Silence
zog seinen Mund von der Kehle der Frau zurück und lachte mich an.
Vinc enzos Stimme sagte: »Strömt das Blut der Frau für Euch keinen zweifelhaften Geruch aus? Ihr habt die Ware nicht überprüft, mein Freund.«
Ermano riss die Augen auf, ließ die Frau auf die mit Laub bedeckte Grünfläche sinken und brach Sekunden später über dem Körper seiner Nahrungsquelle zusammen.
»Es befand sich Quecksilber in ihrem Körper. Ihr hättet schon aufmerksam werden müssen, weil die Dame offensichtlich bewusstlos war, aber für Euch war sie nur eine leichte Beute.« Vincenzo grinste. »Mittlerweile sollten deine Begleiter erwacht und sich ihrer Lage bewusst geworden sein.«
Er wandte mir den Rücken zu und schritt lachend auf die Tür zu, die zur Treppe führte. »Vielleicht hätte ich sie töten sollen, aber ich bin sehr praktisch veranlagt. In ein paar Stunden wirst du das für mich erledigen.«
23 . Kapitel
Schwer keuchend legte ich mich auf den ka lten Boden in meiner Zelle. Vincenzo hatte uns hereingelegt. Ich hätte gleich stutzig werden sollen, als er vorschlug, mich hier einzusperren. Aber Ermano hatte es nicht verwundert, und wenn es ihm nicht komisch vorkam, warum sollte es mir komisch vorkommen?
Verzweifelt drückte ich meinen erhitzten Körper auf den kühlenden Untergrund. Immer schneller überrollten mich die Wellen und jede Einzelne brachte noch mehr Schmerzen mit sich. Mein Körper stand in Flammen. Mittlerweile hatte ich den Punkt, an dem ich mir wünschte, nicht zu sterben, ohne Giovanni noch einmal gesehen zu haben, weit überschritten. Nein, ich befahl meinem Körper, mich endlich gehen zu lassen.
Ich wimmerte, krümmte mich auf dem Boden, kroch auf allen Vieren und ließ mich auf die Liege fallen, um gleich drauf wieder heulend vor Schmerzen durch die Zelle zu kriechen. Während ich mich quälte und versuchte, die Qualen auf jede erdenkliche Art unter Kontrolle zu bekommen, stellte ich mir tausend Methoden vor, wie ich Vincenzo töten würde, wenn ich das hier überlebte. Aber mein Tod wäre wohl der einzige Weg, wie ich einen Krieg verhindern konnte. Wenn ich mir vorstellte, was für Folgen ein solcher Krieg in der heutigen Zeit hätte, dann wollte ich vor Wut schreien. Vor Jahrhunderten glaubten die Menschen vielleicht an Vampire, aber trotzdem war es leicht für die Reißzähne, sie vom Gegenteil zu überzeugen. Aber in unserer Modernen Welt würde alles zum Erliegen kommen und gleichzeitig würden die Menschen von Panik überrollt zu ihren Waffen greifen. So wie sie alles vernichten wollen, was ihnen fremd ist und gefährlich werden kann. Die Erde würde ins Chaos stürzen. Das darf nicht passieren. Vor diesem Hintergrund war mein Tod noch ein Geschenk.
Eine weitere Welle erreichte mich und ich erbrach meinen Mageninhalt auf den Boden meines Gefängnisses.
Meine Knochen begannen zu knacken, brachen, verschoben sich mit einem widerwärtigen Geräusch, welches mich an zerberstendes Holz erinnerte. Fell spross auf meinen Armen und Beinen. Stoff riss entzwei und fiel in die Pfütze mit meinem Erbrochenen. Lange, spitze Zähne bohrten sich in meine Lippen. Jede noch so winzige Änderung in meinem Körper kündigte sich mit großen Schmerzen an.
Meine feinen Ohren registrierten Stimmen von mehreren Personen, die durch das Kellerfenster drangen. Letztes Tageslicht fiel schräg in meine Zelle herein. Die Verformung meines Gesichts wurde begleitet von einem lang gezogenen Wolfsheulen aus meiner Kehle. Aus den nahe gelegenen Wäldern antwortete mir ein anderes Heulen.
Das Raubtier in mir wollte zu ihm. Mit aller Kraft warf ich mich gegen die Eisenstäbe. Putz bröckelte in mein Fell, das mittlerweile meinen ganzen Körper überzogen hatte. Meine Klauen kratzten an den Stäben. Das Tier in mir jaulte auf vor Wut und Frustration. Ich versuchte, den Kopf zwischen den Stäben hindurchzudrängen. Das Heulen von draußen wurde lauter. Winselnd versuchte mein Wolfs-Ich, das schmale Kellerfenster zu erreichen. Meine Pranken hielten sich am Rand der Luke fest.
Von draußen drangen laute Stimmen, das Knurren aus verschiedenen Kehlen und das Klirren von Metall auf Metall in meine Zelle. Ich verfluchte meinen Wolfskörper. Mein menschlicher hätte sich durch das schmale Fenster drängen können –, wenn ich es denn die zwei Meter nach oben geschafft hätte. Unruhig durchquerte das Raubtier die Zelle. Es wollte hier raus, es wollte die Freiheit und es wollte jagen. In meiner Brust wuchs ein Gefühl, das ich
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