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Silo: Roman (German Edition)

Silo: Roman (German Edition)

Titel: Silo: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Howey
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hielt
sie fest. Sie blickte ihn an.
    »Die Menschen wollen
Kontinuität. Sie wollen die Gewissheit, dass morgen alles noch so sein wird wie
heute. Sie wollen Sicherheit. Nun, nach der Reinigung und den diversen
Verlusten, hat die Stimmung natürlich ein bisschen gelitten.« Bernard deutete
auf die Ordner und die Stapel aus Textilpapier, die von Juliettes auf Marnes’
Schreibtisch gerutscht waren. Der junge Mann ihr gegenüber schien den Berg
misstrauisch zu beäugen, als könnten noch weitere Akten zu ihm herüberkippen,
die er dann würde bearbeiten müssen. »Deshalb werde ich eine Amnestie ausrufen.
Nicht nur um die Moral des ganzen Silos zu heben, sondern auch um euch beide zu
entlasten, um reinen Tisch zu machen, damit ihr nicht in Arbeit erstickt,
solange ihr euch gemeinsam einarbeitet.«
    »Reinen Tisch machen?«,
fragte Juliette.
    »Genau. Diese ganzen
Trunkenheitsdelikte. Was ist das da?« Er nahm einen Ordner und las den Namen
auf dem Etikett. »Oh, was hat Pickens denn nun schon wieder angestellt?«
    »Er hat die Ratte
seines Nachbarn gegessen«, sagte Juliette. »Ein Haustier.«
    Peter Billings
kicherte. Juliette sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an – warum kam ihr
sein Name so bekannt vor? Dann fiel es ihr ein. Sie erinnerte sich, dass in
einer der Akten ein Memo mit seiner Unterschrift abgeheftet gewesen war. Dieser
Junge, fast noch ein Kind, war der Schatten eines Richters gewesen. Sie konnte
sich das nur schwer vorstellen, wo sie ihn nun vor sich sah. Er wirkte eher wie
ein IT-ler.
    »Ich dachte, Ratten
als Haustiere zu halten sei verboten«, sagte Bernard.
    »Ist es auch.
Pickens ist der Kläger. Es ist eine Gegenklage als Revanche erhoben worden …«,
sie ging die Akten durch, »für das hier.«
    »Lassen Sie mal
sehen.« Bernard nahm die Akte, schob sie in den Ordner, den er bereits in der
Hand hielt, und warf beide in den Recyclingpapierkorb – alle sorgfältig
abgehefteten Blätter und Notizen fielen heraus und landeten in einem wilden
Durcheinander auf den anderen Papierfetzen, die wiederverwertet werden sollten.
    »Vergeben und
vergessen!« Bernard rieb sich die Hände. »Das wird mein Wahlkampfmotto. Genau,
was die Leute jetzt brauchen. Wir müssen einen Neuanfang wagen, müssen die
chaotische Vergangenheit vergessen und in die Zukunft blicken.« Er schlug
Juliette auf den Rücken, nickte Billings zu und eilte zur Tür.
    »Wahlkampfmotto?«
Juliette war nicht entgangen, dass in einem der Fälle, die er für die Amnestie
vorgeschlagen hatte, er der Hauptverdächtige war.
    »O ja!« Bernard
hielt sich am Türpfosten fest und drehte sich zu ihr um. »Nach langer
Überlegung bin ich zu dem Schluss gekommen, dass für diesen Posten niemand
besser geeignet ist als ich selbst. Ich sehe kein Problem darin, meinen
Pflichten in der IT-Abteilung weiter
nachzukommen und gleichzeitig das Amt des Mayors auszuüben. Ich bin ja
praktisch schon Mayor.« Er zwinkerte. »Kontinuität und Verlässlichkeit, wissen
Sie!« Und weg war er.
    * * *
    Den
Rest des Nachmittags – und weit über das hinaus, was Peter Billings als
»normale Arbeitszeit« bezeichnet hätte – verbrachte Juliette damit, ihren neuen
Kollegen auf den aktuellen Stand zu bringen. Sie brauchte vor allem jemanden,
der die Beschwerden aufnahm und das Funkgerät bediente. Darin hatte Holstons
Arbeit bestanden – sich bei jeder Störung in den oberen achtundvierzig
Stockwerken vor Ort zu begeben. Marnes hatte gehofft, dass Juliette mit ihren
jüngeren Beinen diese Aufgabe übernehmen würde. Er war außerdem der Meinung
gewesen, dass eine hübsche Frau »dem Gemeinschaftssinn im Silo« guttat.
Juliette hatte ihm jedoch kein Wort geglaubt, sie vermutete, dass er sie aus
dem Weg haben wollte, um sich in Ruhe seiner Akte und seiner Trauer widmen zu
können. Und dieses Bedürfnis konnte sie inzwischen gut nachvollziehen. Als sie
Peter nach Hause geschickt hatte, mit einer Liste aller Bewohner und Händler,
die er am nächsten Tag aufsuchen sollte, fand sie endlich die Zeit, sich an
ihren Computer zu setzen und die Suchergebnisse der vergangenen Nacht
anzusehen.
    Und die waren
interessant. Nicht so sehr die Namen, auf die sie gehofft hatte, sondern vor
allem einige große Datenblöcke mit offenbar codiertem Text – ein Kuddelmuddel
aus merkwürdigen Zeichen, Markierungen und einzelnen Wörtern, die sie zwar
kannte, die aber in diesem Zusammenhang keinen Sinn ergaben. Die Abschnitte
zogen sich durch sämtliche Textdateien auf Holstons

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