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Silent Control | Thriller

Silent Control | Thriller

Titel: Silent Control | Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thore Dohse Hansen
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goldfarbener Seide bezogen waren. Vor der bodentiefen Fensterfront stand ein Mahagonitisch mit einer Messinglampe, deren weißer Schirm das Licht warm abblendete. Weinrot gemusterte Vorhänge rundeten das edle Ambiente ab. Nur eines fehlte: ein Laptop, wie es in solchen Hotels üblich war. Clark hatte auch daran gedacht, ihn vom Internet auszusperren.
    Auf dem Bett entdeckte Torben einen dunklen Anzug, einen Karton mit nagelneuen schwarzen Boss-Schuhen, Größe 44, ein schneeweißes Hemd, eine silberne Krawatte, Boxershorts und einen Breitling-Chronometer. Daneben lag ein kleiner Umschlag mit einer Karte.
    Ziehen Sie das bitte an. Sie werden später verstehen, warum.
    June Madlow
    Überrascht schaute er an sich herab. Warum waren Jeans und T-Shirt plötzlich nicht mehr gut genug? Ob das an dem dubiosen Kongress lag, von dem June Madlow erzählt hatte?
    Während er noch darüber nachdachte, zog er sich aus und ging ins angrenzende Bad, das mit den Blumenbildern an der weißen Tapete fast wohnlich wirkte. Die Dusche war so geräumig, dass eine Großfamilie darin Platz gefunden hätte. Erschöpft lehnte er sich an die Wand der Duschkabine und hielt sein Gesicht in den heißen Wasserstrahl. Wenn auch nur ein paar Meter zwischen ihm und seinen Bewachern lagen, immerhin hatte er endlich einmal so etwas wie einen Hauch Privatsphäre.
    Mit einem Handtuch um die Hüften kehrte er ins Schlafzimmer zurück. Zögernd betrachtete er noch einmal das Outfit, das June für ihn bereitgelegt hatte. Dann kleidete er sich mit geradezu meditativer Konzentration an und musterte sich anschließend im Badezimmerspiegel.
    Alles saß perfekt. Selbst die Schuhe passten wie angegossen, als ob man heimlich seine Füße vermessen hätte. Der feine Stoff des Hemds schmiegte sich weich an seine Haut, der schwarze Anzug schimmerte edel. Zusammen mit der silbergrauen Seidenkrawatte und der teuren Uhr wirkte er jetzt wie ein wohlhabender Unternehmer oder ein Topbanker. Es war, als hätte er eine neue Identität angenommen. Unwillkürlich musste er lachen. Wenn Nova mich jetzt so sehen könnte!, dachte er. Vermutlich würde sie die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, dass ich die Uniform des erklärten Klassenfeinds trage.
    Nur widerstrebend gestand sich Torben ein, dass ihm gefiel, was er im Spiegel sah. Kleider machen Leute, hatte seine Großmutter immer gesagt. Nichts erinnerte mehr an den abgerissenen Nerd, der normalerweise in Secondhand-Läden einkaufen ging. Gehörte das zu Clarks Spiel? Wollte er ihn tatsächlich mit dieser Suite und den feinen Klamotten davon überzeugen, dass es sich lohnte, überzulaufen? Gleichzeitig fühlte er sich wie verkleidet. Der geschniegelte Typ im Spiegel, das war nicht er.
    Nachdenklich ging er in den Salon und ließ sich auf eine weiche Couch fallen. Im Grunde war die Situation völlig grotesk. Innerhalb von drei Tagen war er nun zum dritten Mal mit einer neuen Strategie behandelt und zum dritten Mal neu eingekleidet worden. Zumindest Letzteres war ein Aufstieg.
    Aus Stockholm flüchtete er wie ein Penner. In Hamburg konnte er sich etwas leisten, das ihm wieder das Gefühl gab, ein Mensch zu sein, und jetzt? Sollte er den Yuppie spielen? Aber wer war er? Noch nie drängte sich ihm diese Frage so auf wie jetzt. Wo gehörte er hin? Zu Kilian, der ihn mal eben wie ein Stück Scheiße an die Bullen verraten hatte? Sicher nicht! Und Nova? An sie wollte er jetzt gar nicht denken.
    Er schob seine Fragen beiseite. Das geschmackvolle Ensemble, das er jetzt trug, könnte das Werk von June Madlow sein. Auch wenn es zweifellos zur veränderten Taktik gehörte, war es zugleich eine ungewöhnlich intime Geste. Nie zuvor hatte eine Frau Boxershorts für ihn gekauft. War sie es oder nur ein Standardprogramm irgendwelcher Agenten, die glaubten, das perfekte Manipulationsprogramm für Torben zu kennen?
    Er nahm sich eine Cola aus der Minibar und trank sie direkt aus der Flasche. Komisch, er wurde einfach nicht schlau aus June. Ihr Job war es, Menschen auszuspionieren, vielleicht sogar zu töten. Doch es lag außerhalb seiner Vorstellungskraft, dass es ihr Spaß machen könnte, das Leben anderer zu zerstören. Wer war June Madlow? Sein Engel oder seine Henkerin?
    Ein Gefühl der Einsamkeit übermannte ihn. Verloren sah er aus dem Fenster in den bereits grünenden Park, der vom Moloch Manhattan wie umzingelt wirkte. Ihm fehlte seine gewohnte Umgebung, ihm fehlte Nova und sogar Kilian. Nichts hätte er sich jetzt sehnlicher

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