Silberstern Sternentaenzers Sohn 05 - Die alte Prophezeiung
aus dem Lkw, sie schnappten sich ihr Reisegepäck und befreiten die Pferde aus dem Transporter. Ranja und Silberstern schüttelten sich. Sie schienen froh, das Gefährt verlassen zu dürfen.
Mohammed wünschte ihnen noch viel Glück für ihre weitere Reise. Dann gab er Gas, düste davon und verschwand in einer Staubwolke.
Annit schnaufte tief durch und kletterte auf Silbersterns Rücken. „Wie weit ist es von hier denn noch?“
Mannito saß ebenfalls auf. „Schon noch ein Stück, denk ich.“
Es war sogar noch sehr viel weiter, als Mannito gedacht hatte. In einer größeren Stadt legten die beiden gerade wieder eine Pause ein. Annit fand ein Internetcafe, in dem sie rasch eine Mail an Carolin und ihre Adoptiveltern in Deutschland schickte. Wohlweislich verschwieg sie ihnen, dass sie in Syrien war. Dafür, dass ich meine leiblichen Eltern suche, haben sie ja noch Verständnis. Aber wenn ich ihnen erzähle, dass ich Angehörige meines Pferdes suche ... Vermutlich würde meine Mutter umkommen vor Sorge, wenn sie wüsste, wo ich grad bin.
Mannito saß an einem anderen Computer. „Komm mal her, Annit!“, rief er, als sie mit ihren Mails fertig war.
Annit loggte sich aus und stellte sich neben ihn. „Und?“
„Wusstest du eigentlich, dass in Syrien vorwiegend Arabisch gesprochen wird?“, fragte Mannito aufgeregt. Er liebte fremde Länder und war überaus begierig darauf, alles darüber zu erfahren.
„Echt?“ Annit zog eine Grimasse. „Bisher wusste ich kaum, dass Syrien existiert.“ Sie blickte über Mannitos Schulter. „Die Hauptstadt von Syrien heißt Damaskus. Das vom Fluss Euphrat zerteilte Land liegt seit Jahrtausenden im Zentrum wichtiger Handelswege und verschiedener Kulturen“, las sie von der Webseite vor. „Die Bevölkerung besteht vorwiegend aus Arabern, die sich zum Islam bekennen. In den Wüstengebieten im Osten wohnen noch zahlreiche Nomaden.“
„Dorthin müssen wir“, unterbrach Mannito sie. „Ich geb mal Beduinen in eine Suchmaschine ein. Beduinen sind doch herumziehende Nomaden.“ Gleich darauf las er vor: „Die Beduinen, was so viel heißt wie Wüstenbewohner, sind Angehörige arabischer Nomadenvölker in Nordafrika, Arabien und Syrien. Egal, wo die Beduinen herstammen, sie haben überall die gleiche Moral, die gleichen Lebensbedingungen und die gleichen Traditionen. Sie leben in hierarchisch gegliederten Stammesverbänden. Unter den Mitgliedern eines Stammes herrscht guter Zusammenhalt. Beduinen sind meist Kamel-, Schaf- und Ziegenzüchter und suchen für ihre Tiere in der Wüste und in den Randzonen der Wüsten Weideplätze. Heute wird die Lebensart der Beduinen zunehmend bedroht, insbesondere durch feste Grenzziehungen, staatliche Programme zur Ansiedlung und die zunehmende Wasserknappheit.“
Annit stutzte. Ein erschreckender Gedanke schoss durch ihren Kopf. „Es ist doch schon ewig her, dass dieser Typ aus Mallorca Falak in Syrien gekauft hat. Was, wenn dieser Stamm schon irgendwo anders lebt? Wenn er weitergezogen ist? Oder wenn es ihn inzwischen gar nicht mehr gibt?“
Mannito schloss das Programm. „Das werden wir bald herausfmden.“ Sie kauften noch einige Flaschen Wasser und etwas Reiseproviant, dann verließen sie das Cafe.
„He!“, rief Annit plötzlich lauthals. Sie packte Mannito am Arm. „Komm, los, schnell!“
„Was ist denn?“
Wie der Blitz rannte Annit auf die gegenüberliegende Straßenseite, wo sie Silberstern und Ranja an einer windschiefen Palme festgebunden hatten. Die Pferde standen noch da, aber sie hatten Gesellschaft bekommen.
Ein kleines, schmächtiges Männlein mit einem Buckel stand ganz dicht vor Silberstern und betrachtete ihn.
„Was wollen Sie? Das ist mein Pferd!“, fuhr Annit ihn an. Wir sind in einem fremden Land. Wenn da den Pferden etwas passieren würde, fügte sie in Gedanken beunruhigt hinzu.
Der kleine Mann blickte auf. Er hatte helle, müde Augen, seine Haut war runzelig. Er schien schon sehr alt. „Asil“, murmelte er und deutete auf Silberstern. „Asil.“ Er klopfte Silberstern auf den Rücken. „Asil.“ Es klang andächtig, beinahe wie eine Anerkennung. „Asil“, wiederholte er noch einmal. Dann drehte er sich um und schlurfte weiter.
Annit wandte sich an Mannito. „Was war das denn? Was wollte der?“
Mannito zuckte die Schultern. „Keine Ahnung. Vielleicht ein Bettler!“
„Glaub ich nicht. Sein Verhalten muss etwas mit Silberstern zu tun
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