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Silenus: Thriller (German Edition)

Silenus: Thriller (German Edition)

Titel: Silenus: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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Männer, schüttelten die Köpfe und versicherten ihr, das sei kein Problem; immerhin sei dies ein wahrlich schweres Spiel für eine Dame, das Balance und andere körperliche Voraussetzungen erforderte, die bei ihrem Geschlecht nur selten anzutreffen seien. Als es Abend wurde, bestellten sie eine Runde Getränke für sich und die Prinzessin Verdicere.
    George wusste nicht, was er von alldem zu halten hatte, aber er verhielt sich ruhig. Irgendwann aber fiel ihm auf, dass sich das Verhalten der Männer in Colettes Gegenwart veränderte. Er sah es an der Art, wie sie sie von oben bis unten betrachteten, wenn sie einen Stoß ausführte, wie sie ihr eine Hand auf den Rücken legten, wenn sie ihr ihre Unzulänglichkeiten erklärten, wie ihre Finger gerade einen Moment zu lang zwischen ihren Schulterblättern verweilten. Das Benehmen der Männer regte George derartig auf, beinahe wäre ihm entgangen, dass sie angefangen hatten, um Geld zu spielen, und dass Colette bereits ein hübsches Sümmchen angehäuft hatte.
    Als der Abend zu Ende war, sang Colette den Männern ein französisches Lied vor und schickte sie mit einer königlichen Handbewegung und Luftküssen zur Antwort auf die trunkenen »Auf Wiedersehen, Prinzessin!«-Rufe zur Tür hinaus. Als sie den Saal verlassen hatten, lächelte sie ihnen noch eine Weile hinterher, ehe sie sich zu George umdrehte und geziert (und mit amerikanischem Akzent) sagte: »Bin gleich wieder da.« Dann huschte sie zur Hintertür hinaus.
    George wartete einige Minuten, bis er ebenfalls hinausschlüpfte, um nach ihr zu sehen. Er fand sie mit einer Hand an der Wand abgestützt vor. Eine Pfütze Erbrochenes zierte den Boden zu ihren Füßen. Sie spuckte mehrfach, wischte sich die Lippen ab, steckte sich den Finger in den Hals und würgte, aber es kam nichts mehr. »Verfluchte Hinterwäldler«, schimpfte sie.
    »Mein Gott«, rief George. »Sind Sie krank?«
    »Nein«, sagte sie. »Das habe ich mir selbst angetan. Diese Mistkerle haben mir eine Menge Alkohol eingeflößt, und ich wollte verhindern, dass er mich noch mehr fertigmacht, als er es schon getan hat. Es war dumm von mir, mitzuhalten, schließlich hatte ich vorher schon viel getrunken.«
    »Und warum haben Sie dann Ja gesagt?«
    »Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich aus Gehässigkeit.« Sie richtete sich auf und schwankte ein wenig. Als sie ihre Beine wieder unter Kontrolle hatte, erklang Donnergrollen irgendwo am Himmel, und ein paar dicke Regentropfen klatschten auf das Hotel. »Ach, wie wunderbar«, sagte sie, setzte sich auf die Stufen zur Hintertür und legte den Kopf auf die Knie. »Ich schätze, das ist meine eigene Schuld. Danke, dass du so getan hast, als könntest du Französisch.«
    George setzte sich neben sie. »So getan? Wie kommen Sie darauf, dass ich es nicht kann? Vielleicht habe ich ja jedes Wort verstanden.«
    Obwohl sie den Kopf nicht hob, konnte er ein gescheites, hartes Funkeln in einem ihrer Augenwinkel erkennen. »Leute, die Französisch können«, sagte sie, »schauen im Allgemeinen nicht so entgeistert drein, wenn jemand französisch mit ihnen spricht.«
    »Oh«, machte er. »War es so offensichtlich?«
    »Du hättest mit deinem Mund Fliegen fangen können, so weit hat er offen gestanden. Du kannst von Glück sagen, dass die Burschen so dumm waren.«
    »Stammen Sie wirklich aus Persien?«, fragte George.
    Lange Zeit schwieg sie, und für einen Moment fragte er sich, ob sie ihn überhaupt gehört hatte. Doch dann sagte sie mit sehr leiser Stimme »Ja«, und er glaubte, einen Anklang von Furcht irgendwo in diesem Wort vernommen zu haben, und das kam ihm merkwürdig vor. Auch wenn das juwelengeschmückte Mädchen in Weiß und die beängstigend gute Poolspielerin wie zwei höchst unterschiedliche Personen erschienen, konnte er sich doch von keiner der beiden vorstellen, dass sie vor irgendetwas Angst hatte.
    George überlegte, wie er sie am besten aus ihrer trüben Stimmung herausholen konnte. »Vermissen Sie es manchmal?«, fragte er.
    Sie rollte den Kopf zur Seite und sah ihn an. »Ob ich was tue?«
    »Persien vermissen. Ihre Heimat?«
    »Oh.« Sie dachte nach. »Ja. Ununterbrochen.« Und dann, nachdem sie noch ein wenig mehr nachgedacht hatte: »Nein. Eigentlich vermisse ich es nicht.«
    »Nicht?«
    »Nein. Vermisst du, wo zum Teufel du auch herkommst, George?«
    Er überlegte. Er hatte schon lange nicht mehr an Rinton gedacht. Es fühlte sich an, als wären Jahre vergangen, seit er das Haus seiner Großmutter

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