Silence
hatte. »… dann können wir nicht mehr zusammen sein. Vielleicht nie wieder. Sie hassen euch.«
Tränen brannten in meinen Augen. Ich konnte mir nicht vorstellen, ohne Giovanni zu sein. Der Gedanke, ihn zu verlieren, vielleicht nie wieder zu sehen, tat so weh, dass ich die Tränen nicht länger zurückhalten konnte. Schluchzend schlang ich meine Arme um seinen Hals.
»Heißt das, du willst wirklich mit mir zusammen sein?«, flüsterte Giovanni rau an meinem Hals. Seine Lippen strichen sanft über die kleine Kuhle unterhalb meines Ohres. »Ich hatte das Gefühl, du würdest dich auch für Ermano interessieren.«
Er hatte recht, ich empfand auch für Ermano mehr als bloße Zuneigung. Und doch gab es da etwas an Giovanni, das mich so sehr anzog, dass mir jede Minute, die er nicht in meiner Nähe war, wie Folter erschien. Ich war mir sogar sicher, dass es eigentlich nie außer Frage gestanden hatte. Es war schon immer Giovanni gewesen. Vom ersten Augenblick an. Giovanni und die Art, wie er mich anblickte, wenn er mit mir flirtete. Giovanni und diese süßen kleinen Grübchen. Giovanni und dieses schiefe Grinsen, das meine Knie in Wackelpudding verwandelte.
»Ja«, sagte ich atemlos. »Ja. Ti amo. Voglio stare sempre con te.« Bei diesem Geständnis hatte jeder Quadratmillimeter meines Körpers gekribbelt, als würde ich unter Strom stehen.
»Du sprichst italienisch?«, fragte Giovanni verwundert und zog mich noch enger an sich. »Und du willst für immer mit mir zusammen sein?«
Giovannis Stimme war nur noch ein tonloses Flüstern. Ich hatte ihn wohl beeindruckt mit meinen stümperhaften Sprachkenntnissen.
»Nur ein paar Brocken. Bevor ich Deutsch belegt habe, hatte ich ein Jahr Italienisch.«
»Aber du wusstest nicht, was cara mia bedeutet?«
»Doch, ich wollte es nur von dir hören«, sagte ich flüsternd.
Giovanni gab mir einen stürmischen Kuss auf die Lippen, drückte mich in die Kissen und bedeckte meinen Körper mit seinem. Seine Finger glitten durch mein Haar, über meine Wange und meinen Hals. Dann erstarrte er in der Bewegung und seine dunklen Augen versenkten sich in meinen.
» Ich dich auch.«
Mein Puls raste und in meinen Ohren rauschte es. Mit allem hatte ich gerechnet, aber nicht damit. Mein Atem ging heftig, viel zu schnell und kleine Sternchen flimmerten vor meinen Augen. Noch nie hatte jemand das zu mir gesagt. Okay, ich hatte auch noch nie einen richtigen Freund. Meine Erfahrung mit dem Stadtbekannten Rowdy konnte man nicht wirklich ernst nehmen.
»Ich hatte Angst, du würdest dich für Ermano entscheiden. In all den Jahrhunderten habe ich noch nie so viel für jemanden empfunden.«
»Und ich dachte immer, du wärst ein Weiberheld. Ermano erwähnte etwas in der Art«, sagte ich mit einem eifersüchtigen Stich im Herzen.
»Er hat recht. Ermano sucht sich seine Nahrungsquelle, beißt sie und wechselt zur nächsten. Ich baue gerne eine Bindung zu meinen Blutbeuteln auf. Solange wir an einem Ort sind, ernähre ich mich nur von ihr.«
»Was für eine Bindung?«
»Nicht in der Art. Ich mache das, weil es mir nicht nett vorkommt, sie einmal zu benutzen und dann wegzuwerfen.«
»Wenn du es so sagst, finde ich das … sympathisch. Auf eine morbide Art sympathisch«, betonte ich.
»Du solltest jetzt noch ein wenig schlafen.« Giovanni hauchte mir einen Kuss auf die Nasenspitze und glitt aus dem Bett. Wie ich neidisch feststellen musste, ohne große Anstrengung.
»Bleib hier!«, sagte ich hastig. »Bitte.«
»Sicher?«
»Ja? Halt mich einfach nur fest. Ich kann jetzt nicht alleine sein.« Ich hatte einfach zu viel Angst vor der Wandlung. In mir drin pochte es unaufhörlich. Ich lauschte die ganze Zeit in mich hinein, und hoffte und bangte, dass es noch nicht losgehen möge.
Giovanni legte sich neben mich und zog mich eng an seinen Körper. Er küsste mich auf die Stirn und ich glitt in einen ruhigen, traumlosen Schlaf.
Giovanni sprang am nächsten Tag auf und zog mich aus dem Federbett. »Lass uns Venedig anschauen!«, sagte er freudig.
Wir waren zwar schon eine Weile wach, aber ich war ein Morgenmuffel und noch nicht wirklich bereit für Giovannis plötzlichen Tatendrang, also blinzelte ich ihn nur verständnislos an.
»Außerdem sollten wir e inen Juwelier ausfindig machen«, fuhr er freudestrahlend fort. Er kramte in seiner Hosentasche und fischte ein kleines Säckchen heraus. Er öffnete es und schüttete den Inhalt in meine Hand. »Der Ring meiner Mutter. Wir müssen ihn anpassen
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