Silver - Erbe der Nacht (German Edition)
geringste Zweifel. »Geh aus dem Pub und nimm die erste Gasse rechts. Sie ist nicht weit entfernt, auf der Weide.«
Gareth schnaubte. »Woher weißt du das?«
»Ich bin gleich dort …«
Sie brach die Kommunikation ab, bevor er etwas erwidern konnte. Sie sah seine gerunzelte Stirn vor sich, aber sie war sicher, dass er bereits aus dem Manaros gestürzt war.
Wir werden sie retten, Gareth. Das schwöre ich.
D er Ruf der MACHT hatte Rhys’ Aufmerksamkeit geweckt und ihn bis zu den Weiden hinter dem Haus der Chiplins geführt. Der Ruf war intensiv und in jedem Windhauch wahrnehmbar.
Das kaum hörbare Geräusch eines Fensters, das geöffnet wurde, ließ ihn nach oben zum Dach hinaufblicken.
Was du da vorhast, ist sehr gewagt … , dachte er, als er Winters Gestalt sah, die sich geschmeidig an den Dachziegeln hochzog.
Er folgte ihren geräuschlosen Bewegungen, während sie an der Dachrinne entlangglitt. Sicher, rasch, bis sie den Rand erreichte.
Sie ließ sich zu Boden fallen, ging in die Hocke, um den Aufprall zu dämpfen, erhob sich dann und sah genau in seine Richtung.
Rhys wartete, bis sie über den Zaun gesprungen war und bei ihm ankam, dann trat er an ihre Seite.
Eleri ist in Gefahr , teilte sie ihm wortlos mit.
Der Junge wusste, dass eine Jagd im Gange war, doch es interessierte ihn nicht.
Nichts interessierte ihn, außer Winter.
Ich folge dir .
Sogar in dem Moment war es schwierig zu unterscheiden, wem von ihnen beiden ein Gedanke gehörte.
Sie liefen immer schneller, durch Winter kannte auch er die Richtung.
Sie kürzten den Weg ab, indem sie quer über die Weide rannten, ohne auch nur einmal innezuhalten, während Rhys in der Dunkelheit nach weiteren Vampiren Ausschau hielt. Das hohe Gras behinderte sie kaum.
Das Adrenalin verlieh Winter eine noch nie gekannte Kraft.
Sie überwanden die Einzäunungen der verschiedenen Grundstücke und steuerten auf eine Baumreihe zu.
Die Straße, neben der sie herliefen, war ein weißer Strich.
Eleri …
Als ihr Traum abgebrochen war, befand Eleri sich auf der Wiese vor ihnen. Winter verlangsamte ihre Schritte, blieb stehen und sah sich beunruhigt um.
Kannst du sie sehen?
Rhys antwortete nicht.
Ein kalter Wind war aufgezogen, der für einen Augenblick jede Duftspur verwischte. Dann trug ein erneuter Windhauch den Geruch von Blut zu ihnen.
El!
Winter rannte los.
Eleri lag noch auf der Erde, aber es war ihr gelungen, zu einem dichten Strauch zu kriechen. Sie blutete immer noch, aber längst nicht mehr so stark. Sie hoffte, dass der heftige Wind, der aufgekommen war, rasch die Spuren verwischen würde.
Ihre Haut spannte an den Fingern, wo das Blut zu trocknen begann, als wären sie mit einem Schnellkleber in Kontakt gekommen.
Sie hielt die Hand weiter fest auf ihren Hals gedrückt und wartete, dass der pulsierende Schmerz der Wunde schwächer würde, während die Tränen über ihr Gesicht liefen.
Sie wusste nicht mehr, ob es Tränen der Angst, des Schmerzes oder der Wut waren. Sie wusste nur, dass sie unaufhaltsam waren.
Es war so verdammt dumm von ihr gewesen, in Richtung Weide zu laufen.
Kopf hoch, es wird alles gut werden, El , versuchte sie sich Mut zu machen. Du musst versuchen aufzustehen.
Als sie sich auf die Seite drehte, wurde sie von Schwindel gepackt.
Sie hatte den Eindruck, ihr Hirn rutsche seitlich weg, statt an seinem fest bestimmten Platz zu bleiben.
Los jetzt , befahl sie sich. Willst du hier liegen bleiben, bis sie zurückkommt?
Doch sie musste frustriert einsehen, dass sie keine Kraft hatte, sich zu bewegen. In ihren Ohren wummerte es und vor ihren Augen tanzten helle Punkte.
Als eine Stimme sie von Weitem rief, schrie sie auf.
»Eleri …«
Winter kam ganz langsam auf sie zu und wiederholte dabei immer wieder den Namen der Freundin, um sich erkennbar zu machen. Es war viel zu dunkel, als dass sie sie hätte sehen können.
»Wie geht es dir, El?«
Eleri wandte das Gesicht in ihre Richtung, sie zitterte. Die Stimme hatte einen so süßen Klang, doch sie war derjenigen der Vampirin, die sie angegriffen hatte, so ähnlich, dass sie fürchtete, erneut verwirrt zu werden.
»Hau ab!«
»El … Ich bin’s, Winter.«
Eleri kniff die Augen zusammen, um die Gestalt deutlicher zu sehen, und überlegte fieberhaft.
War es möglich?
Winter war nicht ins Manaros gekommen.
Gareth hatte gesagt, dass es ihr nicht gut gehe … Es konnte nicht Winter sein.
»El, gleich wird auch dein Bruder hier sein. Ich bin’s wirklich, ich
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