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Silenus: Thriller (German Edition)

Silenus: Thriller (German Edition)

Titel: Silenus: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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Beinen halten. Er ging gebückt und brauchte dann und wann die freie Hand, um das Gleichgewicht zu halten.
    Sie schleppten sich ans Ufer und stellten den Koffer ab. Stanley brach beinahe auf der Stelle zusammen, riss sich dann aber zusammen und setzte sich, den Rücken an den Koffer gelehnt, auf den Boden. Silenus hockte sich auf die Truhe, atmete einige Male tief durch, zog eine Zigarre hervor und zündete sie an.
    »Was ist da drüben passiert?«, fragte Colette. »Seid ihr verletzt?«
    Silenus räusperte sich. »Uns geht es gut«, sagte er, aber Stanley zitterte und schlug die Hände vor das Gesicht.
    »Ihr seht nicht so aus, als würde es euch gut gehen«, entgegnete George.
    »Das liegt daran, dass unsere Nachforschungen korrekt waren«, antwortete Silenus. »Es war … ein extrem großes Stück der Weise.«
    George starrte den Überseekoffer an. Was, so überlegte er, mochte dort drin sein?
    Der Koffer sah unverändert aus und wirkte in jeder Hinsicht ganz gewöhnlich. Konnten sie da drin mehr von der Ersten Weise haben? Und wie bekamen sie sie dort hinein und wieder heraus? Nach all der Zeit wusste er es immer noch nicht.
    »Wo ist Franny?«, fragte Silenus.
    »Sie ist da drüben«, sagte Colette und gestikulierte. »Sie verhält sich ziemlich seltsam. So habe ich sie noch nie reden gehört.«
    »Wie denn?«, wollte Silenus wissen.
    »Na ja … sie hat ein paar sehr scheußliche Dinge über euch beide gesagt und über mich. Aber vor allem hat sie sich munterer angehört, als ich es je von ihr erlebt habe.«
    Silenus runzelte die Stirn und ging zu ihr. »Franny!«, rief er. »Komm her zu mir. Wir müssen weiter.«
    Franny antwortete nicht. George konnte sie im Schatten des Baumes kaum sehen.
    »Franny!«, rief Silenus erneut. »Ist alles in Ordnung? Bist du verletzt, meine Liebe?«
    »Ja«, ertönte Frannys Stimme. »Ja, ich bin verletzt.«
    »Tatsächlich? Was ist passiert?«
    Auf einmal ertönte Gelächter aus dem Wald. Es schien nicht von einem bestimmten Ort zu kommen, sondern von überall um sie herum, so, als wäre der ganze Wald voll mit lachenden Leuten. Alle erschraken und schauten sich um, sogar Stanley.
    »Was zum Teufel geht hier vor?«, fragte Colette.
    »Ich weiß es nicht«, gab Silenus zurück.
    Dann tauchten sie nach und nach auf, fahlweiße Gesichter, die in der Finsternis des Waldes hingen, perfekt, ausdruckslos und ohne Augen. Sie schwebten zwischen den Bäumen, blinkten plötzlich auf wie Lampen. Und eines war sehr nahe, doch dieses war viel größer als all die anderen, und aus den Augenwinkeln verlief ein Zwillingsstrom perfekter blauer Tränen.
    »Was ist hier los?«, fragte Silenus.
    Stanley erhob sich, trat hinter Colette und George, legte jedem eine Hand auf die Schulter und zog sie zurück, misstrauisch, bereit, sich vor sie zu stellen, sollte es nötig werden.
    Die Elfen kamen aus dem Wald, und George empfand bei ihrem bloßen Anblick entsetzliche Furcht. Sie waren so große, so fremdartige Kreaturen und nicht annähernd so graziös, wie sie ihm in der Quelle vorgekommen waren. Die Letzte, die sich aus dem Wald löste, war die, die ihnen am nächsten gestanden hatte, und als sie es tat, sahen sie, dass es die Dame persönlich war, immer noch in Blutrot gewandet, doch nun wirkte sie noch größer und hagerer als zuvor und schwankte beim Gehen vor und zurück.
    »Ofelia?«, sagte Silenus. »Was tut Ihr hier? Ich dachte, unsere Abmachung wäre erfüllt.«
    »Das war sie«, bestätigte die Dame und lachte. »Das ist sie.«
    »Was tut Ihr dann hier? Das Heer verlässt die Quelle doch nicht mehr.«
    »Keine Regel ist ohne Ausnahme«, erklärte die Dame. Sie ragte hoch über Silenus auf und stierte auf ihn herab. »Und in diesem Fall war ich bereit, eine Ausnahme zu machen. Ich wäre eine schlechte Tochter, nicht wahr, wäre ich nicht gekommen, um dem Mörder meiner Mutter Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.«
    Schockiert starrte Silenus sie an. »Aber das dürft Ihr nicht. Wir haben eine Vereinbarung.«
    »Ja, das ist wahr«, sagte die Dame. »Die haben wir. Ich habe zugestimmt, dir nie aus Hass für das, was du meiner Mutter angetan hast, Leid zuzufügen. Aber es gibt noch jemanden, für dessen Leid du dich zu verantworten hast.«
    »Wer soll das sein?«, fragte er.
    »Ich«, antwortete eine leise Stimme.
    Alle drehten sich um, George jedoch etwas langsamer als die anderen. Franny erhob sich unter dem Baum wie eine kleine Flickenpuppe, die sich selbst auf die Beine

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