Silver Dragons 02 - Viel Rauch um Nichts-neu-ok-26.12.11
überzeugen, dass es noch sicher war.
»Benutz es nur, wenn...«
Eine
weitere Explosion brachte den Saal zum Erbeben, und die Dunkelheit wurde von
Feuer erleuchtet. Gabriel und Tipene verschwanden im Getümmel, und nur noch
Maata blieb bei mir.
»Du brauchst mich nicht zu beschützen«, flüsterte
ich. Der Rauch um uns herum nahm mir die Luft, und ich musste husten.
»Geh und hilf Gabriel.«
»Kannst du etwas sehen?«, fragte sie mich. Sie
hustete ebenfalls.
Im
Saal herrschte das blanke Chaos - es war unmöglich zu erkennen, was vor sich
ging, und man bekam kaum Luft. Vier Männer standen in der Tür und richteten
ihre Maschinengewehre auf die Menge. Neben der Tür lagen umgestürzte Stühle,
und ab und zu kroch jemand vorbei. Gelegentlich hörte man Schreie und Flüche,
wenn jemand getroffen wurde, aber ansonsten konnte ich nichts erkennen.
»Ich gehe in die Schattenwelt«, flüsterte ich Maata
zu. »Geh du zu Gabriel. Ich passe schon auf das Phylakterium auf.«
Sie
sagte nichts, als ich in die Sicherheit der Schattenwelt schlüpfte, diese
leicht abgeänderte Version unserer Realität.
Die Dinge sehen in der Schattenwelt immer ein
bisschen anders aus, und in dem Augenblick, als ich aufstand, sah ich etwas,
das meinen Augen in unserer Welt verborgen geblieben war – hinter den vier
Männern, die in den Saal hinein schossen, ging ein weiterer Mann auf und ab -
ein großer Mann in einem langen, schwarzen Mantel. Eine blaue Aura der Macht
umgab ihn, wie ich es noch nie zuvor gesehen hatte.
Der
Rauch beeinträchtigte immer noch meine Sicht, aber ich konnte trotzdem alles
viel besser erkennen. Ich ging auf den Mann zu, um ihn mir genauer anzusehen.
Gewehrkugeln oder andere körperliche Angriffe konnten mir nichts anhaben. Ich
ging an Gabriel, Drake und Kostya vorbei, die die Köpfe zusammensteckten. Drake
gab ihnen Befehle. Sie trennten sich, jeder Wyvern nahm eine Gruppe von Drachen
mit, und sie schlichen an der Wand entlang, auf die Männer an der Tür zu. Bao
und Bastian bewegten sich an der anderen Seite des Saals entlang. Offenbar
verfolgten sie einen ähnlichen Plan.
Ich ging mitten durch den Saal, um den Mann, der
hinter den Schützen hin und her ging, besser sehen zu können. Zwei Drachen
schleppten einen anderen, der mitleiderregend stöhnte, auf die Seite. Ich
zögerte und überlegte kurz, ob ich helfen sollte, aber ein Schrei aus einer
anderen Gruppe von Drachen, die auf die Tür zurannten, lenkte mich ab. Der Mann
blieb stehen und spähte in den Raum, aber er achtete nicht auf die
Drachengruppe. Ich machte einen Schritt nach vorne und fuhr erschrocken
zusammen, als sein Blick auf mich fiel. Er wandte sich mir zu, und ich sah sein
Gesicht: Hohe Wangenknochen und tiefliegende schwarze Augen verliehen ihm ein
leicht slawisches Aussehen. Auch seine Haare waren dunkel und aus der hohen
Stirn zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden.
Ich taumelte, erschrocken darüber, dass er mich in
der Schattenwelt sehen konnte. Er war ein Drache, da war ich mir sicher, und
Drachen konnten eigentlich die Schattenwelt nicht betreten. Gabriel war eine
Ausnahme, weil seine Mutter Schamanin war, aber ich hatte noch nie von einem
anderen Drachen gehört, der in die Schattenwelt hineinsehen, geschweige denn
eintreten konnte. Und doch kam er auf mich zu und schlüpfte so leicht in meine
Welt, als sei er dazu bestimmt.
Ich wich zurück und griff nach meinem Dolch. Ganz
schwach hörte ich Gabriel meinen Namen rufen. Angst stieg in mir auf, als der
Mann immer näher kam. Rasch blickte ich mich nach einem Fluchtweg um, da ich
nicht mit ihm kämpfen wollte, solange ich nicht wusste, wer er war. Plötzlich
blieb er stehen und zog zischend die Luft ein. Mit zusammengekniffenen Augen
betrachtete er das Medaillon, das über meiner Bluse hing.
»Das Lindwurm-Phylakterium«, sagte er und streckte
langsam die Hand aus, als wolle er es ergreifen. Ich taumelte zurück, stolperte
über einen Tisch und einen Drachen, der stöhnend auf dem Boden lag. Das
Platinmedaillon hielt ich so fest in der Hand, dass es mir in die Haut schnitt.
Zu meinem Entsetzen wollte es jedoch nicht festgehalten werden. Es schlüpfte
aus meiner Hand und strebte von meinem Oberkörper weg, sodass die Kette
schmerzhaft gespannt war. Erneut griff ich danach, wobei ich beide Hände zu
Hilfe nahm, um es wieder zurückzuziehen.
Der
Mann knurrte etwas.
»Mayling!«, schrie Gabriel. Seine Stimme drang nur
schwach in die Schattenwelt, als ob er in weiter Ferne wäre. In
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