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Silo: Roman (German Edition)

Silo: Roman (German Edition)

Titel: Silo: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Howey
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grüßte mit
einem unsicheren Lächeln.
    Bernard
gestikulierte ungeduldig mit der Hand in der Luft. »Unterschreib, was immer sie
will. Ich weigere mich. Und mach Kopien, und kümmer dich um den Rest.« Er
winkte ab, drehte sich um, taxierte Marnes und Jahns ein letztes Mal, als wäre
er angeekelt von ihrem Anblick, ihrem Alter, ihren Posten, von allem .
»Oh, und Sims soll ihnen die Feldflaschen auffüllen und ihnen was zu essen
mitgeben, dass sie es bis nach Hause schaffen. Oder was auch immer sie
brauchen, um ihre altersschwachen Beine hier rauszubewegen und dahin zu
verschwinden, wo sie hingehören.«

16. KAPITEL
    Je
näher sie ihrem Zuhause kamen, desto schneller brachten sie die Stockwerke
hinter sich. Im Dunkel des Treppenhauses, zwischen den Stockwerken, wo die
Leute in ihren Wohnungen darauf warteten, dass die Stromversorgung wieder
hochgefahren wurde, hielten sie einander ganz unverhohlen an den Händen,
während die jeweils andere Hand am kalten Stahl der Geländer hinaufrutschte.
    Jahns ließ nur
gelegentlich los, um sich zu vergewissern, dass ihr Spazierstock noch sicher in
ihrem Rucksack steckte, oder um aus Marnes’ Flasche einen Schluck zu trinken.
Sie waren dazu übergegangen, das Wasser des jeweils anderen zu trinken, weil
das bequemer war, als jedes Mal den eigenen Rucksack abzusetzen. Außerdem war
es ein gutes Gefühl, die Nahrung füreinander zu tragen.
    Jahns trank noch
einen Schluck, schraubte die Metallkappe, die an einer Kette hing, wieder auf
die Flasche und steckte sie in Marnes’ Vordertasche. Sie war gespannt, ob alles
anders sein würde, wenn sie wieder zu Hause waren. Nur noch zwanzig Stockwerke.
Wenn sie ankamen, würde die vertraute Umgebung sie wieder in die vertrauten
Rollen drängen? Würde die letzte Nacht sich anfühlen wie ein Traum? Oder würden
die Geister der Vergangenheit sie heimsuchen?
    Über all das hätte
sie gern gesprochen, aber stattdessen redete sie mit Marnes über Sachfragen.
Wann würde Jules, wie sie genannt werden wollte, anfangen können? Welche
ungeklärten Fälle mussten als Erstes bearbeitet werden? Welche Zugeständnisse
wären nötig, um die IT bei Laune zu halten
und Bernard zu beruhigen? Und wie sollten sie mit Peter Billings’ Enttäuschung
umgehen? Welche Auswirkung würde die Sache auf Verhandlungen haben, denen er
vielleicht eines Tages als Richter vorsitzen würde?
    Jahns hatte
Schmetterlinge im Bauch, als sie über diese Dinge sprachen. Oder vielleicht
spielten auch nur ihre Nerven verrückt, weil sie eigentlich über ganz andere
Sachen reden wollte, sich aber nicht überwinden konnte. Es lagen so viele
Themen in der Luft wie Staubkörner durch den Treppenschacht schwebten, und sie
machten genauso einen trockenen Mund und eine träge Zunge. Sie trank in immer
größeren Schlucken aus seiner Feldflasche, ihr eigenes Wasser machte auf ihrem
Rücken Geräusche, ihr Magen rumorte von Stockwerk zu Stockwerk ein bisschen
mehr. Die absteigenden Zahlen deuteten auf das Ende ihrer Reise hin, auf das
Ende eines Abenteuers, das in vielerlei Hinsicht ein voller Erfolg gewesen war.
    Sie hatten einen
neuen Sheriff: eine leidenschaftliche junge Frau von ganz unten, die
tatsächlich so selbstbewusst und inspirierend zu sein schien, wie Marnes
angekündigt hatte. Jahns hielt Menschen wie sie für die Zukunft des Silos.
Menschen, die langfristig dachten und die Dinge tatsächlich erledigen konnten.
Es hatte schon früher Sheriffs gegeben, die späterhin zum Bürgermeister gewählt
worden waren. Sie fand, Juliette wäre irgendwann bestimmt eine gute Wahl.
    Und außerdem hatte
die Reise ihre eigenen Ambitionen befeuert. Sie war aufgeregt wegen der
bevorstehenden Wahl, auch wenn es keine Gegenkandidaten gab, und hatte sich
beim Aufstieg schon ein Dutzend kleiner Reden überlegt. Sie sah jetzt, wie die
Dinge besser laufen würden, wie sie selbst ihre Pflichten besser erfüllen
konnte und sich der Silo mit neuem Leben füllen ließ.
    Aber die größte
Veränderung war das, was sich zwischen ihr und Marnes entwickelt hatte. In den
letzten Stunden war ihr der Verdacht gekommen, dass Marnes sich womöglich
ihretwegen nie hatte befördern lassen. Als Deputy war noch genügend Raum
zwischen ihnen, um seine Hoffnung aufrechtzuerhalten. Als Sheriff wäre das nicht
mehr möglich gewesen. Es hätte zu viele Interessenkonflikte gegeben, sie wäre
zu sehr seine direkte Vorgesetzte gewesen. Diese Theorie war unglaublich
traurig und zugleich unglaublich romantisch. Sie drückte

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