Silent Control | Thriller
Die atemberaubende Dimension der Spulen diente nur einem Zweck: niedrige Energie zu verstärken. Jede der Spulen war gute acht Meter hoch, mit einem Durchmesser von drei Metern. Der Nickelkern war dreihundertfach mit dickem Kupferdraht umwickelt. Am oberen Ende umschloss eine runde Kupferkuppel die Spulen. Das eigentlich revolutionäre war jedoch die neue Aufgabe, die man dieser alten Technologie zuwies: nämlich Gedanken zu verstärken und unabhängig von jeder weiteren Energieversorgung weiterzutransportieren. Digitale Telepathie. Die neueste Entwicklung der militärischen Forschung. Wieder einmal hatte man sich eines zivilen Forschungsprojekts mit fragwürdigen Methoden bedient. Die meisten der beteiligten Wissenschaftler waren entweder korrupt und ohne jegliche Moral, oder sie wurden im Dienste der nationalen Sicherheit gezwungen, für die CIA zu arbeiten.
Neun dieser wie aus einem Technikmuseum wirkenden Spulen waren im Kreis aufgestellt worden, jede Einzelne hatte über zwanzig Millionen Dollar gekostet. Doch der eigentliche Kern der Entwicklung war eine Kontrollstation in der Mitte der Spulen. Ein Rechner, der Gedanken in digitale Zeichen übersetzte. Die elektromagnetischen Strahlen der Kupferspule wurden in einem geheimen Verfahren mit Photonen beladen, die diese Information an einen Empfänger weiterleiten sollten. Das war nur der Auftakt zu einem Forschungsprogramm, das alles in den Schatten stellen würde, was der menschliche Geist sich vorstellen konnte, und es war Roy Clark, der diese Entwicklung im Geheimen mit allem Druck vorantrieb. Die Show heute diente nur der verdeckten Finanzierung.
Whisberry setzte sich die Dioden an die Schläfen und schaltete den Rechner ein. Vom Kommandozentrum aus beobachteten ein Dutzend Militärs sowie einige Mitarbeiter der CIA und des Pentagons das Geschehen.
Roy Clark ergriff dort das Wort. Der Direktor der CIA verschaffte sich schon allein durch seine imposante Erscheinung eine natürliche Autorität. Ein Hüne mit Kampferfahrung aus beiden Golfkriegen und einem längeren Afghanistaneinsatz. Unter dem grauen Anzug konnte man den immer noch durchtrainierten Körper des Fünfundfünfzigjährigen erahnen – auch wenn er längst keine Taliban mehr jagte. Seine Stimme verriet den Befehlston des langjährigen Soldaten.
»So, meine Herren, ich denke, ich habe Ihnen nicht zu viel versprochen«, verkündete Clark und sah durch die Glasscheibe in den Innenraum des Labors, wo Leutnant Whisberry saß. »Wir haben mit unseren Wissenschaftlern intensiv an einer neuen Lösung gearbeitet. Künftig können wir auch bei einem elektromagnetischen Angriff die Kommunikation zu unseren Kampfflugzeugen aufrechterhalten. Und zwar weltweit.«
Er starrte auf die Kontrolllichter der Monitore und strich sich dabei immer wieder durch das kurz geschorene Haar. Dies war der Test für ihn. Das Brain-to-brain-Programm hatte viele Millionen verschlungen. War es erfolgreich, würde das Pen-tagon weitere Mittel bewilligen. Dann konnte er sich jeder erdenklichen Unterstützung sicher sein. Als ehemaliger Neavy-Seal-Kommandeur genoss er unter den Militärs ein Ansehen, wie es selten einem CIA-Chef zuteilwurde. Nur den anwesenden Zivilisten vom Pentagon machte die neue Harmonie zwischen Geheimdienst und Militärs Kopfschmerzen. Aber solange sein verbündeter Verteidigungsminister inmitten des Kabinetts saß, musste Clark sich keine Sorgen machen. Er hatte freie Hand.
Im fernen Afghanistan zog Blake mit seiner F-16 weiter seine Kurven über das Gebirge. Die Monitore zeigten die Bilder der Bordkamera. Clark beugte sich vor und umfasste ein Mikro. Er zögerte kurz, um den Augenblick auszukosten. Dann befahl er: »Starten Sie!«
Whisberry saß bewegungslos da, mit geschlossenen Augen. Ohne die Kabel, die seinen Kopf mit den Spulen verbanden, hätte man meinen können, einem tibetischen Mönch bei der Meditation zuzusehen.
Die Hirn-zu-Hirn-Kommunikation gehörte zu einem Projekt, an dem die Geheimdienste und Militärs schon länger arbeiteten. Auf den Bildschirmen wurden die Gedanken Whisberrys in Schriftform übertragen. Es waren exakte Koordinaten für den simulierten Angriff auf einen Versorgungskonvoi, etwa dreißig Kilometer von der momentanen Position des Piloten entfernt.
Blake wurde kurz übel, als er eine Kurve flog und gleichzeitig die Anweisungen in seinem Kopf spürte. Sie geisterten durch sein Gehirn, als wären sie seine eigenen Gedanken. Und doch drangen sie in seine Ohren, zumindest
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