Silence
Grunde interessierte mich wirklich, wie das funktionierte.
Dante lachte laut auf. »Keinen eigenen Willen? Natürlich habe ich den. Aber Vincenzo könnte mich einfach töten. Als mein Meister darf er das.«
»Und warum läufst du dann nicht weg?« Weglaufen war doch eine wirkliche Option. Ich konnte das bestätigen.
Dante schnaubte entrüstet. »Das fragst du mich? Ich bin ein ehrbarer Krieger. Trotzdem kann er mich, sollte ich in Erwägung ziehen, einfach zu gehen, mittels unserer Bindung überall finden.«
»Aber besteht die nicht auch, wenn dein Meister dich freispricht? Was, wenn er es sich dann plötzlich anders überlegt?«
Könnte Ermano Giovannis Befreiung einfach rückgängig machen. Auch wenn ich nicht glaubte, dass er das jemals tun würde.
»Für Vampire ist die Ehre das Wichtigste«, sagte Dante knapp, als müsste ich wissen, was das bedeutete. »Außerdem wird das Band aufgehoben, wenn ein Schöpfer sein Kind freigibt.«
Das leuchtete ein. »Hat dein Meister dir zufällig auch befohlen, mich nicht zu beißen?«
»Hast du Angst?« Dante konnte sich zu einem Lächeln durchringen.
»Nicht vor dir. Vor deinen Zähnen«, sagte ich und näherte mich langsam den Gittern.
»Hat Giovanni nie von dir getrunken?«, fragte Dante jetzt mit deutlich mehr Interesse an unserem Gespräch.
»Nein. Er hat sogar geschworen, es nie zu tun.«
»Er scheint einen starken Willen zu haben. Ich hätte wirklich Probleme, deinem Blut zu widerstehen, wenn meine Zunge in deinem Hals steckt.«
Dantes anzügliches Grinsen bewegte mich dazu, mich wieder etwas zu entfernen.
»Also? Hat er nun?«, sagte ich mit leichter Panik in der Stimme, weil Dante sich jetzt von seinem Bett erhob und sich den Gitterstäben näherte.
»Was? Mir verboten, meine Zähne in deinen zarten Hals zu schlagen?« Dante legte seine Finger um die rostigen Stäbe und entblößte seine Reißzähne.
Mein Atem ging etwas zu hastig, was Dante nicht entging, denn er lächelte mich herausfordernd an, steckte den großen Schlüssel in das Schloss der Tür und knurrte freudig, als das Schloss klickte.
Stolpernd bewegte ich mich rückwärts, bis ich mit dem Rücken gegen die feuchte Steinwand prallte. Unter meinem Fingern konnte ich das kühle Moos spüren, das an manchen Stellen auf dem Stein wuchs.
Dante zog langsam die Tür auf. In seinen Augen blitzte es gefährlich. Hatte er wirklich so großen Hunger, dass er die Angst vor dem Raubtier in mir überwinden konnte?
»Darf ich das also so verstehen, dass Vincenzo sich nicht geäußert hat, was meine körperliche Unversehrtheit betrifft?«, flüsterte ich mit zittriger Stimme.
Dante lachte auf. »Doch hat er schon.« Er zog sich zurück, verschloss die Tür wieder und lachte weiter. »Ich dachte nur, vielleicht treibt ein bisschen Angst die Wandlung etwas voran und wir können hier bald wieder raus.«
»Angst nicht«, sagte ich erleichtert und musste zugeben, dass Dante mich fast soweit hatte, dass ich mir wünschte, mich auf der Stelle zu verwandeln, in der Hoffnung, dass ich in meinem Wolfskörper besser gegen einen Vampir bestehen konnte. »Aber mach weiter so, dann wirst du die Wandlung sicher nicht überleben.«
»Ich mag dich, Kleine«, kam der unerwartete Kommentar von Dante.
»Dann muss ich jetzt ein schlechtes Gewissen haben.«
»Warum?« Dante zog die Augenbrauen hoch.
»Ich mag dich gar nicht.«
Dante griff sich an die Brust. »Du reißt mir mein Herz aus der Brust.«
»Redest du von der vertrockneten Pflaume, die da sitzt, wo dein Herz einmal war?«, sagte ich zynisch und wedelte mit einem Stück Braten herum, bevor ich genussvoll stöhnend hineinbiss. »Wirklich lecker. Auch ein Stück?«
Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass Dante mein nicht ernst gemeintes Angebot ablehnen würde, aber er erhob sich und hielt eine Hand durch die Gitterstäbe. Ich schleppte den Karton also wieder zurück, setzte mich vor die Stäbe und reichte Dante etwas von dem Essen. Die Flasche Rotwein, die im Karton war, teilten wir auch brüderlich. Dante trank sie und benutzte sie als Vase für die einzelne Rose, die mit im Karton lag. Alkohol war kein Thema mehr für mich – nie wieder. Da konnte mein Leben noch so ausweglos sein. Zum Beispiel so wie derzeit. Ich hatte meine Lektion gelernt, auch wenn sich am Ende rausgestellt hatte, dass ich Opfer eines Komplotts geworden war.
»Was macht mich während der Wandlung so gefährlich?«, fragte ich meinen Wächter kauend. »Ich meine, warum muss ich
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