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Silberschwester - 14

Silberschwester - 14

Titel: Silberschwester - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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seidenen Sari abgeworfen hatte
und in der schwarz und braun gefleckten Robe einer Täuscherin dastand. Aus
ganzem Herzen verfluchte sie diese Anhängerin des Gottes der Lüge! Solche Wesen
dienten ihrem Gott aus reinster Freude an Chaos und Verwirrung, indem sie
Vertrauensselige hinters Licht führten und hereinlegten. Sie verdingten sich
jedem, der gut zahlte. Aber nur wenige wagten es, sie, die dem Verrat die Treue
gelobt hatten, zu engagieren … Doch hier musste der Sultan die Hand im Spiel
haben, das spürte sie genau. Es waren seine Männer, die ihr Atelier
verwüsteten!
    Sie musterte
die junge Frau, die sich da an die Wand lehnte. Wer die Täuscherinnen kannte,
wusste, dass das schlanke, ranke Ding womöglich gar kein weibliches Wesen war –
immerhin ein kleiner Trost, wenn es die irritierend dumme Frau gar nicht gäbe!
    Die Täuscherin
rieb Zeigefinger und Daumen gegeneinander. Dieser Lügengott, der viele Namen
hatte, war der Erzfeind der Klugen Göttin. Die zum Narren zu halten, die sich
ihres Scharfsinns rühmten, war wohl eine besonders große Leistung. Quiocet
seufzte. Oh, diese Unsterblichen, dachte sie, tragen ihre Eifersüchteleien eben
auf unserem schwachen Rücken aus. O Menomy, hilf deiner Dienerin jetzt!
    Aber die
Göttin, so sie denn zuhörte, gab ihr kein Zeichen.
    Als die Wächter
ihre Durchsuchung beendet hatten, zeigte Quiocet ein verstohlener Blick, dass
sie Jahre harter Arbeit zunichte gemacht hatten: Die Regale mit ihren Kräutern,
Essenzen und Substanzen waren von der Wand gerissen, ihre irdenen Krüge und
Töpfe lagen in Scherben! Ihr war nur schleierhaft, wonach sie gesucht haben
konnten. Bis die Täuscherin, mit zufriedenem Kichern, sagte: »Das sollen Kluge
Frauen sein? Das sind Analphabetinnen!«
    Sie haben nach
heiligen Schriften oder einer Mitgliederliste gesucht, dachte Quiocet und
lächelte in sich hinein. Aber in Ländern, wo Frauen weder schreiben noch lesen
lernen dürfen, müssen kluge Frauen sich doch merken, was sie wissen müssen!
     
    Man brachte Quiocet in das Verlies
unter den hohen Mauern des Palastes. Stumm schritt sie den feuchten gemauerten
Gang hinunter, vorbei an den Händen, die sich nach dem schwachen Licht der
Laterne streckten, die ihr Kerkermeister trug. Es stank nach Urin und Schweiß.
Im untersten Stock angekommen, sperrte er sie in die letzte Zelle … Und als er
ging, blieb sie ganz allein in völliger Dunkelheit zurück. Die einzigen
Geräusche, die sie hörte, waren die des Wassers, das von der Decke tropfte, und
das Gehusche der Ratten.
    Unfähig, noch
von ihrem Verstand Gebrauch zu machen, und mit der Angst, der Sorge als
einzigen Gefährtinnen, schlief Quiocet ein.
     
    Vom Dröhnen der Kerkertür droben wurde
sie geweckt. Eine Stimme so kultiviert und klar, dass sie leicht bis in ihre
Zelle trug, drang an ihr Ohr:
    „… ob du es
möchtest oder nicht, ich werde diese Gefangene besuchen. Ich, die Sultana, die
Tochter Sultans. Und wenn du meinen Zorn scheust, trittst du besser beiseite!«
    Interessant!
Die Tochter des Himmels muss ja einen dringenden Grund haben, in dieses Loch
herunterzukommen, dachte Quiocet und ordnete, mit einem stummen Stoßgebet an
ihre Göttin, ihr Gewand, um den hohen Besuch würdig, geziemend zu empfangen.
    Schon stand
die Sultana, das Gesicht durch die Laterne eines Wärters erhellt, vor ihrem
Gitter. Sie war jung, jünger als die angebliche Frau, die Quiocet hereingelegt
hatte. Ihr Gesicht war kantig, fest und ansprechend das prägnante, spitze Kinn.
Ihr schwarzes Haar, zuerst geknotet und mit goldenen Nadeln hochgesteckt, fiel
ihr dann in Zöpfen bis auf die Knie. Ihre Augen waren schwarz wie ihr Haar und
sahen wach, aufmerksam drein. Ihre Haut, von Geburt an vor jedem Sonnenstrahl
bewahrt, war so glatt und hell wie der klarste Honig.
    »Lass uns
allein«, befahl sie.
    Der Wärter
verneigte sich tief, hängte seine Laterne an einen Haken und verschwand.
    Auch Quiocet verbeugte
sich und sagte: »Ehrwürdigste Herrin, Erwählte …«
    »Genug der
Förmlichkeiten! Wir haben wenig Zeit. Mein Vater möchte dich morgen früh, zu
seiner Zerstreuung, foltern und hinrichten lassen. So wollte ich diese Kluge
Frau, die er da gefangen hat, sprechen, solange sie noch bei klarem Verstand
ist.«
    Quiocet
überlief es eiseskalt bei den Worten der Sultana. Was hatte sie nur getan, dass
Menomy sie im Stich ließ? Denn sie hatte seit ihrer Gefangennahme ja keinen
klaren Gedanken mehr fassen können.
    »Ich habe
nicht vergessen«, fuhr die

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