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Silenus: Thriller (German Edition)

Silenus: Thriller (German Edition)

Titel: Silenus: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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wird«, sagte Colette. »Die werden mich genauso behandeln, meinst du nicht?«
    Sie drehte drei weitere Pirouetten, jede schneller und waghalsiger als die vorangegangene. Dabei hatte sie einen grimmigen Gesichtsausdruck, beinahe, als wäre dies eine Art feierlicher Selbstbestrafung, der sie sich nur in Abgeschiedenheit unterziehen konnte. Doch sogar unter diesen Umständen fand George sie immer noch unwiderstehlich, diese mit Asche beschmierte junge Frau, die auf diesem schmutzigen Dach für ihn tanzte.
    Bei der vierten Drehung löste sich der Ziegelstein, auf dem sie stand, und fing an zu wackeln. Sie keuchte auf, als sie um ihr Gleichgewicht rang. George zögerte nicht. Er sprang zu ihr, packte einen ihrer Arme und hob sie von dem Schornstein. Sie stürzte auf ihn, und beide fielen zu Boden.
    »Warum hast du das gemacht?«, fragte sie, als sie versuchte, sich von ihm zu befreien.
    George rang um Atem. Als er schließlich wieder Luft holen konnte, sagte er: »Du wärst beinahe gestürzt.«
    »Ich wäre nicht gestürzt!«, widersprach Colette. »Mit einem Ziegelstein, der ein bisschen wackelt, komme ich schon zurecht! Das ist Teil der Übung.«
    Sie stand auf und ging ein paar Schritte bis zum Rand des Gebäudes. Zu seinem Entsetzen stieg sie auf die Abschlussmauer, stellte sich ganz an den Rand und blickte hinab auf die Straße unter ihnen. »Die Gefahr zu stürzen ist Teil davon.«
    »Bitte, komm runter«, sagte er. »Bitte.«
    »Ich komme nicht runter«, erwiderte Colette. Dann dachte sie kurz nach und sagte: »Aber ich setze mich hin.« Und dann bog sie geschmeidig die Beine zur Seite und setzte sich ganz an den Rand und ließ die Beine über das Dach hinausbaumeln. »Diese kleinen Städte«, sagte sie. »Sie bringen mich um, Stück für Stück.«
    George ging zu ihr, bewegte sich aber deutlich langsamer, als er sich dem Rand näherte. Dann setzte er sich neben sie, das Gesicht dem Dach zugewandt. »Ich weiß.«
    »So?«
    »Sicher. Kleine Theater, wenig Applaus. Mir ist klar, wie langweilig das ist.«
    »Daran liegt es nicht.«
    »Nicht? Woran dann?«
    Sie schwieg eine lange, lange Zeit. Dann zog sie das kunstvolle, mit Schrift versehene Amulett hervor, das an ihrem Hals hing. »Weißt du, was das ist? Was die Inschrift bedeutet?«
    »Nein.«
    Sie lachte, aber das Lachen klang bitter.
    »Was bedeutet es?«, fragte er.
    »Das weiß ich auch nicht.«
    »Wie bitte?«
    »Diesen kleinen Anhänger habe ich in irgendeinem Leihhaus im New Yorker Hinterland gekauft, George. Das ist kein königliches Erbe. Es ist ein Stück Zigeunerschmuck, das einfach nur hübsch aussieht.« Sie drehte den Anhänger in der Hand. »Aber das musste ich dir gar nicht erzählen«, sagte sie leise. »Du weißt längst, dass ich keine echte Prinzessin bin, nicht wahr?«
    George antwortete nicht gleich. Nach einer Weile nickte er. »Na ja, schon. Ich dachte, es wäre unhöflich, etwas darüber zu sagen.«
    »Weißt du, was ich wirklich bin?«
    »Das verstehe ich nicht. Was meinst du mit ›was‹?«
    »Ich meine, was ich wirklich bin, George. Warum ich diesen Prinzessinnenkram vorspielen muss.«
    Er wusste nicht recht, worauf sie hinauswollte. Das Wörtchen ›was‹ in Bezug auf Colette, die in seinen Augen schönste und zugleich entmutigendste Frau auf Erden, ergab für ihn keinen Sinn.
    »Ich bin nicht aus Persien«, sagte sie. »Ich bin aus New Orleans. Mein Daddy war weiß. Aber nicht … meine Momma.« Sie drehte sich um und sah ihn aus brennenden Augen an. »Verstehst du mich?«
    Er dachte nach. Dann nickte er. »Ja. Ich verstehe.«
    »Und was denkst du darüber?«
    Er zuckte mit den Schultern. Dann, für sie augenscheinlich überraschend, tätschelte er ihre Hand. »Ich denke gar nichts.«
    »Nicht? Warum nicht?«
    Auch darüber dachte er kurz nach und zuckte erneut mit den Schultern. »Ich hatte … einige ziemlich harte Tage, Colette. Ich habe Dinge gesehen, die ich nie wieder sehen will. Im Augenblick bin ich einfach froh, einen schönen Moment mit dir genießen zu können.«
    Colette schwieg.
    »Darum hast du dir diese Prinzessinnengeschichte ausgedacht, nicht wahr?«, fragte er.
    »Das war nicht ich«, sagte sie. »Das war Harry. Er hat mich aufgegabelt, als ich in New Orleans auf der Straße aufgetreten bin. Hat gesagt, er hätte ein Auge für Talent, und ich hätte Talent. Ich könnte da raus, wenn ich wollte, hat er gesagt.« Ihm fiel auf, dass sie sich unbewusst den Oberarm rieb, während sie sprach. Dort war, gleich unter der

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