Silberstern Sternentaenzers Sohn 06 - Annit und der Geschichtenerzaehler
Ihr eingebildeten Typen werdet euch noch wundern, wie gut ein Mädchen reiten kann!, sprach sie sich in Gedanken Mut zu.
Annit stellte sich neben Mannito auf. Die beiden Freunde nickten sich aufmunternd zu. Habib, der nur zwei Pferde neben ihr startete, strafte sie weiterhin mit Missachtung.
Kurz darauf waren alle Teilnehmer der ersten Gruppe startklar. Der baumlange Beduine, der bereits das Training koordiniert hatte, gab mit einer Flagge das Zeichen zum Start. Als er die Fahne nach unten schwenkte, setzten sich die Pferde unverzüglich in Bewegung. Sie streck ten ihre muskulösen, eleganten Körper und galoppierten los. Die Zuschauer am Rand der abgesteckten Strecke grölten, jubelten und feuerten ihre Favoriten an. Annit beugte sich tief über Silbersterns Hals und trieb ihn an. „Hüa! Silberstern, hüa!“
Silberstern ritt schneller und schneller, sodass er einen Großteil der anderen Pferde nach der ersten Kurve bereits hinter sich gelassen hatte. „Hüa!“ Nach der zweiten Kurve lag er an vierter Stelle. Ein Reiter auf einem rotbraunen, überaus temperamentvollen Vollblüter zog nun an ihnen vorbei und übernahm kurz darauf die Führung. Habib lag etwa eine halbe Pferdelänge hinter ihnen, die restlichen Reiter folgten in dichtem Abstand. Darunter auch Mannito auf seiner Ranja.
„Los, Silberstern, leg noch etwas Tempo zu“, feuerte Annit ihr Pferd an.
Plötzlich, in der nächsten Kurve, holte Habib auf und ritt auf gleicher Höhe wie Annit. Mit einem Mal dirigierte er sein Pferd zur Seite, so nahe an Silberstern heran, dass er diesen sogar leicht abdrängte. Silberstern wäre beinahe gestrauchelt, und auch Annit hatte Mühe, sich festzuhalten. Sie schrie auf, Silberstern musste sein Tempo leicht drosseln. Einige Pferde nutzten die Chance und zogen an ihnen vorbei. Annit brauchte eine Sekunde, um sich von dem Schock zu erholen. Dann lehnte sie sich wieder weit nach vorne über den Hals ihres Pferdes. „Los, Silberstern, hol auf!“
Es schien fast, als habe Silberstern ihre Worte verstanden. Er galoppierte so schnell, wie Annit es noch nie zuvor erlebt hatte. In rasantem Tempo preschte er an den anderen Pferden vorbei und setzte sich wieder in die Spitzengruppe. Doch es reichte nicht ganz. Trotz seiner grandiosen Aufholjagd überquerte Annit nur als Fünfte die Ziellinie, Gruppensieger wurde der Reiter auf dem feurigen Rotbraunen.
Annit schnaufte kurz durch. Dann hielt sie Ausschau nach Mannito, der als einer der Letzten das Ziel erreicht hatte.
Grinsend ritt er auf Annit zu. „Na, wir haben uns doch ganz wacker geschlagen, oder? Bei all der starken Konkurrenz, die hier an den Start geht.“ Er tätschelte den Hals seiner Fuchsstute. „Ich und meine alte Ranja. Das ist schon fast so, als würde man mit einem Oldtimer bei einem Formel-1 -Rennen starten“, fügte er hinzu.
Aber Annit war noch zu aufgebracht, um sich freuen zu können. „Hast du das mitgekriegt?“, schimpfte sie gleich los. „Wie Habib uns in der Kurve abgedrängt hat, hast du das gesehen?“
„Hab ich“, nickte Mannito. „Und ich hab Silbersterns Wahnsinnsaufholjagd mitbekommen. Der Hammer, echt! Platz fünf ist doch ein super Ergebnis. Bei all den gut trainierten Top-Pferden hier!“
Allmählich beruhigte Annit sich etwas. „Weißt du zufällig, welchen Platz dieser Fiesling belegt hat?“, fragte sie dann.
„Er ist irgendwo auf den hinteren Rängen gelandet.“ Mannito grinste. „Wer anderen eine Grube gräbt, fällt eben selbst hinein!“
„Annit!“ Da kam der Stammesfürst mit ausgestreckten Armen auf sie zu. „Du hast mich stolz gemacht. Du und Silberstern.“
„Wirklich?“, murmelte Annit etwas verlegen.
Er strich Silberstern sanft über das Fell. „Ihr habt euch wahrhaft großartig geschlagen. Und es erfüllt mich mit unsagbarer Freude, dass eines der besonderen Pferde meines Stammes diesen Erfolg erringen konnte.“
„Ja, das war echt eine tolle Leistung von Silberstern“, erwiderte Annit glücklich und war in diesem Moment zutiefst stolz auf ihr Pferd. Trotz aller Unruhen in letzter Zeit, dem schlechten Traum in der Nacht zuvor und all den offenen Fragen, hatte Silberstern gezeigt, was in ihm steckte.
„Er hat bewiesen, was es heißt, ein besonderes Pferd zu sein“, fügte der Stammesfürst hinzu und lächelte Annit zu. „Aber nun beeilt euch, damit ihr das zweite Rennen nicht verpasst. Es fängt in Kürze an. Ich muss mich
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