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Silenus: Thriller (German Edition)

Silenus: Thriller (German Edition)

Titel: Silenus: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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Offensichtlichste auf Erden.
    »Das ist unmöglich. Du kannst nicht … tot sein. Du bewegst dich, du redest und läufst herum und so weiter.«
    »Das bedeutet nicht, dass ich nicht tot bin.«
    »Schön … woher weißt du, dass du es bist?«
    »Ich erinnere mich daran. Ich erinnere mich an das Sterben. Ich kann mich nicht erinnern, wie lange es her ist … Zeit hat für mich viel von ihrer Bedeutung verloren, seit sie nur noch an mir vorbeizieht. Aber ich bin tot, George.«
    »Wieso bist du dann hier? Wieso bist du … am Leben?«
    »Ich wurde zurückgeholt«, sagte sie. »Wegen einer Übereinkunft, die ich getroffen habe, bevor ich gestorben bin. Mit meinem Ehemann. Zumindest glaube ich, dass es so war … ich habe keine Erinnerung an davor, und es fällt mir schwer genug, den Überblick über die neuen Erinnerungen zu behalten. Es geht alles durcheinander, da oben in meinem Kopf.« Sie rieb sich mit zwei Fingern die Schläfe. »Ich weiß nicht einmal, wie mein Name lautete. Franny war es nicht. Ich war nicht Franny damals. Ich bin nicht mehr dieselbe Person, denn ich habe so gut wie keine ihrer Erinnerungen, also kann ich … ich kann nicht denselben Namen tragen, richtig?«
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte George.
    »Nein. Also bekam ich einen, der per Zufall ausgewählt wurde. Franny. Franny Beatty«, sagte sie, als versuchte sie, sich zu erinnern, woher er kam.
    »Wie … wie wurdest du zurückgeholt?«, fragte George.
    Wieder schien Franny mit sich zu ringen. Dann sagte sie: »Ich zeige es dir.«
    Sie stand auf und zog die Fäustlinge aus und legte ihre Tücher ab und ihren weiten Mantel und dann den Pullover, und unter dem Pullover war eine Bluse, und sie fing an, die Knöpfe zu öffnen …
    »Nein«, sagte George verwirrt. »Nein, nicht, was tust du da? Tu das nicht!«
    Aber Franny beachtete ihn gar nicht und öffnete weiter die Knöpfe, bis die Bluse offen war und ein brauner Streifen nackter Haut zum Vorschein kam, der über die Vorderseite ihres Oberkörpers lief, nur dass er mit Kringeln und Knäueln und Linien von tiefem Schwarz überzogen war. Dann flatterte die Bluse zu Boden.
    In gekrümmter Haltung stand sie vor ihm, von der Taille aufwärts vollkommen nackt, und obwohl sie dürr war, wirkte sie nicht ausgemergelt oder reizlos. Aber jeder Zoll ihrer Haut war tätowiert. Da waren unzählige Symbole und Bildzeichen, von denen viele auf eigenartige Weise um ihre Brust, ihren Bauch und ihren Rücken angeordnet waren. Einige schienen sich irgendwie zu bewegen, sich aus eigener Kraft zu winden und zu verdrehen. George wollte wegschauen, konnte aber nicht; nie zuvor hatte er den Körper einer Frau gesehen, und nun starrte er sie an und versuchte, die anschwellende Hitze zu ignorieren, die sich in seinem Bauch ausbreitete.
    Franny blickte an sich herab, augenscheinlich ohne Scham zu empfinden. Ihre langen, schmalen Finger erforschten ihre Haut und streichelten die Symbole, die auf ihr prangten. »Jedes davon hält einen Teil von mir am Leben«, erklärte sie und deutete auf ein Symbol unter dem linken Schlüsselbein. »Das hier flüstert mit meinem Herzen und bittet es zu schlagen. Diese hier«, fuhr sie fort und berührte gedankenlos zwei Symbole, die seitlich unter ihren Brüsten lagen, »die sprechen mit meiner Lunge und füllen sie mit Luft. Das hier ist für mein Rückgrat«, sagte sie, drehte sich um und zeigte ihm eine vollgepackte, komplizierte Straße aus miteinander verschlungenen Hieroglyphen, die mittig über ihren Rücken verlief. »Und die sind für meine Eingeweide«, fuhr sie fort, drehte sich erneut um und deutete auf die Ansammlung schwarzer Tinte, die sich über ihren Bauch schlängelte. »Auf meinem Kopf, unter dem Haar, sind noch viele Hundert andere. Sie sorgen für meinen Geist. Jedenfalls für einen Teil davon.«
    All das erzählte sie auf eine rein anatomische, beinahe gelangweilte Art, ehe sie sich zu Georges Entsetzen direkt neben ihn setzte. Zusammengesunken und ausdruckslos hockte sie da, und ihr Ellbogen berührte den seinen. »Der Professor redet von Marionetten«, sagte Franny. »Aber ich bin eine menschliche Marionette. Ich weiß längst nicht mehr, wer die Fäden zieht oder was ich eigentlich darstelle. Meine Kraft ist eine Auswirkung der Zeichen, die mich am Leben erhalten – viele davon arbeiten ein bisschen zu gut und gestatten es meinen Muskeln und meinen Knochen, Dinge zu tun, die normale Menschen nicht tun könnten, obwohl es mir Schmerzen bereitet. Aber

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