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Silberschwester - 14

Silberschwester - 14

Titel: Silberschwester - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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und gelacht: »Ja,
am Abend bin ich schon daheim und sitze vor dem Kamin in meinem Schaukelstuhl
und denke an euch!«
    »Ich weiß,
dass du so rasch wie möglich wieder bei Mikel sein willst«, hatte die Schwester
gemeint. »Aber überlege es dir noch einmal! Es ist nach Einbruch der Nacht
draußen wirklich unsicher!«
    Und jetzt war
sie auf dem Weg nach Hause. Oh, wieder daheim zu sein!, dachte Karis. Mikel zu
sehen! Es war das erste Mal seit ihrer Hochzeit vor gut einem Monat, dass sie
getrennt waren.
    Sie drehte den
Ehering an ihrer linken Hand: An den schmalen Silberring hatte sie sich ja noch
immer nicht gewöhnt. Mikel hatte ihn selbst gefertigt, aus einem Erzbrocken,
den er als Junge im Vorgebirge gefunden hatte. In abendelanger Mühe hatte er in
Meister Tobards Schmiede den doch unansehnlichen Erzklumpen zu feinen
Drahtringen verarbeitet und die dann so geschickt gebogen, ineinander gefügt,
dass sie einen überaus komplizierten Reif ergaben. Sie war ganz hingerissen
gewesen von diesem Geschenk, vor allem, nachdem er ihr das Geheimnis seiner
Komposition enthüllt hatte. Und nun, nun trug sie den Puzzlereif an ihrer
linken Hand, als Symbol ihrer Zusammengehörigkeit.
    Von ein paar
Bäumen vor ihr flog, wohl von etwas erschreckt, eine Schar Vögel auf. Da
zügelte sie ihr Pferd, um sich doch etwas genauer umzusehen, klopfte aber ihrer
Stute beruhigend und aufmunternd den Hals.
    »Zum
Abendessen sind wir daheim«, versprach sie dem wackeren Bergpony, das auf den
Namen Nebel hörte. Und bald überzeugt, dass ihr hier keine Gefahr drohe, trieb
sie ihre kleine Nebel wieder an und nahm ihre Tagträume von Hochzeit und
Eheglück wieder auf.
    Angesichts des
Frühlingsgrüns im Wald dachte sie an ihr Hochzeitskleid. Eigentlich war es ja
ein Festkleid, aber gab es denn ein schöneres Fest als eine Hochzeit? Hallee
hatte Saum und Ärmel des weiten, fließenden Gewandes mit Mädesüß und Myrten
reich bestickt. Sie hatte ihr kastanienbraunes Haar offen getragen, wie es
einer jungen Frau geziemt, obwohl sie doch, um die Wahrheit zu sagen, hier
sicher die älteste Braut seit Menschengedenken gewesen war – Hallee, zum
Beispiel, ihre um sieben Jahre jüngere Schwester, war seit Jahren verheiratet,
hatte schon zwei Kinder und ging mit dem dritten schwanger.
    Aber … was war
es für eine schöne Zeremonie gewesen! Vater MacKellar, ihr Dorfpfarrer, der sie
und Mikel getauft hatte, hatte die Trauung vollzogen. Und Frau Eldritch, die
Heilerin und Hebamme des Dorfes, bei der sie in die Lehre ging, hatte sie stolz
zum Altar geführt, stellvertretend für ihre Eltern selig …
    In der
Mittagshitze dösend und von Nebels Gang in Halbschlaf gewiegt, durchlebte Karis
so ihre Hochzeit wieder, auch den Augenblick, da Mikel Vater MacKellar ihren
silbernen Ehering zum Segnen reichte.
    »Ich, Karis,
nehme dich, Mikel, als meinen rechtmäßigen Mann – und will dich lieben und
ehren und dir gehorchen, in Freud und Leid, in Gesundheit oder Krankheit,
Reichtum oder Armut, bis dass der Tod uns scheidet …« Karis seufzte erneut vor
Glück und Zufriedenheit, als sie nun, zum zweiten Mal an diesem Tag, ihr
Ehegelübde wiederholte. Und so versunken war sie in ihren Erinnerungen, dass
sie glatt vom Pferd fiel, als das jäh vor einer Klapperschlange scheute, die
dort auf dem Kammweg lag.
    Schon
rutschte, stürzte sie die Böschung von losem Schiefer hinab – und hoffte dabei
nur, dass ihr Pferd, das genauso abging, nicht auf sie fiele und sie zermalmte.
    Endlich kamen
sie auf einem schmalen Absatz, wohl fünf Meter unterhalb des Weges, zum Stehen –
zu ihrem Glück, fiel doch der Hang dann schroff ab, um sich erst weit drunten
zu einer Klamm abzuschrägen … Kalis hatte nur ein paar Schrammen und blaue
Flecken abgekriegt, aber mit Nebel sah es nicht so gut aus. Die zierliche Stute
zitterte schrecklich und konnte auf dem linken Hinterfuß nicht auftreten. So
rappelte Karis sich vorsichtig hoch und humpelte zu dem armen Pferd hinüber.
Und so sehr sie vom Schock ihres Sturzes bebte, bald gewann doch ihre
Heilerinnenroutine die Oberhand. Ja, sie hörte förmlich Frau Eldritchs Mahnung
wieder: »Erst werde du selbst ruhig, dann sieh nach dem Patienten!«
    »Hör, hör,
Nebel«, sagte sie besänftigend, »lass mich nur mal einen Blick darauf werfen!«
    Aber als sie dann
den linken Hinterfuß gehoben hatte und den im Huf verkeilten Stein sah, seufzte
sie recht entsetzt! Sie versuchte ihn mit den Fingern zu lockern, doch
vergeblich – er saß viel

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