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Silence

Silence

Titel: Silence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Savannah Davis
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Wesen hielt direkt auf ihn zu. Ich wollte es aufhalten. Doch wie bei Michelle war ich auch jetzt nichts weiter als ein Mitreisender, ohne die Macht einzugreifen.
    Das Monster hatte Giovanni fast erreicht. Es verlangsamte seinen Lauf, zögerte einen Moment und bemerkte erst jetzt, dass Ermano nicht mehr da war. Abrupt stoppte das Tier. Seine Sinne konzentrierten sich auf die Umgebung. Die Augen nicht einen Augenblick von der Beute vor sich lösend, lauschte es in den Wald.
    Plötzlich ging ein Ruck durch Giovanni. Er riss seine Arme nach oben wie zur Abwehr. »Du darfst sie nicht töten!«, rief er an dem Wesen, in dessen Körper ich steckte, vorbei. »Lisa lauf!«, rief er und rannte auf das Monster zu, das gerade versucht hatte, ihn zu töten.
    Das Raubtier zögerte nicht lange. Mit einem Satz sprang es auf Giovanni zu, landete auf seiner Brust und riss ihn zu Boden. In dem Tier steckend, konnte ich hören, wie Giovanni erschrocken aufkeuchte. Das Tier hieb ihm mit einer Klaue über das Gesicht. Blut floss.
    »Lisa«, flüsterte Giovanni, bevor das Leuchten in seinen Augen erstarb.
    »Lisa. Wir müssen aussteigen.« Giovanni rüttelte mich an meinen Schultern. Langsam kämpfte ich mich durch den Nebel. Wenig erholt erwachte ich aus diesem Albtraum, bevor mir richtig bewusst wurde, dass dieses Monster die ganze Zeit über ich war. Ich war keineswegs einfach nur Beobachter im Körper dieses Monsters. Ich war dieses Monster.
    Als ich meine Augen endlich aufbekam, erblickten sie zuerst zwei grinsende Italiener, die sich über mich gebeugt hatten.
    »Venedig, meine Dame. Wir sollten jetzt aussteigen. Du kannst aber auch gerne noch hier bleiben und abwarten, wo der nächste Halt dieses Flugzeugs ist.« Ermano lachte und zog mich an einer Hand aus dem Sessel. »Sibirien vielleicht. Da soll es um diese Jahreszeit b esonders schön sein.«
    Es vergingen einige Minuten, bis ich meine Gliedmaßen wieder unter Kontrolle hatte und mein Hirn die Reste des Albtraums verdrängt hatte. Mit wackligen Beinen kämpfte ich mich in den Gang zwischen den Sitzreihen.
    Durch die kleine Luke konnte ich sehen, dass es Nacht war. Nur die Lichter des Marco Polo Airport erhellten die Rollbahn. Die meisten Passagiere hatten das Flugzeug schon verlassen. Sonderlich voll war unsere erste Klasse sowieso nicht gewesen.
    Giovanni hielt mir mit einer galanten Bewegung eine Hand hin. »Signorina Morgan. Venedig erwartet Sie.«
    Mit einem nicht annähernd so galanten Knicks nahm ich die mir dargebotene Hand und ließ mich zum Ausgang ziehen. Die Stewardess verabschiedete uns freundlich und wünschte uns einen angenehmen Aufenthalt.
    Die Nachtluft war kühl. Fröstelnd rieb ich mir die Arme. Über uns erstreckte sich ein sternenklarer Himmel. Giovanni legte mir seine Lederjacke um die Schultern. Dankbar schob ich meine Arme in die Jacke und sog den köstlich würzigen Duft des Leders tief ein.
    Im Airport schlug uns trotz der späten Stunde ein buntes Spektrum an Sprachen und Gerüchen entgegen. Geschäftig liefen Touristen zur Gepäckausgabe, zu den Sicherheitschecks, standen vor den Anzeigetafeln und verabschiedeten sich von ihren Lieben.
    Letzteres waren Szenen, die mir mit einigem Unbehagen klar machten, dass sich Schauspiele dieser Art wohl nicht mehr in meinem Leben abspielen würden. Selbst wenn ich Jahrhunderte alt werden würde, würde meine Familie nur noch aus zwei Vampiren bestehen. Unter diesem Gesichtspunkt würde die Gründung einer eigenen Familie eher fragwürdig sein. Da Vampire Untote waren, konnten sie auch keine Kinder zeugen. Nicht dass Kinder ein Thema für mich waren. Aber irgendwann einmal?
    Die große digitale Uhr über der Gepäckausgabe zeigte in leuchtend roten Ziffern vier Uhr an. Demnach waren seit unserem Start zwanzig Stunden vergangen. Meine Armbanduhr zeigte zweiundzwanzig Uhr an. Venedig war North Carolina also um sechs Stunden voraus. Was für uns bedeutete, dass uns diese Reise sechs Stunden eines Tages gestohlen hatte. Oder hatte sie nur einen grauenvollen Tag um sechs Stunden gekürzt? Wofür sollte ich mich entscheiden? War das Glas halb voll oder halb leer? Ich verschob die Antwort auf diese Frage auf später.
    Vor dem Airport wartete ein Mann in einem dunklen Anzug auf uns. Als er Ermano erblickte, riss er freudig die Arme hoch. Der Fremde zog Ermano in eine breitschultrige Umarmung – Küsschen links auf die Wange, Küsschen rechts auf die Wange.
    »Buon giorno, alter Freund!« Ermano klopfte den um mindestens

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