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Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)

Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Sils Maria: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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halbes Leben, sondern auch Welten. Dabei sah er in seinem dunklen Anzug gar nicht schlecht aus. Aber neben so einer Frau kann man nur verlieren, zumindest was das Äußerliche betrifft. Neben einem roten Engel wirkt jeder Mensch farblos und beschränkt. Das schien auch Dr. Wehrli zu wissen. Er fühlte sich sichtlich unwohl und machte den Eindruck, als wollte er sich lieber jetzt als nachher wieder in seine Privatklinik zurückziehen.
    Die Einzigen, die aus der mondänen Hochzeitsgesellschaft herausragten, wie zwei verschlissene, ausgebleichte Fahnen an einem Mast auf einem Campingplatz irgendwo am Arsch der Welt, waren Plotek und Vinzi. Sie bildeten in ihren abgetragenen Klamotten einen klaren Gegenpol. Durchaus auch polarisierend. Soll heißen: das Yin zum Yang quasi. Der Spritzer Hölle für den Himmel. Der Dreckbatzen auf dem weißen Laken. Bedeutet: von Natur aus Opposition. Das war den beiden aber gar nicht so unrecht. Obgleich ihr Erscheinungsbild einige skeptische Blicke nach sich zog. Was haben denn diese heruntergekommenen Typen hier zu suchen?, mochte sich der eine oder andere herausgeputzte Hochzeitsgast fragen. Ohne eine befriedigende Antwort parat zu haben. Erst nachdem Agatha die beiden überschwänglich begrüßte und mit Küssen auf die Wangen bombardierte, dass rote Münder darauf zurückblieben, schien zwar die Skepsis nicht dahin, die Verwunderung aber umso größer.
    Plotek und Vinzi genossen das Pariadasein. In einer Welt, in der die Normalität und Konformität das Maß aller Dinge ist, kann ein Hauch Verrücktheit befreiend sein. Sie setzten sich auf die beiden reservierten Plätze in der Kirchenbank und sahen entspannt der feierlichen Trauung zu, als wäre der Altar ein Fernseher und der Pfarrer der Moderator im Kampf um Quoten. Nur das Weißbier und die Chips fehlten. Während der Pfarrer vom Bund der Ehe und der lebenslangen Treue schwadronierte, von den guten wie schlechten Tagen sprach, gähnte Vinzi herzhaft und rang mit dem Schlaf. So wie man eben immer gerne vorm Fernseher mit sich ringt. Vor Ploteks Augen hingegen flimmerte es seltsam, als blitzten über dem Altar Sterne im Takt des monotonen Hochwürdensounds. Womöglich war das aber eine der Folgen seiner nun schon seit einer Woche andauernden Fastenkur. Während Vinzi den Kampf verlor und leise vor sich hin röchelte, warf der Pfarrer mit den Trausprüchen um sich wie mit Falschgeld.
    »Gott hat seinen Engeln befohlen, dich zu beschützen, wohin du auch gehst. Psalm 91, Vers 11«, sagte er mit balsamierter Stimme an das Brautpaar gewandt.
    Ob Gott da die Selina Wehrli meint?, dachte Plotek und warf einen Blick zur Frau des Doktors. Die schmunzelte, als fühlte sie sich tatsächlich vom Pfarrer angesprochen.
    »Wer im Geringsten treu ist, ist auch im Großen treu. Lukas 16,10.«
    Na ja, da wäre ich mir aber nicht so sicher, kam Plotek in den Sinn, und auch Selina schien nicht ganz davon überzeugt zu sein und kräuselte nun die Stirn.
    Der Pfarrer kam hinter der Kanzel vor, trat zu den beiden Eheleuten, die jetzt auf der Bank vor dem Altar knieten, und richtete das Wort direkt an sie.
    »Mit diesen Worten bezeugt die Heilige Schrift, dass die Ehe eine gute Gabe Gottes ist. Auch eure Ehe will Gott schützen und segnen. So frage ich euch vor Gott und dieser Gemeinde: Beat, willst du Agathe …«
    Die heißt doch Agatha , stutzte Plotek und sah Vinzi an, der aber noch immer die Augen geschlossen hatte und jetzt laut vor sich hin schnaufte.
    »… die Gott dir anvertraut, als deine Ehefrau lieben und ehren und die Ehe mit ihr nach Gottes Gebot und Verheißung führen in guten und in bösen Tagen, bis der Tod euch scheidet, so antworte: Ja, mit Gottes Hilfe.«
    Beat zögerte und sah Agatha an. Möglicherweise dachte auch er jetzt, dass er im Begriff war, der falschen Frau das Versprechen zu geben. Oder zumindest einer Frau mit falschem Namen. Dann sagte er aber doch noch: »Ja, mit Gottes Hilfe.«
    Agatha schien erleichtert. Der Pfarrer erhob wieder das Wort und richtete sich an die Braut.
    »Ebenso frage ich dich, Agathe …«
    »Agatha!«, ging Agatha dazwischen.
    Der Pfarrer verharrte und warf einen irritierten Blick in sein Messbuch, als wäre es das Standardwerk der Onomastik, in dem sich nicht nur allerhand Tricks für die Namensforschung befanden, sondern auch der Stammbaum der Braut. Anschließend sah er wieder Agatha an. Die nickte entschlossen, sodass der Pfarrer die Trauung fortsetzen konnte.
    »Agatha, willst du Beat, den

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