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Silenus: Thriller (German Edition)

Silenus: Thriller (German Edition)

Titel: Silenus: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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auf das gehört, was ich lernen durfte.«
    »Dann bist du so nutzlos wie deine faden, kleinen Aufführungen«, befand die Königin. Sie nickte, und zwei der Elfen zerrten Anne in die Finsternis des Waldes. Anne wollte schreien, doch einer ihrer Peiniger versetzte ihr einen Schlag an den Kopf, und das Geräusch des Aufpralls war so laut, dass jeder, der es hörte, erbleichte. Von da an hing sie willenlos in ihren Armen, und fort waren sie.
    »Bei unseren Lustbarkeiten haben wir uns an vielen Dingen ergötzt«, sagte die Dame. »An vielen seltsamen Tieren, vielen exotischen Weinen. Und in unserer Zeit sind wir nicht bei einfachen Tieren geblieben. Wir haben Helden verspeist und Heilige und Wahnsinnige und etliche, von denen gemunkelt wurde, sie seien Götter. Doch ich kann mir kein süßeres Fleisch, keinen edleren Geschmack vorstellen als den der Vergeltung. Und heute Nacht, wenn du tot und an unserem Spieß bist, werde ich diesen Geschmack erfahren. Wie fühlt es sich an, das zu wissen, Sänger?«
    Silenus starrte zu der Stelle, an der Anne gestanden hatte. Sein Gesicht war aschfahl. Dann sagte er mit schwacher Stimme: »Es fühlt sich im Grunde ganz banal an.« Mit großer Mühe sammelte er sich. »Was wird aus meinen Leuten?«
    »Ich werde ihnen nichts tun.«
    »Schwört Ihr das?«
    Weder nickte sie, noch schüttelte sie den Kopf. Stattdessen legte sie ihn zur Seite wie eine Schlange, die fasziniert ihre Beute beäugt, und sagte nichts.
    »Schwört es, zum Teufel!«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Schön. Ich schwöre, ich werde ihnen kein Leid zufügen.«
    »Also gut«, gab Silenus nach, schluckte und nickte. »Wenn ich sterben soll, dann, denke ich, werde ich sterben. Doch darf ich – von Trinker zu Trinker – noch eine letzte Bitte an Euch richten?«
    »Eine Bitte?«
    »Ich habe da eine Flasche Wein, ein alter Jahrgang, der in meiner Heimat sehr beliebt war«, sagte er. »Es ist kein großer Wein, nur ein Bauerntrunk. Aber es ist einer, den ich gern in meinen letzten Augenblicken noch einmal kosten würde.«
    Der Kopf der Dame schwankte vor und zurück, während sie darüber nachdachte. »Dir ist sicher bewusst, wie sehr das nach Heimtücke klingt.«
    »Das ist es. Und ich bin bereit, Euch die Flasche untersuchen zu lassen oder was immer Ihr wünscht.«
    Die Dame überlegte kurz und seufzte. »Solch einen letzten Wunsch kann ich, denke ich, recht gut verstehen. Sogar, wenn ihn so ein verabscheuungswürdiges Wesen wie du hegt. Bring mir die Flasche.«
    Silenus nickte und ging zu dem Überseekoffer. Er entriegelte erst das eine Schnappschloss, dann das andere, und George wappnete sich, rechnete damit, dass etwas passieren würde, irgendeine Explosion, irgendein Trick, vielleicht würde sogar die Erste Weise selbst herausströmen und ihnen zu Hilfe kommen …
    Aber so war es nicht. Als sich der Deckel knarrend öffnete, sah er keine Weise im Inneren, kein Licht. Nur mehrere Reihen von Glasflaschen, eine jede gefüllt mit irgendeinem Schnaps oder einer Tinktur oder sonst etwas. George war so überrascht, dass er bestürzt ausrief: »Was ist das?«
    Silenus schaute zu ihm auf. »Überwiegend Stärkungsmittel. Was hast du gedacht, was hier drin wäre?« Er suchte eine Flasche mit einem besonders edlen Korken aus und öffnete sie. Dann ging er zu der Dame und bot ihr die Flasche dar. Sogleich trat ihr Seneschall vor und nahm sie an sich. Der Seneschall ließ den Wein ein wenig kreisen, schnüffelte an der Flasche und nahm einen Schluck.
    »Es ist Rotwein«, verkündete er. »Und sonderlich gut ist er nicht.«
    »Wie ich Euch sagte«, ließ Silenus vernehmen.
    »Lass mich das sehen«, forderte die Dame, nahm dem Seneschall die Flasche ab, folgte seinem Beispiel und kostete einen winzigen Tropfen. »Du hast recht«, nickte sie. »Ich wusste nicht, dass du in Hinblick auf Wein solch einen jämmerlichen Geschmack hast.«
    Silenus nahm die Flasche wieder an sich, kehrte zu seiner Truhe zurück und nahm einen Kelch heraus.
    »Nein«, sagte die Dame plötzlich.
    Er drehte sich zu ihr um. »Nein?«
    »Nein. Nicht dein Kelch. Ich kann nicht einmal deinem Glasgeschirr trauen, Sänger. Wir werden dir eines unserer Gläser geben.« Sie winkte, und eine Elfe trat mit einem kleinen, kunstvollen Kristallglas aus dem Wald hervor.
    Silenus nahm es, drehte es hin und her und sagte: »Ein wirklich schönes Stück. Wie Ihr wünscht.« Achtlos warf er seinen Kelch über seine Schulter. Er zerbrach auf dem steinigen Ufer.
    Die Dame

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