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Silberschwester - 14

Silberschwester - 14

Titel: Silberschwester - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Sattler etwa. Seylana nahm einen Schluck aus ihrem Glas, schwenkte ihn auf
ihrer Zunge. Der gelonische Wein war ihr noch immer etwas zu süß … nach dem
doch scharfen, sauren K’th. Sie lauschte wieder auf das dumpfe Gemurmel, das
rings um sie wogte, aus dem sie ab und an ein Wort, einen Satz aufschnappte …
    Da nahm ihr
eine schmale, hohe Gestalt das bereits schwache Nachmittagslicht. Ihre Muskeln
spannten sich an. Das Messer fiel ihr wie von allein in die Hand. Sie hielt es
verborgen und bereit.
    »Wir kommen zu
dir in Frieden«, sprach der Mann mit sanfter Stimme. »Du brauchst keine Angst
zu haben.«
    Seylan atmete
langsam wieder aus. Sie hatte von ferne schon mal Gelonipriester gesehen, aber
noch mit keinem gesprochen. Es überraschte sie jetzt, wie sehr dieser dem
Enaree ihrer Jugend glich.
    »Womit kann
ich dienen?«, fragte sie höflich.
    Auf ihre
Einladung nahm er sich von einem nahen Tisch einen Hocker, setzte sich zu ihr
und sagte: »Die Frage ist, womit wir dir dienen können.« Er sprach von sich in
der Mehrzahl, wie alle Gelonipriester. Sie glaubten doch, dass alle Seelen Teil
einer grenzenlosen Einen seien, und hatten darum nicht einmal Eigennamen. »Du
suchst etwas über die Kräfte des Qr zu erfahren.«
    Sie nickte,
mit zugeschnürter, trockener Kehle.
    »Darüber haben
wir Jahrhunderte des Wissens«, erwiderte er. »Die wahre Gefahr liegt in der
Unwissenheit. Du gehst umher und stellst Fragen.«
    »Wirst du mir
Antwort geben?«
    »Der Weg des
Wissens steht allen offen, die wirklich suchen, und damit die größte Freiheit
als Erlösung von der Tyrannei der Begierden und Wünsche. Wir kämpfen für das
Gute, so wir es müssen, geben aber dem Hass, mag er noch so gerecht sein, kein
Heim in unserem Herzen.«
    Doch sie
wollte nicht den Gedanken an all das aufgeben, was sie verloren hatte, und
daran, wer sie war und was sie ohne die unbeschreibliche Bosheit des Qr hätte
sein können.
    »Nein, ein
Großteil dessen, was wir einst über Qr zu wissen meinten«, sprach er, »waren
Legenden, waren Geschichten, die man erzählte, um ungehorsame Kinder zu
erschrecken.«
    »Mehr als zu
erschrecken. Sie haben mir eine Hälfte meiner Seele gestohlen.«
    Der Priester
sah ihr mit ruhigem Blick in die Augen, als ob er ihren Mut wägen wollte.
»Letzthin fanden sich entstellte Leichen, vergiftete Brunnen, umherirrende
Tiere.«
    In
Finsternissen flüchtig Wahrgenommenes. Sie schauderte, sosehr sie sich dagegen
wehrte.
    Der Priester
presste die runzligen Lippen zusammen. »Wenn wir uns innerlich frei machen,
spüren wir einen Riss, der das All durchzieht. «
    Das hatte
Seylana schon öfter gehört, von den Kräuterfrauen auf den Märkten Merivars. Und
manche hatten gesagt, dieser Riss erweitere sich mit jedem Mond, der ins Land
gehe.
    »Wir haben
über die Epochen hinweg unsere uralten Schriften bewahrt«, fuhr der Priester
fort. »Und mit ihnen das Wissen um die Welten jenseits der unsrigen, um die
Natur des Todes und der Seele. Dürstet dich denn danach, nach derlei? Kommst du
zu uns, um zu trinken?«
    Sie schüttelte
den Kopf, auf aschkantianische Art. »Ich habe mich für eine Zeit im Heere des
Ar-Königs verdingt, und ich kann nicht lesen.«
    Er lächelte
bedächtig. »Wir verlangen nicht, dass einer alte Eide bricht oder neue schwört.
Komm zu uns, wenn du kannst, und wir werden dich lehren.«
     
    Ich träume, dachte sie, noch als die
eisigen Hände ihr Herz fassten. Nun könnten die Dunkel jeden Moment zusammenströmen
und arkane Substanz und Gestalt annehmen. Und dann käme das todverheißende
Glitzern rasiermesserscharfen Silbers …
    Im nächsten
Moment fand sie sich, auf ihrem kampferprobten Halbesel sitzend, mitten auf
einer Wegkreuzung wieder. Sie blinzelte, um wieder klar zu sehen. Ihr
Reisegefährte, ein Priester, den sie kaum kannte, kniete im Gebet versunken auf
der staubigen Landstraße. Längs ihres grauen Bandes dehnten sich erbärmliche
Felder – zu karg der Boden und zu sehr mit verwitterten Steinen übersät, um
eine Bestellung zu lohnen. Hier und da zupften kurzbeinige Schafe an den harten
gelben Grashalmen.
    In Merivar
stationiert, hatte Seylana schon einen Liebsten und den Ruf, in seltsame
Ereignisse Einblick zu nehmen. Bei den Templern hatte sie lesen gelernt, die
Anfangsgründe des Schreibens gar. So hatte sie sich freiwillig gemeldet, als
ein Priester Geleitschutz zur Waldburg angefordert hatte – ein Auftrag, der
trotz des Angebots von Extralöhnung selbst bei den hartgesottensten

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