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Silberschwester - 14

Silberschwester - 14

Titel: Silberschwester - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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es blieb ihr nur der vage
Eindruck, dass ihr Erlebnis viel versprechend gewesen war, und das Bedauern,
dass sie es nicht für ihre Kunst und Profession nutzen konnte. Je nun,
vielleicht würde die nächste Nacht ja ergiebiger … Als sie so auf ihrem Nachttischchen
kramte, um ihre kleine Lampe anzuzünden, pochte es so laut weiter, dass sie
aufstand, ihre Robe vom Stuhl nahm und sie sich halb im Gehen anzog. An der Tür
aber blieb sie stehen und sah zu ihrem Bett zurück.
    »Kommst du?«,
fragte sie das graue Fellbündel, das reglos und zusammengerollt am Fußende lag
… Aber die Katze öffnete nur langsam ein großes goldenes Auge, sah sie einen
Moment lang feierlich an und schloss es dann wieder.
    »Nun, wie du
willst. Wie immer!«, sagte sie, schmunzelnd, und öffnete die Zimmertür und
eilte die Treppe hinab.
    Sie hatte
keine Angst vor niemandem, der in dieser Nacht vor ihrem Tor stand, wusste sie
doch, dass nur die, denen der Sinn nach Reisen stand, zu ihrer Burg finden
konnten. Wer anderes wollte, würde nur im Gebirge umherwandern, bis sein
Vorsatz wankte oder die Berge ihn holten. Das Burgtor war schwer und ging bei
feuchtem Wetter nicht sehr leicht … Und als sie es endlich auf hatte, stand sie
einem bärtigen Hünen gegenüber.
    Sie entbot ihm
keinen Gruß, sah ihn nur an und wartete. Nach all seinem ungeduldigen Geklopfe
wirkte er ja plötzlich sehr unsicher.
    »Ist das die
Burg der Reiseberaterin?«, fragte er vorsichtig.
    »So ist es«,
erwiderte sie, wie schon unzählige Male zuvor. »Tritt ein und sei willkommen!«
Damit trat sie zurück – wäre aber fast durchnässt worden, als er an ihr
vorüberdrängte und schwungvoll seinen durchweichten Umhang abnahm, noch ehe sie
das Tor wieder schließen konnte … Da schüttelte sie nur den Kopf – die hatten
es immer so eilig.
    »Lass deinen Packen
hier am Tor und häng deinen Umhang an den Kamin. Ich habe keine Bediensteten«,
sagte sie. »Wenn du nun so gut wärst, dich ums Feuer zu kümmern, hätten wir
beide es behaglicher. Und ich hole derweil eine kleine Erfrischung.«
    Er nickte,
hängte seinen Umhang auf und machte sich schon an die Arbeit, als sie
hinausging. Als sie wiederkam, erhellte ein lustiges Feuer die Halle und machte
er es sich in einem ihrer geschnitzten Kaminsessel bequem. Da servierte sie ihm
wortlos Würzwein, Brot und Käse und nahm dann in dem anderen Sessel Platz.
    Endlich brach
sie das betretene Schweigen und sprach: »Sage mir, warum du reisen möchtest.«
Sie musste das nicht wirklich wissen, hatte mit den Jahren aber gelernt, dass
die Reisenden das Bedürfnis hatten, es zu sagen. Sie nickte hin und wieder,
hörte aber nur halb zu, als er ihr eine vertraute Geschichte von Unrecht und
Verrat und der Notwendigkeit erzählte, sich wiederzuholen, was rechtens sein
war. Irgendwann wurde ihr bewusst, dass er verstummt war. Die Zeit war gekommen.
    »Du hast das
Entgelt?«, fragte sie leise. Er nickte, ging zu seinem Packen hinüber und
brachte ihr ein Paket. Vorsichtig löste sie die vier Lagen Ölhaut, die dessen
kostbaren Inhalt schützten. Als die letzte fort war und ein Stoß Papier, weiß
und rein wie frisch gefallener Schnee, sichtbar war, lächelte sie zum ersten
Mal und befühlte nachdenklich das erste Blatt, drang mit ihren Sinnen tief
darin ein … Gute Qualität, kaum Unreinheiten, keine Magierückstände. Für ihre
Zwecke bestens geeignet. Tinten konnte sie, mit dem reichlichen Angebot der
Wälder ringsum, leicht herstellen, aber Papier war so schwer zu fertigen wie zu
beschaffen – und so deckten die Reisenden ihren Bedarf.
    »Gut«, sagte
sie, erhob sich von ihrem Platz am Kamin, ging zu einem kleinen Holzschrank an
der Wand gegenüber, öffnete ihn und legte das Papier behutsam auf ein Bord.
    Darunter
standen ein dickes Buch und eine Sanduhr. Das Buch hatte einen Einband aus
dunkelblauem Leder, der stellenweise deutliche Gebrauchsspuren zeigte. Und
manche der Seiten waren vergilbt, andere hingegen elfenbeinfarben und wieder
andere ganz weiß. Sie waren aber nicht beschrieben, sondern mit je einer sehr
detailgenauen und klaren Zeichnung versehen. Und auf dem Einband stand in
Schmuckschrift und goldenen Lettern »Ein Reiseführer zu Anderen Welten«.
    Behutsam nahm
sie Buch und Stundenglas und trug sie zu einem Tischchen, winkte ihm,
herzukommen und sich zu setzen, legte das Buch vor ihn hin und nahm dann, das
Glas in der Linken, ihm gegenüber Platz. Da langte er rasch nach dem Buch, um
es aufzuschlagen, aber sie hielt

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