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Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)

Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Sils Maria: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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die weiße Lederliege und schlief, nachdem Britta ihn verlassen hatte, sofort ein. Wie lange er traumlos vor sich hin döste, konnte er nach dem Aufwachen nicht sagen. Es muss aber eine ganze Weile gewesen sein. Die Akupunktur und das Shiatsu waren auf jeden Fall vorbei. Oder hatten erst gar nicht stattgefunden.
    »Sollen wir mal was zusammen machen?«, fragte ihn Marlies, als sie gemeinsam auf der Terrasse der Klinik in dicke Decken gemümmelt saßen und den Mittagstrunk zu sich nahmen.
    »Heute Nachmittag vielleicht? Wandern, angeln, Ski laufen?« Es klang wie ein Versprechen und eine Erwartung in einem.
    »Geht leider nicht.«
    »Warum nicht?« Nun hörte es sich eher trotzig an.
    »Ich muss …«
    »Hat nicht der Doktor Wehrli gesagt, Sie sollen loslassen vom Alltag?« Marlies wirkte jetzt wie der verlängerte Arm des Doktors. Sie legte ihre schmale Hand auf Ploteks. Es fühlte sich gut an.
    So eine schöne, feingliedrige Hand und so ein robuster Körper, dachte Plotek, wie geht das bloß zusammen?
    »Also vergessen Sie das Müssen …« Marlies zog die Hand wieder zurück, als wäre sie nicht bereit, diese Diskrepanz aufzuklären.
    »Schon, aber …«
    Marlies ließ ihn nicht ausreden. »Wir könnten uns auch das Nietzschehaus ansehen. Da gibt es nachmittags eine Führung.«
    »Ich muss ins Hotel Zentral . Freunde wohnen da. Und wir müssen …«
    »Müssen, müssen, müssen …«, äffte sie ihn nach. Was Plotek gar nicht behagte. Das schien auch Marlies aufzufallen. Sie lachte, um die Bloßstellung einen Tick abzuschwächen.
    »Schade.«
    »Hmm.«
    Kaum war Plotek wieder auf der Straße, sah er Marlies, die die Dorfstraße entlangschlenderte und direkt auf das Hotel zukam. Womöglich auf dem Weg zum Nietzschehaus. Verdammt, dachte er und: Der will ich jetzt auf keinen Fall begegnen. Bog er einfach in die entgegengesetzte Richtung ab. Er marschierte mit schnellen Schritten los, ließ die Bar Cetto in der Nähe des Dorfplatzes rechts liegen, passierte die Baustelle am Hotel Edelrose , auf der emsig und lautstark gewerkelt wurde, und ging schließlich am Nietzschehaus vorbei. Als er mit einem Blick nach hinten feststellte, dass Marlies zwar immer kleiner wurde, aber trotzdem noch in Sichtweite war, beschleunigte er seine Schritte erneut und befand sich nicht viel später am Rand von Sils Maria auf der Straße hoch Richtung Hotel Waldhaus . Beim wiederholten Blick zurück konnte er Marlies erkennen, die noch weiter abgeschlagen war, aber eindeutig denselben Weg nahm wie er. Also doch nicht Nietzschehaus.
    »Mist!«
    Er hechelte den Berg hoch. Als er das Waldhaus passiert hatte, konnte er plötzlich keine fünfzig Meter von sich entfernt eine Person erkennen, die ebenfalls mit strammem Schritt unterwegs war. Wo will die denn so schnell hin?, dachte Plotek und legte ein weiteres Mal einen Zahn zu. Einerseits wegen der molligen Marlies im Nacken. Andererseits wegen der Neugierde. Eine Kombination, die schon manchem den Kragen gekostet hatte.
    Nach der nächsten Wegbiegung war die Person verschwunden. Die Spuren waren hingegen noch da. Nicht nur von einer, sondern jetzt sogar von zwei Personen. Das waren vier Fußabdrücke, die nach der Biegung die Straße verließen und einen kaum fünfzig Zentimeter breiten Trampelpfad Richtung Fextal betraten. Plotek dachte nicht lange nach und verließ ebenfalls die Straße.
    Er folgte den Spuren durch den immer dichter werdenden schneebedeckten Wald, bis auf einer winzigen Lichtung etwas abseits eine kleine Hütte aus Holz auftauchte. Es war eine aus groben Brettern und Balken zusammengebaute Futterhütte, die inmitten der Bäume und unter all dem Schnee bestens getarnt war. Die Fußabdrücke steuerten direkt auf die Hütte zu, und da endeten sie dann auch erwartungsgemäß. Plotek warf einen Blick zurück. Marlies war nicht zu sehen.
    Glück gehabt!, dachte er und hörte auf einmal Geräusch e. Tierische Geräusche. Er sah an der Rückseite der Hütte durch die fingerbreiten Fugen zwischen den grob angebrachten Brettern in das Innere. Zuerst erkannte er im schummrigen Tageslicht nur Heuballen und einen großen hölzernen Futtertrog. Dann sah er dahinter etwas, das ihm den Atem verschlug. Er dachte an Sinnestäuschungen, kniff die Augen zusammen und wischte sich mit der Hand über das Gesicht. Ob die Vision der bereits dreitägigen Fastenkur und der dadurch gesteigerten Sensibilisierung geschuldet war oder dem Nahrungsmittelverzicht und den daraus resultierenden

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