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Silberschwester - 14

Silberschwester - 14

Titel: Silberschwester - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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der ein Bächlein munter sprang und das grüne Gras in
Hülle und Fülle wuchs, band es am langen Zügel an einen tief herabhängenden
Ast, damit es zwar genug Bewegungsfreiheit hätte, aber keine Möglichkeit sich
zu entfernen. Dann machte sie sich flugs zu den mächtigeren Bäumen in der
Waldmitte auf. Da pflückte sie ein paar Sträuße Waldwurz für den heißen
Fiebertee, riss sich auch eine Pflanze samt Wurzel aus, da sich ja die
potenteren Wirkstoffkonzentrationen in den Wurzelknötchen befinden. Auf dem
Rückweg zu ihrem Pferd nahm sie sich für ihr Abendessen noch von dem
Bohnenkraut und den wilden Zwiebeln mit, die da an einer Stelle wuchsen.
    Als Karis
alles in der Satteltasche verstaut hatte, band sie ihre Patientin los und führte
sie weiter den Kammweg hinab, beobachtete sie dabei in aller Ruhe: Sie hinkte
noch heftig; aber wenn man den Fuß vor der Nacht richtig behandeln könnte,
würde sie wohl keinen dauernden Schaden davontragen.
    Es wurde schon
dunkel, als sie endlich die Hütte erreichte – die Feldflasche hatte sie am Bach
gefüllt, damit sie bis zum Morgen nicht mehr zum Wasserholen müsste. Und nun
brachte sie Nebel in die roh gezimmerte Unterkunft, nahm ihr Sattel und Taschen
ab, legte das auf einer der beiden Bänke in dem Raum ab und sah sich um: Diese
Hütte war ein typisches Obdach für Reisende, mit vier Wänden und einer Tür, der
grob gemauerten Feuerstelle an der hinteren Wand und dem nackten Lehmboden.
Zufrieden ging Karis hinaus, um ein paar Arme voll von dem Gras zu holen, das
auf der Lichtung ringsum wuchs.
    Was sie übrig
lässt, dient mir als Bett, sagte sie sich dazu, füllte dann den
Reisewasserkessel, machte ein Feuer und hing das rußgeschwärzte Ding über die
nun bald lustig flackernden Flammen. Als sie aber, gegen die namenlosen
Nachtwesen, die Tür verriegelte, fiel ihr Hallees Warnung wieder ein …
    Geschickt nahm
sie nun den Verband aus Riemen und Rupfen ab, entfernte sorgsam das vor Blut
ganz dunkle Moos. Als sie die Wunde gewaschen hatte, stellte sie zufrieden
fest, dass die Blutung zum Stillstand gekommen war. Nun holte sie ein paar
Beutel aus ihrem Medizinpacken, nahm sich einen aus mahagonigefärbtem Leder und
schüttete das weiße Pulver, das darin war, in eine flache Schüssel, fügte etwas
Wasser dazu, auch geriebene Steinkrautwurz und eine Prise Poleiminz, und rührte
es alles, unter gelegentlicher Zugabe von Wasser, mit ihrem Hornlöffel gut um,
bis es so etwa die Konsistenz einer mittleren Haferschleimsuppe hatte.
    Nun die
Waldwurz!, dachte sie, öffnete rasch die Satteltasche und holte die frischen
Pflanzen heraus. Mit den Blüten brühe ich einen heißen Tee auf, aber für die
Wunde brauche ich die Wurzelknötchen, Wurzelextrakt ist einfach stärker. Sie
ging die Prozedur noch einmal gedanklich durch und begann sodann, die Wurzeln
vorsichtig zu waschen, wobei sie, um nichts von der kostbaren Medizin zu
verlieren, sehr darauf achtete, die Knötchen nicht zu verletzen … Der fertige
Waldwurztee würde Tage halten, aber diese Wurzelsalbe müsste sogleich angewandt
werden, um voll wirksam zu sein. Also legte sie die Knötchen auf die Bank und
kniete sich, den Dolch in der Hand, auf die blanke Erde und setzte, zum ersten
Schnitt, die Klinge längs des größten Exemplars an, lauschte dabei aber noch
auf den Wind, der um ihre Hütte fegte, dass die überhängenden Äste an den
Bohlen scheuerten und es fast klang, als ob jemand an der Tür kratzte.
    Ruhig dann
schnitt sie diagonal in die Knolle und hielt sie, zum Tropfen, über die
Schüssel mit den anderen Ingredienzien. Als sie zur vierten Knolle kam, wurde
sie von unverkennbarem Donnergrollen unterbrochen. Und in der dann folgenden
Stille hörte sie es wieder kurz an der Tür kratzen. Da ließ sie für einen
Moment die Arbeit ruhen und lauschte, horchte, ob sich das Geräusch
wiederholte. Nein, nichts. Also machte sie sich, kopfschüttelnd, wieder an ihre
Prozedur zur Extraktion dieses kostbaren Safts.
    Kratz, kratz,
kratz, das Geräusch kam wieder, und drängender jetzt. Karis zögerte, unwillig,
ihre Arbeit zu unterbrechen. Aber das Kratzen hörte nicht auf! So stellte sie
sich hinter die dicke Tür und rief: »Wer ist da?« Die Ohren gespitzt, um die
undeutliche Antwort zu verstehen, hob sie vorsichtig den Riegel und öffnete die
Tür einen Spalt, um hinauszuspähen – sah erst nur die schmale Bahn des
Feuerscheins und zuckende Schatten. Als sich ihre Augen ans Dunkel gewöhnt
hatten, sah sie, weitab von

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