Silenus: Thriller (German Edition)
würde, um das nächste Stück der Weise an mich zu bringen. Aber zu denen gehen? Wenn ich behaupte, dass das waghalsig ist, dann kannst du davon ausgehen, dass es sogar verdammt waghalsig ist.«
George fragte sich, über wen sie wohl sprachen, und dann kam ihm eine Idee. »Kannst du nicht einfach das tun, was du in Parma getan hast?«
»Das wäre?«
»Ein Ablenkungsmanöver. Mach … Kopien. Die sie jagen können.«
Silenus legte den Kopf zur Seite und dachte nach. »Ich könnte es versuchen. Aber ich besitze nicht die Fähigkeit, etwas zu schaffen, das lange Bestand hat. Die Wölfe haben sich rund um die Teile der Weise verschanzt. Wir müssten sie weit weglocken, und dazu braucht es mehr, als ich zu bieten habe.«
Stanley schlug eine weitere Serviette auf und schrieb hastig: MEHR, ALS DU ZU BIETEN HAST. ABER NICHT MEHR, ALS SIE ZU BIETEN HABEN.
Silenus las die Notiz. Erst sah er wütend aus, doch dann lehnte er sich auf seinem Stuhl zurück, und sein Blick wanderte in weite Ferne. »Meinst du? Für ein Ablenkungsmanöver?«
Stanley nickte mit ernster Miene.
»Hm«, machte Silenus. Er wurde nachdenklich und sagte nichts mehr. Stattdessen starrte er in sein Weinglas, ließ die Flüssigkeit im Glas kreisen, trank aber kaum einen Tropfen.
»Also werden wir wirklich weitermachen?«, fragte Colette.
»Was sonst?«, kam von Franny.
»Die Truppe auflösen natürlich«, sagte Colette.
»Auflösen?«, fragte George erschrocken. »Ist das dein Ernst?«
»Na ja, sicher«, erwiderte Colette. »Denken wir doch einfach mal logisch darüber nach. Es wird immer gefährlicher. Uns geht das Geld aus. Und wir haben unsere Eröffnungsnummer verloren. Es war nicht unsere stärkste Nummer, aber es war vielleicht die kurioseste.«
»Meinst du wirklich, dass es angemessen ist, so kurz nach dieser Tragödie über das Geschäft zu diskutieren?«, fragte Franny.
»Ich habe ihn beerdigt«, gab Colette eisig zurück. »Ich war als Einzige dort und habe dafür gesorgt, dass er bestattet wird. Ich habe ihm Respekt erwiesen. Und jetzt müssen wir über unser eigenes Leben nachdenken.«
Die Vorstellung, Colette zu verlieren, erschreckte George zutiefst. »Und was hast du vor?«, fragte er. »Würdest du … allein weitermachen? Ohne uns?«
»Ja«, antwortete sie. »Das würde ich.«
»Aber das ist doch nicht notwendig, oder? Ich meine, Harry ist doch schon vorher für Kingsley eingesprungen, vielleicht kann er das erst einmal weiter so machen. Oder ich springe für ihn ein.« Er bemühte sich, kein hoffnungsvolles Grinsen aufzusetzen.
»Monologe sind kein geeigneter Ersatz für Kingsleys Nummer, George«, sagte Colette. »Und Pianospielen auch nicht. Die Leute wollen irgendwas Albernes sehen, wenn sie nach der Pause wieder hereinkommen. Pantomime oder irgendetwas Dummes, Nummern, die sie einfach ignorieren können.«
»Na ja, ich … ich könnte ja ganz leise spielen«, versuchte es George weiter.
»Ich sagte doch, nein . Das ist nicht das, was ein Theaterleiter an dieser Stelle sehen will.«
»Ich bin sicher, wir können uns etwas einfallen lassen«, sagte Franny.
»Hört mir eigentlich irgendjemand zu?«, fragte Colette. »Unser Budget gibt uns nicht die Zeit, uns etwas Neues einfallen zu lassen. Wir können uns keinen Verdienstausfall leisten.«
Während Colette sprach, kam es am Nebentisch zu einer Auseinandersetzung. Ein älteres Paar hatte gerade Platz genommen, reagierte jedoch gekränkt, als sich herausstellte, dass der Kellner, der sie bedienen sollte, farbig war. »Das ist eine unfassbare Demütigung«, brachte der alte Mann hervor. Er weigerte sich, auch nur ein Wort mit dem Kellner zu wechseln, und verlangte stattdessen nach dem Geschäftsführer. Der Kellner nahm die unterwürfigste Haltung ein, die ihm gegeben war, sah dem Mann nicht einmal in die Augen und zog sich unter unzähligen Verneigungen zurück.
Sie versuchten, nicht weiter darauf zu achten. Stanley schrieb: WILLST DU UNS WIRKLICH VERLASSEN?
»Ich behaupte, dass wir vielleicht gar keine Wahl haben, Stan«, sagte Colette. »Mit den verbliebenen Nummern allein können wir keine Tour machen. Es gibt so oder so fast niemanden, der mit mehreren Nummern reist. Ich sage, wir sollten aufteilen, was übrig ist, und getrennter Wege gehen.«
UND UNSERE MISSION AUFGEBEN?, schrieb Stanley.
Ihre Lippen wurden schmal. »Das war immer eure Mission, nicht meine oder die von irgendjemandem anderen. Ihr zwei habt uns so oder so die ganze Zeit weitgehend im
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