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Silenus: Thriller (German Edition)

Silenus: Thriller (German Edition)

Titel: Silenus: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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meiner Bildung die überqualifizierteste Person bin, die mir auf unseren Reisen je begegnet ist. Und mein Nachname ist nicht Tyburn«, fügte er leise hinzu. »Mein echter Name ist Kingsley Harrison. Aber nur wenige Leute benutzen auf der Bühne ihren echten Namen. Ich bezweifle beispielsweise, dass dein Vater wirklich Heironomo heißt.«
    »Wie sind Sie zum Vaudeville gekommen?«
    Kingsleys Lider senkten sich ein wenig. »Das war Harrys Idee. Es war eine Abmachung zwischen ihm und mir, du verstehst.«
    Neugierig geworden, hörte George auf zu mischen und drehte sich um. »Eine Abmachung? Im Austausch gegen was?«
    Lange Zeit blieb Kingsley stumm. Dann sagte er: »Kinder. Harry sagte, er könnte mir Kinder geben, wenn ich es wollte. Und das wollte ich. In meinem alten Leben hatten meine Frau und ich große Probleme mit der Zeugung. Und als sie dann doch schwanger wurde, waren wir unendlich glücklich. Aber als sie im siebten Monat war, kam der Doktor und hat ihren Bauch abgetastet, um sich zu vergewissern, dass alles in Ordnung war. Und er hat gesagt, das wäre es nicht.«
    »Was war denn nicht in Ordnung?«, fragte George.
    »Das Kind im Bauch hat sich nicht so angefühlt, wie es sollte. Etwas hat gefehlt, hat er gesagt. Etwas Wesentliches, andernfalls hätte er es gar nicht spüren können. Vielleicht der Schädel, hat er gesagt. Und er hat gesagt, er könnte uns ein Verfahren anbieten, um die Schwangerschaft zu beenden, was wir, wie er empfohlen hat, so schnell wie möglich tun sollten. Es war ein totes Etwas, hat er gesagt. Eine Wucherung in ihr. Nicht allein lebensfähig.
    Wir waren natürlich dagegen. Es war unser Kind, auch wenn es … so zur Welt kam. Wir beschlossen, wir würden dem Kind das beste Leben schenken, das wir ihm geben konnten, ganz gleich, was es war oder wie es geboren würde. Und sollte es sterben, würden wir eine Bestattungsfeier ausrichten und seinen Namen sprechen – Arthur, wenn es ein Junge wäre, Gwen bei einem Mädchen, denn meine Frau hat die Camelot-Geschichten geliebt – und es zurück zu Gott schicken. Sie ließ also diese lebensunfähige Kreatur in sich heranwachsen, und wir warteten und bereiteten für den Tag der Geburt die Bestattungsfeier vor. Der Doktor sagte, was wir täten, wäre nicht klug. Was wir heranwachsen ließen, so sagte er, sei ein Leichnam. Es sei nicht gesund, so etwas zu tun. Aber wir wollten all diese schrecklichen Dinge nicht hören.
    Und am Ende, als das Kind zur Welt kam, stellte sich heraus, dass der Doktor sich geirrt hatte. Es war keine Totgeburt. Es lebte, aber … es sah nicht aus wie ein Baby. Es hatte nur einen Arm, und der Kopf war nicht in Ordnung. Es hatte eine Hälfte eines Kiefers und darüber war der Schädel … falsch. Er war verbogen , und das Kind hatte ein stieres Auge, das nie geblinzelt hat, und nur den Teil einer Nase. Es schrie nicht, als es geboren wurde, es starrte uns nur an. Da hätte es eigentlich sterben sollen. Der Doktor hat gesagt , es würde bei der Geburt sterben. Aber das hat es nicht getan. Es hat gelebt.
    Lucille konnte das arme Ding nicht stillen, aber wir hatten Fläschchen. Aus den Fläschchen konnte es mit seinem verzerrten kleinen Mund trinken, und wir waren uns einig, dass das schon ein Wunder war. Und wir mussten es von Licht fernhalten. Wenn es Licht sähe, sagte der Doktor, würde es einen Schock erleiden und sterben. Er deutete an, dass wir das Falsche taten, indem wir das Leben unseres Kindes verlängerten, aber wir haben ihn ignoriert und unser Kind im Dunkeln in einem Kämmerchen untergebracht und es mit der Flasche gefüttert.« Kingsley schluckte. »Kann ich jetzt meine Medizin haben?«
    »Oh«, sagte George. »Ja.« Er reichte ihm das Kristallglas mit der Opiumtinktur. Kingsley trank es rasch aus und lehnte sich seufzend zurück.
    »Es war nicht an uns, über seinen Tod zu bestimmen«, fuhr Kingsley fort. »Es sollte auf seine Art und zu seiner Zeit sterben. Aber Lucille … es widerstrebte ihr immer mehr, es zu füttern, und sie ging immer seltener in das Kämmerchen. Ich tadelte sie deswegen, doch sie weinte nur noch. Und dann, eines Tages, kam ich nach Hause, ging zum Kämmerchen und stellte fest, dass unser Kind weg war. Ich war außer mir und habe auf der Suche beinahe das Haus eingerissen. Ich habe überall gesucht, aber ich wäre nie darauf gekommen, im Garten nachzusehen.
    Doch genau dort waren sie. Lucille hatte es in sein kleines Taufkleidchen gesteckt und hinaus in den hellen Sonnenschein

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