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Silberschwester - 14

Silberschwester - 14

Titel: Silberschwester - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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die Hacken in die Flanken, dass er mit einem Satz durchs
Tor und mitten in den Saal sprang. Doch beim Klirren der Hufeisen hob der am
nächsten stehende Priester den Kopf … sein Gesicht war von Verzweiflung
gezeichnet.
    Ihr blieb der
Kriegsruf im Halse stecken. Denn die Schatten zogen ihren Blick auf sich,
fingen sie wie ein Insekt im Spinnennetz. Sie umschlangen, nein, strangulierten
die Halle und nahmen langsam, aber unaufhaltsam, feste Gestalt an.
    Wie früher
schon einmal, viele Jahre zuvor. So wie in ihren Albträumen.
    Der
natürliche, orangefarbene Brand der Feuerstelle erlosch mit einer Wolke
lungenversengenden Rauchs. Metall glühte im Dunkel. Der Priester, der Seylana
am nächsten stand, schrie einmal fürchterlich auf. Seylana riss ihren Onager
herum, um »es« anzugehen, und führte ihren Hieb schräg nach oben: Ihr Schwert
teilte nur wirbelnden, wabernden Nebel, der sich im Nu aber wieder schloss und
fand.
    Und ihr Onager
hustete, sanft und gequält, schwankte und fiel, krachte zu Boden. Doch sie war
noch abgesprungen und landete auf den Füßen.
    Rasch zog sie
sich in Bereitschaftshaltung zurück. Das Blut summte ihr in den Ohren. Aber ihr
war, als ob sie ihr ganzes Leben nur auf diesen Moment hin trainiert hätte, für
das, was jenseits dieser Dunkelheit lag.
    Lautlos
vertiefte sich die Schwärze. Und plötzlich erschien im Herz der Finsternis ein
Krummschwert, von einer Hand mit sieben Krallen gehalten.
    Den ersten
Todeshieb dieser Klinge parierte Seylana behänd, wich nun tänzelnd der im
Handumdrehen kommenden Riposte aus und war nur noch Leib und Reaktion, als ein
zweites Schwert und gar ein drittes erschien. Dann nahm sie, im flackernden
Schein der Glut, den Umriss eines Kopfs, einer Schulter auch wahr. Und sodann
das Emblem auf der Stirn: das Tier mit den mächtigen Panzerscheren, dem
gekrümmten Schwanz mit langem Stachel.
    Kaltes Feuer
rieselte ihr nun durch die Adern. Sie wirbelte herum und hieb zu, fegte die
eine Klinge beiseite und stieß an einer anderen vorbei ins Schwarze … Todesschreie
ließen die Luft erzittern. Alle Kraft einsetzend, kämpfte sie sich zu dem
größten der Wesen mit Skorpion-Emblem durch. Dieses ließ sogleich von einem
gefällten Priester, dem letzten, ab und wandte sich gegen sie. Still wurde es
da in der Halle, nicht einmal das Schleifen einer Ledersohle auf den Fliesen
war zu hören.
    Nur der
gleichmäßige Herzschlag dieser Frau, die allein den Schattenwesen
gegenüberstand.
    Ohne lange zu
überlegen, hatte sie einen beidhändigen Griff gewählt, und stand nun, die
Klinge in der Haltung der Macht erhoben, mit etwas gebeugten Knien und ganz
gesammelt, die eine Schulter zum Gegner …
    Meri, dachte
sie.
    Das Wesen kam
auf sie zu.
    Sie wartete
ab, ganz Balance. Das Skorpionzeichen schien zu glühen und sich in ihr
Bewusstsein einzubrennen. Ein anderes Sein, in tiefen Tiefen begraben, war ihm
Antwort, Ebenbild. Das war doch jenes Wesen, das sie in Albträumen heimgesucht
hatte. Und es kam näher, wankend jetzt, da es immer klarere, festere Gestalt
annahm.
    Näher … näher

    Es beugte den
Arm und brachte seine albtraumhafte Klinge in Position. Aber Seylana spürte die
Öffnung in seiner Deckung, noch ehe die sich zeigte, spürte, dass es zum
Angriff ging – und attackierte selbst.
    Ein Kampfruf,
ihr kaum als ihrer erkennbar, zerriss die Luft. Hehre, schiere Kraft, durch die
Spitze ihres Stahls gezogen, durchströmte sie. Und die Spitze ihres Schwerts
glitt durch Fleisch, als ob es Gaze wäre.
    Sie wand sich –
nahm wieder beide Hände, um die Klinge nach unten und seitlich, zum tödlichen
Hieb, zu führen. Tintiger Rauch, der alles verkohlte, was er berührte, quoll
aus der Wunde. Seylana flossen die Augen von Tränen über. Die Beine zitterten
ihr. Der Atem stockte ihr, ihre Lungen rasselten. Es schwankte ihr vor Augen,
und sie hing sich an den Griff ihres Schwertes, zog mit aller Kraft daran …
    Plötzlich kam
ihre Klinge frei und glitt durch Luft, durchs Leere. Da taumelte Seylana, verlor
ihre Balance – fing sich aber gleich wieder, blinzelte, bis sie wieder klar
sah.
    Fetzen
farblosen Nebels verflogen und vergingen. Und da sah sie: Die Waldburg, die war
verschwunden … und mit ihr die Feuerstelle, die Leichen der Priester und die
Kadaver ihrer armen Onager. Selbst der Wald ringsum war verschwunden, als ob er
nie existiert hätte … Und sie stand in einer flachen Senke, die ganz mit
glattkörnigen Steinen ausgekleidet war, mit Quadern so dicht an

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