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Silberschwester - 14

Silberschwester - 14

Titel: Silberschwester - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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machten sie zittern, erbeben. »Fort,
hinaus!«, rief sie und streckte, als sie darauf nichts vernahm, vorsichtig eine
Hand aus, um den Vorhang zu öffnen. Zugleich hätte sie sich am liebsten, wie in
jungen, ganz jungen Jahren, ihre Bettdecke über den Kopf gezogen! Aber sie
schalt sich auch für diese kindische Schwäche, diese Angst und Furcht. Und also
biss sie die Zähne zusammen und strich sich eine nasse Strähne ihres schwarzen
Haars aus dem Gesicht. Ihr Atem ging rau, keuchend fast, so hielt sie still,
bis sie sich wenigstens doch etwas beruhigt hatte. Das kostete sie mehr
Energie, als sie gedacht hatte, mehr Kraft, Kraft, über die sie anscheinend
nicht mehr mit derselben Leichtigkeit gebot wie zuvor. Sie wusste, dass das
kein Traum war und dass sie, mochte auch ihr Herz vor Furcht und Entsetzen wild
pochen, hämmern, herausfinden musste, wer oder was jenseits ihrer Vorhänge
harrte. Sie war immer noch die Fürstin Schwarzdorn und ertrug jeden Anblick!
    So fasste sie
den Vorhang mit zitternder Hand und teilte ihn einen Fingerbreit, spähte durch
den Spalt. Da sah sie in der Mitte ihres Gemaches eine Dame in einem Gewand,
wie es seit Jahrhunderten keine Sterbliche mehr getragen hatte … Ein tiefrotes
bodenlanges Kleid trug sie, das um die Brust ganz eng geschnitten war, unten
aber so weit, dass es aussah, als ob es in einer Lache frischen Blutes endete.
Die weiten Ärmel und der Saum unten waren mit stilisierten schwarzen Dornen
bestickt. Das Haar war unter einer glatten Kappe verborgen und von einem
Dornenband gekrönt.
    Fürstin
Schwarzdorn nahm all das im Bruchteil einer Sekunde in sich auf – und bemerkte
dann, dass sie ja durch die Frau hindurch sehen konnte, durch sie hindurch den
kalten Kamin an der anderen Seite des Raumes gewahrte … Schimmernd und
durchscheinend zugleich war die Frau, von Kopf bis Fuß, und in ihren Armen trug
sie ein zappelndes Etwas, das nichts anderes als die Kleine sein konnte, die
die Fürstin nicht wollte …
    Einen Moment
lang starrte sie die Erscheinung einfach an und biss sich in die Unterlippe.
Sie hatte diese Frau, – oh, diesen Geist, noch nie gesehen und fragte sich nur
dauernd, wie ein so unkörperliches Wesen ein strampelndes Kind halten könnte.
Aber dann besann sie sich, beschwor einen Bann, ließ ihn in ihrer bebenden Hand
fest werden und warf ihn mit aller Kraft nach der Erscheinung.
    Da durchbrach
ein sachtes Plopp! diese Stille, die in ihrem Gemach herrschte, und sie fühlte,
wie ihr abgeprallter Bann sich gleich einem Schwall eiskalten Wassers über sie
selbst ergoss. So groß war der Schock, dass ihr die Luft wegblieb und die Ohren
klangen, dass sie nach Atem rang und mit zitternder Hand in den dicken
Vorhangsstoff griff.
    Der Geist
quittierte das mit ernstem Lächeln. »Hör, das war aber dumm, Mathild. Ich hätte
Besseres von dir erwartet!«
    »Wie kannst du
es wagen, meinen Namen auszusprechen!«, schrie die Fürstin Schwarzdorn, vor Wut
wieder blutwarm und behänd und über den schlimmsten Schock hinweg, und schob
die Beine über den Bettrand.
    »Das
Allerschönste am Totsein ist, dass man sagen kann, was man will!«, erwiderte
die Fremde gelassen.
    Ohne weiteres
Besinnen sprang die Fürstin Schwarzdorn mit bloßen Füßen auf den flauschigen
Bettvorleger, stürzte sich mit schnellen Schritten auf die scheußliche
Erscheinung und griff nach dem Kind in ihren durchscheinenden Armen, suchte es
ihr zu entreißen, um es auf den Boden zu schleudern, ihm am Kaminsockel den
Schädel zu zerschmettern, auf dass ihm das Gehirn … Aber sie bekam es nicht
fest zu fassen, die Hände rutschten ihr ab, als ob es glitschig gewesen wäre
von Fett oder Öl. Da schrie sie auf vor Ärger und vor Zorn … Gleich erklangen draußen
im Flur Schritte, Lärm und Geschrei. Und dann rüttelte man am Türknopf, pochte
wild an die Tür. Aber die Fürstin öffnete nicht.
    »Also, Mathild
… gib ihm einen richtigen Namen, und zwar gleich!«
    »Das werde ich
nicht! Lass es sterben … das kleine Monster. Oh, ich überlasse doch meine Macht
und Stellung nicht diesem Ding da!«, rief die Fürstin, am ganzen Leib zitternd
vor Zorn und Abscheu.
    »Soll ich ihr
dann einen Namen geben?«
    Die Fürstin
erschrak, so ruhig der Geist auch gefragt haben mochte und so bar jeder
Drohung. Und sie wich einen Schritt zurück, rieb die ganz feuchten Hände am
feinen Linnen ihres Nachthemds ab und stieß hervor: »Nur ich, ihre Mutter, kann
ihr diesen Dienst erweisen, und ich weigere mich!«
    »Bei

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