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Silberschwester - 14

Silberschwester - 14

Titel: Silberschwester - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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bedürfen.«
    Da packte die
Frau sie am Handgelenk, rang sie auf die Knie. »Meine Schwester stirbt!«
    Vor ihr lag
Lily, die neue Frau des Schmieds. Der ragte ein gefiederter Schaft aus dem
Hals, daraus sprang das Blut im hohen Bogen. Von der Wölfin war seit jenem
grausigen Geheul nichts mehr zu hören gewesen. Rabin war vielleicht leicht
verwundet oder schon tot. Lily hatte nur noch Sekunden zu leben. Leise singend,
legte Winter ihr den Stock auf den Arm und zog ihr den Pfeil aus dem Hals.
    Als die Wunde
sich schloss, keuchte Lily schwer. Da fasste sie ihr mit zitternder Hand an den
seidigen Hals: Der Puls war schwach, doch ruhig. Vor Erschöpfung schwankend,
schloss sie die Augen. Sie hatte bei ihrem Zauber nicht allzu viel von Lilys
Kraft verbraucht. Sie hatte sie nicht umgebracht.
    Ein Schrei
brachte sie wieder auf die Beine. »O Götter, ein Wolf!«
    »Der Diener
der Hexe. Er hat viele Banditen getötet.«
    Nun humpelte
Winter, auf ihren Stab gestützt, zu dem Auflauf hin.
    »Sieht aus,
als ob ihr die Kerle den Wolf getötet hätten!«
    »Rabin« lag
reglos und mit geschlossenen Augen da, ein Pfeil ragte aus der schwarz
behaarten Flanke, und durch die Wunde ging mit grässlichem Schlürfen Luft ein
und aus … Der Pfeil hatte ihr die Lunge durchbohrt. Rabin starb, und sie, schon
von dem Versetzungszauber geschwächt, hatte all ihre übrige Kraft darauf
verwandt, Banditen zu töten und Lily zu heilen. So erschöpft war sie auch
gewesen, als sie versuchte, ihren Vater zu heilen, und ihn dabei umbrachte … Sie
würde Rabin nicht töten!
    Wenn sie
nichts unternahm, brächte sie Rabin um.
    Sie versetzte
sie in einen tiefen Schlaf, um vielleicht kostbare Sekunden zu gewinnen. Dann
begann sie den Heilbann. Sie sang grässlich langsam, so langsam – um
sicherzustellen, dass sie all die benötigte Energie aus dem eigenen Leib nahm.
Dass sie dabei zu Schaden kommen könnte, war ohne Belang. Sie durfte Rabin
nicht umbringen.
    Beim letzten
Wort ihres Liedes riss sie den Pfeil heraus.
    Dunkel brach
über sie herein, überwältigte sie.
     
    Schwanken, Stoßen, Ruckeln – raues
Holz unter ihrer Wange. War sie gefangen? Lebte Rabin noch?
    Winter setzte
sich auf. Ihre Hände waren frei. Im Licht der Fackeln sah sie, in einem
ansonsten leeren Wagen, die Wölfin reglos an ihrer Seite liegen … Sie legte ihr
die zitternde Hand auf die Flanke. Nichts …
    Doch! Die
Flanke der Wölfin, sie hob und senkte sich. Rabin lebte!
    Aber wo waren
sie? Wer fuhr sie? Sie drehte sich um. Und die Fahrerin, als ob sie ihren Blick
gespürt hätte, sah zurück. Graues Haar hatte sie, das im Licht der an den
Sitzpfosten angebrachten Fackeln matt wie Eisen glänzte, und sie lachte, dass
ihre Zähne nur so blitzten.
    »Willkommen zu
Hause, Nichte!«
    »Willkommen zu
Hause?«, wiederholte Winter. »Bin ich denn in Tjalve?«
    »Wir haben
Tjalve verlassen«, erwiderte Distel.
    »Natürlich.«
    »Nein«, sagte
die Tante. »Wir sind fort, weil man mein Haus und deine alte Hütte
niedergebrannt hat. Winter, du bist in Tjalve wieder herzlich willkommen. Alle
sind dir so dankbar dafür, dass du die Kerle zur Strecke gebracht und die
Frauen gerettet hast.«
    Winter senkte
den Kopf. »Ich habe ja nicht einmal über euch gewacht! Als ich dann sah, dass
das Dorf brannte, waren diese Schufte bereits wieder so weit fort, dass ich
mich mit einem Zauber in ihr Lager bringen musste, der mich besser bei ihrem
Überfall nach Tjalve versetzt hätte! Und dann wurde ich noch ohnmächtig, ehe
ich auch nur zwei Frauen geheilt hatte …«
    »Winter! Habt
ihr, du und dein Vater, beim letzten Überfall auf Tjalve alle retten können?«
    »Nein, aber …«
    »Diesmal warst
du auf dich gestellt in diesem Kampf und hast doch ganz allein mehr als fünfzig
Banditen erledigt!«
    »Nicht ganz
allein! Viele der Frauen halfen mir …«
    »Winter! Du
hast die meisten der Räuber getötet. Du hast das Dorf gerettet. Nun freue dich
doch über deinen Erfolg!«, rief Distel und grinste dann. »Und freue dich auch,
dass Wagner tot ist.«
    »Darüber kann
ich mich nicht freuen.«
    »Ich schon«,
erwiderte Distel. »Das war mir doch ein blöder Idiot, und auch noch Schultheiß
viele Jahre lang! Warum die Dörfler ihn immer wieder unterstützt haben, weiß
ich nicht. Ich bin sehr erleichtert darüber, dass wir ihn los sind.«
    »Ich muss
sofort nach Tjalve zurück!«, rief Winter plötzlich. »Die Verwundeten …«
    „… sind schon
in Sicherheit und werden von ihren Familien gepflegt«,

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