Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Silo: Roman (German Edition)

Silo: Roman (German Edition)

Titel: Silo: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Howey
Vom Netzwerk:
dass sie einfach jeden so weit wie möglich von sich
weghaben wollen, der auch nur einen Hauch von technischem Verstand hat. Es gibt
ganz offensichtlich zwei Versorgungsketten, zwei verschiedene Ersatzteilproduktionen – alles klammheimlich. Und wer traut sich schon, zu hinterfragen, was im Silo
vor sich geht? Wer würde riskieren, dafür zur Reinigung verurteilt zu werden?«
    »Glaubst du, sie
haben Scottie umgebracht?«
    Juliette schüttelte
den Kopf. »Ich glaube, es ist noch wesentlich schlimmer, Walk.« Sie beugte sich
zu ihm vor, der Kompressor ratterte, das Zischen der ausströmenden Luft
erfüllte den Raum. »Ich glaube, sie bringen uns alle um!«

28. KAPITEL
    Um
sechs Uhr meldete sich Juliette zur ersten Schicht. Das Gespräch mit Walker
ging ihr immer wieder durch den Kopf. Als sie das Verwaltungsbüro betrat, gab
es von den fünf, sechs anwesenden Technikern anhaltenden Applaus, der sie
verlegen machte. Knox blickte lediglich aus seiner Ecke herüber, grimmig wie
immer. Er hatte sie bereits willkommen geheißen und würde einen Teufel tun, es
noch einmal zu wiederholen.
    Sie begrüßte alle,
denen sie am Abend zuvor noch nicht begegnet war, und sah dann auf der Tafel
nach, was es zu tun gab. Die Wörter auf dem Arbeitsplan ergaben Sinn, aber
Juliette brauchte eine Weile, um sie zu verarbeiten. Sie dachte ununterbrochen
an Scottie, sie hatte vor Augen, wie er panisch um sein Leben kämpfte, während
eine größere Person – oder mehrere Personen – ihn zu Tode würgte. Sie dachte an
seinen kleinen Körper, an dem sich vermutlich allerlei Beweisspuren hätten
sicherstellen lassen, wäre er nicht ohnehin bald als Dünger zwischen den
Tomatenpflanzen vergraben worden. Sie dachte an Holston und Allison, die
niemals eine Chance gehabt hatten, über diese Hügel zu kommen und hinter den
Horizont zu blicken.
    Sie suchte sich auf
der Tafel eine Aufgabe aus, die wenig geistige Anstrengung erforderte. Sie
dachte an Jahns und Marnes, an deren tragische Liebe – sofern sie Marnes’
Verhalten richtig interpretiert hatte. Die Versuchung, ihr Wissen in den ganzen
Raum hinauszuschreien, war immens. Sie sah sich um, da waren Megan und Ricks,
Jenkins und Marck – vielleicht könnten sie eine kleine verschworene
Gemeinschaft bilden. Der Silo war verdorben bis ins Mark. Der schlimmste
Übeltäter von allen hatte sich selbst als Mayor eingesetzt, eine Marionette
hatte den Posten des ehemaligen Sheriffs übernommen, die besten Leute waren
tot.
    Es war eine komische
Vorstellung: wie Juliette eine Gruppe von Männern und Frauen aus der Mechanik
um sich scharen und die oberen Stockwerke stürmen würde, um Gerechtigkeit zu
fordern. Und dann? Wäre das ein Aufstand wie der, von dem sie als Kinder gehört
hatten? Hatte es auch damals so begonnen? Eine leichtsinnige Frau, die ein paar
Dummköpfe zum Kampf anstachelte?
    Sie hielt den Mund
und ging zur Pumpenhalle, sie ließ sich im Strom der Mechaniker treiben. Sie
ging eine der Nebentreppen hinunter, holte sich in der Werkzeugausgabe einen
Kasten und schleppte ihn in eines der Gewölbe, wo ununterbrochen die Pumpen
liefen, damit der untere Teil des Silos sich nicht halb mit Wasser füllte.
    Caryl, eine Aushilfe
aus der dritten Schicht, kniete neben dem Auffangbecken und war dabei, den
bröckelnden Beton zu flicken. Sie winkte mit ihrer Kelle, Juliette nickte und
zwang sich zu einem Lächeln.
    Die defekte Pumpe
lehnte untätig an einer Wand, die Ersatzpumpe daneben gab ihr Bestes. Überall
spritzte das Wasser aus den verhärteten und gebrochenen Dichtungen. Juliette
blickte ins Becken und schätzte den Pegelstand ab. Oberhalb der trüben
Oberfläche war gerade noch eine aufgemalte 9 zu erkennen – das Wasser stand
neun Fuß, also fast zwei Meter hoch. Juliette kannte den Durchmesser des
Beckens und überschlug im Kopf, dass sie noch mindestens einen Tag Zeit haben
würden, bevor sie nasse Füße bekamen. Schlimmstenfalls müssten sie aus alten
Teilen eine neue Pumpe bauen und sich dann mit Hendricks herumschlagen, der mit
Sicherheit schimpfen würde, weil sie die Pumpe ausgemustert und nicht noch
einmal repariert hatten.
    Sie begann, die
kaputte Pumpe auseinanderzumontieren, und dachte dabei – unter dem Eindruck des
morgendlichen Gesprächs mit Walker – weiter über ihr Leben nach. Für sie war
der Silo stets eine Konstante gewesen. Die Priester sagten, er sei schon immer
da gewesen, der Silo sei fürsorglich vom lieben Gott erschaffen worden, und für
alles, was sie

Weitere Kostenlose Bücher