Silent Control | Thriller
Menschen ein Tsunami.
Als Clark aus dem Wagen stieg, schallten die Stimmen von Zehntausenden herüber, nur einige hundert Meter von ihm entfernt.
»We don’t move! We are 99 percent!«, skandierten sie gerade.
Er beugte sich noch einmal in den Wagen. Verbissen sah er sich auf einem kleinen Screen Livebilder von der blockierten West Street an.
Inzwischen hatte sich die Situation verschärft. Die Polizeipferde scheuten und bäumten sich auf. Trotz jahrelangen Trainings war es eine Herausforderung für die Polizisten, durch eine sitzende Menschenmenge zu reiten. Die Reiter konnten die nervösen Tiere nicht mehr beruhigen. Wiehern und Hufgetrappel vermischten sich mit panischen Schreien der Menschen.
Die Einsatzleitung hatte die Räumung des Geländes befohlen. Einen Demonstranten nach dem anderen trugen die Polizisten von der Straße. Personalien wurden aufgenommen, Handschellen klickten. Ob Teenager in Parkas, Protestler in Anzügen oder Aktivisten mit bunten Gesichtsbemalungen und Plakaten – auf jeden wartete eine hohe Geldstrafe oder sogar Gefängnis. Doch es war für die Staatsmacht ein hoffnungsloses Unterfangen, die Menschen mit herkömmlichen Mitteln zu entfernen. Immer wieder drängten Gruppen nach und setzten sich erneut auf die Straße.
Clark hatte die Versuche der Behörden, die Bewegung zu unterwandern, stets belächelt. Eine Eskalation herbeizuführen, Konflikte mit der Polizei zu provozieren, diese Strategie war kläglich gescheitert. Aber offensichtlich war das noch nicht angekommen in den Köpfen der Planer im Weißen Haus und der Polizei. Er hatte die Vision einer völlig neuen Taktik, und die sollte jetzt ihren ersten Testlauf haben. Er fühlte sich in seinen Prognosen bestätigt: So leicht ließen sich die Bürger nicht mehr einschüchtern. Das eine Prozent der Gesamtbevölkerung, das sich so sicher gefühlt hatte, stand zunehmend unter Druck. Alle, die von der Occupy-Bewegung angeprangert wurden, weil sie Teil der unlösbar verflochtenen Struktur aus Politik und Ökonomie waren, mussten jetzt um ihre Macht fürchten.
Auch für Clark wurde es eng. Er saß im Zentrum dieser Struktur. Siegten die aufgebrachten Bürger, würde er mit dem einen Prozent untergehen. Er wandte sich angewidert von den Bildern ab und spähte auf die Straße. Ein großer Armeelastwagen fuhr auf die Trinity Church zu. Als er näher kam, erkannte Clark im Führerhaus Darien Orlando, flankiert von einem finster dreinblickenden CIA-Agenten und einem Soldaten in einem kurzärmeligen Armeehemd.
Als der Laster hielt, schwang sich Clark zu dem Fahrer hoch und signalisierte ihm, die Scheibe herunterzulassen.
»Okay, Orlando, jetzt zeigen Sie mal, was Sie können.«
Darien Orlando nickte frustriert.
Dann sprach Clark den Fahrer an. »Sie fahren langsam durch die Liberty Street in Richtung Zuccotti Park. Halten Sie an den Absperrungen vor dem Deutsche Bank Building. Den Rest übernehmen wir.«
Der Soldat salutierte zackig. »Zu Befehl!«
»Auf mein Zeichen ziehen sich Ihre Männer fünfzig Meter hinter das Fahrzeug zurück!«, fügte Clark hinzu.
Er ging zu seinem Wagen, stieg schwungvoll ein und wies seinen Fahrer an, dem Lastwagen zu folgen. Als sie ihren Zielpunkt erreicht hatten, sah Clark zu dem nur noch etwa fünfzig Meter entfernten Menschengewimmel hinüber. Wie er sie hasste, diese pöbelnden Anarchisten! Die Luft war erfüllt von den Sprechchören und dem gellenden Geräusch der Trillerpfeifen, mit denen sie sich Gehör verschafften.
Dann verfolgte er gespannt, wie die Psychotronics in Position gebracht wurden. Orlando richtete den Metallzylinder zielgenau auf das Getümmel. Eine Plane aus undurchsichtigem Spezialgewebe verdeckte die Apparatur. Am hinteren Ende des Geschosses hantierte bereits ein junger Mitarbeiter von Orlando an der Waffe herum, um sie in Position zu bringen. Clark zog sich an einem Griff auf die Plattform.
»Sie dürfen nie von der Frequenz abweichen, sonst verursachen wir das Gegenteil von Angst, nämlich nackte Aggression«, instruierte Orlando den Helfer. »Ich kümmere mich um die weiteren Koordinaten.«
Aufmerksam beobachtete Clark, wie Orlando einen Code eintippte, um die Waffe einsatzbereit zu machen. Die Hände des Wissenschaftlers zitterten, sein Gesicht verriet Angst, aber Clarks Drohungen hatten ihre Wirkung nicht verfehlt.
»Worauf warten Sie noch?«, herrschte er den Wissenschaftler an. »Ich bin zum Essen verabredet. Und denken Sie dran: Dies ist nur ein
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