Silo: Roman (German Edition)
Overall auf eine der Werkbänke und zog den Kragen
des Helms herunter. Sie befestigte ihn in einem Schraubstock und drehte
vorsichtig den Gewindebohrer hinein, um später dort den Atemschlauch
anschrauben zu können. Sie war noch immer mit dieser Aufgabe und den Gedanken
an Lukas beschäftigt, als der Duft frisch gebackenen Brotes ins Labor schwebte,
gefolgt von Solo.
»Hallo!«, rief er
und blieb in der Tür stehen. Juliette blickte auf und nickte ihm zu, dass er
hereinkommen könne. Der Gewindebohrer ließ sich nur mühselig drehen, der
Metallgriff grub sich in ihre Handflächen, sie hatte Schweiß auf der Stirn.
»Ich hab noch mehr
Brot gebacken.«
»Riecht toll!«,
seufzte sie.
Seit sie Solo
gezeigt hatte, wie man Fladenbrot backte, machte er kaum noch etwas anderes.
Die großen Mehlkisten, die er als Beine für seine Vorratsregale benutzt hatte,
waren nacheinander entfernt worden. Juliette nahm sich vor, ihm auch noch
andere Rezepte beizubringen und seinen Eifer dahingehend zu nutzen, das Essen
ein wenig abwechslungsreicher zu gestalten.
»Ich habe auch
Gurken geschnitten«, sagte er stolz, als präsentiere er ihr ein
unvergleichliches Festessen. In vieler Hinsicht war Solo auf dem Stand eines
Jugendlichen zurückgeblieben, einschließlich seiner Essgewohnheiten.
»Ich esse gleich
etwas«, sagte sie. Sie bohrte das Werkzeug durch den Metallkragen und bekam
schließlich ein so ordentliches Gewinde, als hätte sie den Helm als
Spezialanfertigung in der Versorgung machen lassen. Der Bohrer ließ sich so
leicht wieder herausdrehen wie ein maßgefertigter Bolzen.
Solo stellte den
Teller mit dem Brot und dem Gemüse auf die Werkbank und nahm sich einen Stuhl.
»Woran arbeitest du? An einer neuen Pumpe?« Er sah den großen fahrbaren
Kompressor an, an dem lose Schläuche hingen.
»Nein, das würde zu
lange dauern. Ich arbeite an einem Gerät, mit dem ich unter Wasser atmen kann.«
Solo lachte. Er
kaute auf einem Stück Brot, bis er sah, dass sie keinen Scherz gemacht hatte.
»Du meinst das
ernst.«
»Ja. Die Pumpen, die
wir wirklich brauchen, sind in den Sickerbecken ganz unten im Silo. Ich muss
den Strom aus der IT bis nach da unten
verlegen. Dann bekommen wir den Silo in einigen Wochen oder Monaten trocken und
nicht erst in ein paar Jahren.«
»Unter Wasser atmen …« Er sah sie an, als sei sie diejenige, die langsam den Verstand verlor – nicht er.
»Es funktioniert
eigentlich genauso wie die Luftversorgung auf meinem Weg von dem anderen Silo
hierher.« Sie umwickelte das eine Ende der Schlauchverbindung mit Silikonband
und drehte es in das Loch, das sie in den Kragen gebohrt hatte. »Die Anzüge
sind luftdicht und deshalb auch wasserdicht. Alles, was ich brauche, ist eine
geregelte Luftversorgung, dann kann ich da unten arbeiten, solange ich will.«
»Meinst du, die
Pumpen würden wirklich wieder funktionieren?«
»Das sollten sie
eigentlich.« Sie nahm einen Schraubenschlüssel und zog das Ende der
Schlauchverbindung fest an. »Die Pumpen sind so konstruiert, dass sie unter
Wasser arbeiten. Man muss sie nur mit Strom versorgen, und davon haben wir hier
oben genug.«
»Und was soll ich
tun?« Solo wischte sich die Hände ab und verstreute dabei Brotkrumen auf ihrer
Werkbank. Dann nahm er sich noch ein Stück Brot.
»Du wirst den
Kompressor im Auge behalten. Ich zeige dir, wie du ihn einschalten und mit
Treibstoff füllen musst. In meinen Helm werde ich eines dieser tragbaren
Funkgeräte einbauen, wie es die Deputys benutzt haben, dann können wir
miteinander sprechen. Und du wirst eine ganze Menge Kabel und Schläuche
entwirren müssen.« Sie lächelte ihn an. »Keine Sorge, es gibt genug zu tun für
dich.«
»Ich mache mir keine
Sorgen.« Solo nickte ihr zu und kaute etwas schneller auf seiner Gurkenscheibe,
während seine Augen zum Kompressor wanderten.
Juliette sah, dass
er – wie ein Jugendlicher mit zu wenig Übung – die Kunst der Lüge noch nicht
beherrschte.
60. KAPITEL
Silo
18
… Jungen aus der rivalisierenden Gruppe des Ferienlagers. Das Verhalten wurde von den Feldforschern, die als
Lagerberater fungierten, genau analysiert. Als die Gewalttätigkeiten
ausuferten, wurde das Experiment eingestellt. Was in Robber’s Cave mit zwei getrennten Gruppen von Jungen
begonnen hatte – alle ungefähr mit demselben sozialen Hintergrund –, wurde in
der Sozialpsychologie als Inter- und Intragruppenkonflikte bekannt. Kleine Unterschiede – wie jemand seine Mütze trug, wie er seine
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