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Silberschwester - 14

Silberschwester - 14

Titel: Silberschwester - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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hohe Frau fort, »dass es deine Sekte war, die meinen
Vater dazu verleitet hat, diesem Ziegenhirten meine Hand zu versprechen. Und
ihr wusstet wohl, dass er das einmal gegebene Wort nicht zurücknehmen konnte!«
    Quiocet neigte
den Kopf. »Das stimmt. Aber wir wussten auch, dass seine Liebe zu dir diese
Heirat verhindern würde.«
    »Die Liebe zum
Besitz, meinst du. Dass seine einzige Tochter in solch ein Haus, und sei es
noch so adlig, einheiratet, das hätte er nicht verkraftet. Auch nicht, dass
nach ihm ein Clan von Ziegenhirten herrscht.«
    »Man hat aber
passenden Ersatz gefunden … Du bist glücklich verheiratet, und die Frauen des
Reiches haben das Recht zur Ablehnung eines Heiratskandidaten erlangt. Du hast
dabei keinen Schaden erlitten.«
    Die Sultana
kniff die Augen zusammen. »Weshalb so viel wagen, nur um das Los von Frauen,
die ihr nie im Leben kennen lernen werdet, zu verbessern?«
    Da kam Quiocet
eine Idee. Vielleicht konnte sie diese junge und hoch gestellte Frau für ihre
gute Sache einspannen! Sie wusste wohl, dass sie ihr Leben verwirkt hatte,
nichts zu ihrer Rettung tun konnte … Aber vielleicht könnte sie ins Hirn der
junger Herrscherin einen Samen säen, dessen Früchte einmal andere Kluge Frauen
ernten könnten …
    »Warum einem
Ertrinkenden einen Stock hinhalten?«, fragte sie kurz entschlossen. »Weil er
ertrinkt, wenn ihm keiner hilft. Die Frauen dieser Stadt, Sultana, sind
Ertrinkende. Du bist, seit dem Tod deiner Mutter, Oberhaupt aller Frauen hier.
Und du hast sicher von ihrer Pein, ihrem Flehen um Gerechtigkeit gehört. Drängt
es dich nun nicht, ihnen zu helfen? War es so falsch, dich einem unpassenden
Bräutigam zu versprechen, um Tausenden von Frauen ein ähnliches Los zu ersparen?«
    Die Sultana
warf ihr einen seltsamen Blick zu. »Ihr seid ein hohes Risiko eingegangen, auf
die Liebe meines Vaters zu mir zu setzen!«
    »Es ist doch
seit langem bekannt, dass die eben seine größte Schwäche ist.«
    Die Sultana,
mit einem Hauch eines Lächelns auf den Lippen, drehte gedankenvoll den goldenen
Vexierring an ihrer Rechten hin und her. »Sag also an, du Kluge: Was täte mein
Vater wohl, wenn mein Ring zu solch schändlichem Knäuel würde?«
    Eine
gefährliche Frage! Und da Quiocet sich unsicher war, ob die Sultana Freund oder
Feind war, formulierte sie ihre Antwort überaus sorgfältig: »Wenn das
unwahrscheinliche, ja unmögliche Ereignis doch eintreten würde, hätte er
bestimmt drei Möglichkeiten: Er könnte einen dingen, der ihn richtet und sodann
mit dem Schwert für immer zum Schweigen gebracht wird … oder verkünden, dass
derlei Ringverfall kein Beweis für einen Ehebruch sei. Und von diesen beiden
dürfte er die erstere bevorzugen, weil sie den Ruf seines Hauses vor jedem
Zweifel oder Makel bewahrt.«
    Die dritte,
dass er die gefallene Tochter dem rachelüsternen Gatten überließe, brauchte sie
nicht auszusprechen, so wenig wie die Vermutung, dass dieser dann – Mann,
Schwiegersohn und Thronfolger in einem – nur eine Möglichkeit sähe, seine Ehre
wieder reinzuwaschen: Nämlich, diese Ehebrecherin hinrichten zu lassen.
    »Ich
verstehe«, versetzte die Sultana und drehte, drehte den Ring an ihrer Hand,
hielt ihn ihr schließlich vor die Augen. »Könntest du auch eine so komplizierte
Arbeit richten?«
    Ihr Trauring
war sehr groß und aus feinem Gold gefertigt. Er zeigte oben ein raffiniertes
Geflecht von Reifen, die sich zu dem größten heiligen Knoten fügten, den man
sich denken kann. Staunend drehte Quiocet die Hand der Sultana um und zählte
die fadendünnen Glieder, die den Ring bildeten – vierunddreißig waren es!
    So einen
komplizierten Trauring hatte sie noch nie im Leben gesehen: Die Ehre und Tugend
der Sultana galt wohl weit mehr als die einer gewöhnlichen Frau. Doch einige
der Steckmuster waren ihr bekannt. So erwiderte sie, nach kurzem Nachdenken:
»Ich würde es versuchen.«
    »Sag mir,
Priesterin, würdest du für die Sache der Frauen in diesem Land dein Leben
riskieren?«
    Zur Antwort
wies Quiocet bloß auf die steinernen Mauern, die sie umschlossen.
    Die Sultana
nickte. »Sei bereit zu gehorchen«, sagte sie und erhob sich nach diesem
rätselhaften Schlusswort, raffte ihren Sari gefällig über der Schulter und
ging.
    Quiocet,
wieder allein in ihrer dunklen Zelle, begann, stumm ihre
Multiplikationstabellen aufzusagen. Doch diesmal tilgte die heilige Meditation
ihre Furcht nicht. So von ihrer Göttin verlassen, in der Festung des Feindes
gefangen,

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