Silent Control | Thriller
alten Zeiten des Amateurfunks. Vor seinem inneren Auge sah er, wie er gerade eine sechshundert Tonnen schwere Parabolantenne bewegte. Von hier! Von seinem kleinen Büro aus hatte er die Kontrolle über die Europäische Weltraumorganisation! Er riss die Arme hoch. Er war tatsächlich drin!
Das ist ja besser als Sex!
»Mir gehört ein Satellit, und nicht irgendeiner!«, trällerte er vor sich hin. »Jetzt schauen wir doch mal, welche Atombomben wir heute abschießen.«
Torben rieb sich die Hände. Dann klickte er auf die Tastatur. Zwei weitere Programme starteten, und plötzlich hatte er die Eingabemaske des Hauptrechners der CIA vor sich. Er konnte es kaum fassen. Das Programm für die Entschlüsselung der Passwörter lief auf Hochtouren. Torben hatte durch das alte Passwort, das Peter ihm geben konnte, einen unschätzbaren Vorteil. Es war zwar immer noch knifflig, aber er durchschaute die Art der Kryptologie, welche die CIA benutzte. Die RSA-Verschlüsselung war bis dato eine der besten Erfindungen, um das Knacken eines Passworts zu verhindern. Doch nachdem vor einiger Zeit Hacker nach einem Einbruch bei dem Softwaregiganten RSA den Algorithmus, das Prinzip des Verschlüsselungssystems, gestohlen hatten und Saicom mit der Analyse beauftragt worden war, die Schwachstellen zu schließen, hatte Torben in einigen Tagen ein Programm geschrieben, das den 13-stelligen Code, der sich alle dreißig Sekunden erneuerte, knacken konnte.
Ein akustisches Signal kündigte an, dass er auch hier am Ziel war. Er konnte nur spekulieren, wie lange er nun Zeit hatte, bevor die ESA ihn wieder vom Satelliten trennen würde. Mit Hochdruck arbeitete er sich durch die komplexe Datenverwaltung. Schließlich fand er den Ordner für die Abfrage persönlicher Dateien. Er gab den Namen Peter Norris ein, und nach einem Mausklick sah er ein Foto vor sich. Es war Peter, aber deutlich jünger.
»Mann, du sahst ja mal richtig gut aus!«
Seine Begeisterung wich einem flauen Gefühl. Peter war tot. Er würde ihn nie wiedersehen. Aber das hier, das war er ihm schuldig. Vielleicht sah er ja vom Himmel aus zu und hatte seinen Spaß.
Er versuchte, die Operationen einzusehen, an denen Peter beteiligt gewesen war. Nach kurzem Suchen fand er einen Dateiordner und zog ihn auf seinen Desktop. Der Download begann.
Ungeduldig trommelte Torben mit den Fingern auf die Schreibtischplatte. Ging das denn nicht schneller? Er beobachtete den Balken, der sich immer weiter nach rechts schob. 72 Prozent, 84 Prozent, 91 Prozent – und aus! Das war’s. Früher als erwartet hatte man ihn getrennt.
Er hieb mit der Faust auf den Tisch. »Verdammte Scheiße, und dafür habe ich das alles riskiert?«
Aber immerhin hatte er die Akte von Peter vor sich.
In Windeseile durchsuchte er die Einträge, bis er den entscheidenden Hinweis fand. Peter war jahrelang gejagt worden. Man hatte ihn tatsächlich töten wollen, und am Ende war das scheinbar auch gelungen.
»Ihr Schweine!«
Unwillkürlich betastete er die silbernen Kette, die er immer um den Hals trug. Daran hing ein Schlüssel, den Peter ihm einst gegeben hatte. Der Schlüssel gehörte zu einem Schließfach in einer Bank nahe des Hamburger Dammtorbahnhofs. Was darin lag, wusste Torben nicht. Er wusste nur, dass er dort im Notfall etwas fand, was ihm weiterhelfen würde. Seither hütete er den Schlüssel wie einen Schatz. Er war das einzige Erinnerungsstück, das er von Peter hatte. Wie ein Vermächtnis.
»Zurück in die Wirklichkeit«, ermahnte er sich.
Er speicherte Peters Daten von seinem Rechner auf eine externe Festplatte und ging ins Bad. Dort verlief der Schacht des Schornsteins. Schon vor einiger Zeit hatte Torben ein paar Steine aus der nackten Ziegelwand gelöst und sich auf diese Weise ein Versteck geschaffen. Vorsichtig holte er zwei Ziegel heraus und legte die Festplatte zu einigen anderen in die Öffnung. Auch der wattierte Umschlag lag dort. Er verschloss das Versteck wieder und schob einen kleinen Schrank mit Handwerkszeug davor.
Erschöpft wischte er sich die verschwitzte Stirn. Es war, als ob er aus einem Fiebertraum erwachte. Dann zog er den Parka über und nahm die Festplatte aus dem Rechner, mit dem er gerade die CIA gehackt hatte. Ihm war schwindelig, sein Kopf dröhnte. Doch es war noch nicht vorbei.
Er schlürfte auf die Straße. Auf der gegenüberliegenden Seite blieb er am Kanal stehen. Er atmete einmal tief durch, betrachtete ein letztes Mal die Festplatte und warf sie ins träge
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