu können«, wenden sie sich wieder anderen Künsten
zu. Schreiben erfordert aber Einsatz und Beharrlichkeit!
Zu dieser
Story und dazu, sie mir vorzulegen, sagt sie, habe sie meine Einleitung zu Band zwölf
dieser Reihe inspiriert. Ansonsten zelte und wandere sie gern und pflege ihre
ständig wachsende Sammlung von Häschen aller Formen und Größen. Nun, da sie
einen Computer habe, habe sie auch das Internet entdeckt. »Aber«, schließt sie,
»mein Lieblingsort ist der, der erscheint, wenn mein vierjähriger Neffe sagt:
›Tun wir, als ob‹.«
Sieht so aus,
als ob für dich noch Hoffnung bestünde. – MZB
KATHI THOMPSON
Die
Reiseberaterin
Was sie weckte, war nicht der Donner,
der scheußlich von den Bergen ringsum widerhallte, und nicht der heulende Wind,
der den Regen gegen die mächtigen Mauern der Burg peitschte. Was in ihren Traum
drang und letztlich den Faden zerriss, war das stete, drängende Pochen an der
schweren eichenen Hallentür.
»Gütige
Göttin, warum kommen die immer mitten in der Nacht?«, murrte sie und versuchte,
sich an ihre Vision zu erinnern … Aber vergebens –
Weitere Kostenlose Bücher