Silberstern Sternentaenzers Sohn 06 - Annit und der Geschichtenerzaehler
inzwischen um die anderen Teilnehmer kümmern.“ Und mit diesen Worten verschwand er in der Menge.
Annit und Mannito brachten ihre Pferde zurück in das Pferdezelt, rieben sie trocken und lobten sie ausgiebig. Zuletzt versorgten sie Silberstern und Ranja noch mit ausreichend Futter und Wasser, danach machten sie sich wieder auf den Weg zur Rennstrecke.
Als sie dort ankamen, hatten sich bereits die Reiter der nächsten Runde am Start versammelt. Fünfzehn Vollblutpferde standen schnaubend und prustend Seite an Seite - ein Pferd schöner und graziler als das andere. Annit konnte sich an ihrem Anblick gar nicht sattsehen. Dann fiel auch schon das Startzeichen, und wieder wurde der Sieg heiß umkämpft. Bis zur zweiten Kurve blieben fast alle Pferde dicht zusammen, doch dann setzte sich ein schwarzes Englisches Vollblut an die Spitze. Es konnte seinen Vorsprung sogar noch deutlich ausbauen und preschte zwei Pferdelängen vor seinen Verfolgern über die Ziellinie - begleitet vom lauten Beifall und Jubel der Zuschauer.
Bald folgte die dritte Gruppe - wieder ein genauso spannendes Rennen - und schließlich die höchste Kategorie mit den leistungsstärksten Pferden. In dieser Gruppe ritt auch der Scheich aus Dubai auf dem herrlichen schneeweißen Araber mit, den er in dem Transporter hergebracht hatte. Von Anfang an bestand eigentlich kein Zweifel, dass er der absolute Sieger des Rennens sein würde. Schon früh auf der Startgeraden ging er in Führung und konnte sie auch halten. Annit starrte wie gebannt auf die galoppierenden Pferde, deren Hufe den Sand beim Laufen gar nicht zu berühren schienen. Wie alle anderen Zuschauer auch war sie total fasziniert von der Schönheit und Schnelligkeit dieser Pferde. Und dann jagte der Scheich auf seinem eleganten, wunderschönen Schimmel auch schon über die Ziellinie. Annit beobachtete, wie er jubelnd die Hände in die Luft streckte und kurz darauf der Stammesfürst mit ausgebreiteten Armen auf ihn zuging und ihm zum Sieg gratulierte.
„Silberstern hat bewiesen, was es heißt, ein besonderes Pferd zu sein“, klangen da die letzten Worte des Stammesfürsten wieder in ihren Ohren. Eigentlich müsste das doch bedeuten, dass ich jetzt reif für die Wahrheit bin, denn schließlich war dieses Rennen eine ziemlich schwere Prüfung. Die starke Konkurrenz, Habibs Attacke und trotzdem Platz fünf für mich ...
Doch nun wurde zum Abschluss des Pferderennens erst mal richtig gefeiert - und von dem Geschichtenerzähler war weit und breit nichts zu sehen.
Geduld, Geduld, Geduld!
Voller Hoffnung suchte Annit am nächsten Tag im ganzen Beduinendorf nach Abd al-Umar, aber sie konnte ihn nirgends finden. Er war weder bei den Schafen, denen es dank seines Rituals wieder gut ging, noch im Zelt des Stammesfürsten. Annit überlegte. Wo steckt er nur? Er war gestern auch nicht bei dem Rennen dabei. Seine schwarze Gestalt wäre aus der kunterbunten Menge herausgestochen wie eine Sonnenblume in einem Lavendelfeld. Hektisch befragte sie jeden Dorfbewohner, doch keiner hatte ihn gesehen.
Ratlos blieb Annit am Ende ihrer Suche am Dorfausgang stehen und beobachtete dabei, wie einige Teilnehmer abreisten. Was, wenn er weg ist? Wenn er sich einfach aus dem Staub gemacht hat? Dann werde ich das Geheimnis unserer Pferde niemals erfahren!
In diesem Moment kam der Stammesfürst an ihr vorbei. „Du wirkst betrübt, was hast du?“
Annit rollte mit den Augen. „Ich muss mit Abd al-Umar sprechen, aber ich hab keine Ahnung, wo er sich aufhält“, stieß sie atemlos hervor. „Ich denke, ich habe die Prüfung bestanden, von der er sprach. Und jetzt muss er mir das Geheimnis endlich verraten. Wenn ich nur wüsste, wo er ist.“
Der Stammesfürst überlegte kurz, dann nickte er ihr zu. „Komm mit! Ich glaube, ich weiß, wo du ihn findest.“ Er marschierte los, Annit folgte ihm.
Sie verließen das Dorf. Der alte Beduine ging mit großen Schritten voraus in die Wüste. So rasch, dass Annit Mühe hatte, ihm auf den Fersen zu bleiben. Am Bett eines ausgetrockneten Flusses saß der Geschichtenerzähler auf einem Stein. Wie immer ganz in Schwarz gehüllt.
„Abd al-Umar!“, rief ihm der Stammesfürst zu.
Langsam drehte sich der Geschichtenerzähler zu ihnen um. Sein Gesicht war wie stets bis auf die Augen von dem schwarzen Tuch verdeckt.
„Annit möchte mit dir sprechen.“
Mit einer leichten Handbewegung winkte sie der Geschichtenerzähler zu
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