Silver - Erbe der Nacht (German Edition)
die sie mit ihrer Barriere errichtet hatte.
»Erstaunlich! Du bist noch immer in der Lage zu widerstehen«, bemerkte er ruhig, aber mit einer gewissen Verblüffung, »obwohl ich dafür gesorgt habe, dass du heute Abend schwach und verwirrt bist.«
Bevor er fortfuhr, warf er ihr einen schiefen Blick zu.
»Weißt du, das Erbe deines Vaters in dir ist sehr stark. Du bist ihm viel ähnlicher, als du denkst. Vielleicht hast du sogar mehr von deinem Vater als von Elaine.«
Winter riss die Augen auf, doch dann wurde ihr Gesichtsausdruck hart, undurchdringlich. »Du lügst.«
Dougall hob die Augenbrauen. »Wenn du meinst …«
Er trank einen weiteren Schluck, schloss dabei genussvoll die Augen, und ein Schauer lief Winter über den Rücken. Sie rückte energisch den Stuhl weg und wollte gehen.
»Du überzeugst mich nicht, Doug. Nicht einmal, wenn du über meine Eltern sprichst … Ich bin nicht wie sie!«
Der Mann seufzte. »Einverstanden, Winter. Vielleicht hast du recht.«
Es war nutzlos, sie weiter zu provozieren. Er entspannte sein Gesicht und betrachtete die Flamme der Kerze vor ihm. Die Zugluft, die durch das Fenster eindrang, brachte sie sanft zum Tanzen.
»Und trotzdem kann ich deinen DURST wahrnehmen. Ich weiß, dass du ihn ebenfalls spürst und dass er dir Angst macht. Du brauchst dich nicht schuldig zu fühlen, und es ist unnötig, dich dagegen aufzulehnen. Stattdessen solltest du lernen, ihn zu kontrollieren.«
Der Blick des Mädchens ruhte weiterhin misstrauisch auf ihm.
Rhys’ Blut , dachte Winter.
Nur sein Blut begehrte sie, weil es den DURST in Liebe verwandelte, ihn süß machte statt monströs.
»Du musst das annehmen, was Teil von dir ist, Winter. Auch wenn es dich ängstigt, weil du immer dachtest, menschlich zu sein. Du fühlst dich wehrlos all dem gegenüber, doch nur der Mut, den Tatsachen ins Gesicht zu sehen, wird dich stark machen.«
Er hielt inne und für einen Augenblick füllten sich seine Augen mit Zärtlichkeit, als er endlich verstand.
»Ich glaube, ich habe begriffen: Niemand hat dir je erklärt, was du wissen solltest, niemand war an deiner Seite, als das Verlangen nach Blut in dir geweckt wurde, ist es so? Ist es das, was du erlebt hast?«
Winter ballte die Fäuste, die Fingernägel gruben sich in die Handflächen.
»Es tut mir leid, wie dein Leben bisher verlaufen ist. Wenn ich die Möglichkeit gehabt hätte, hätte ich dich nie dem Rat überlassen.«
»Sparen Sie sich das Süßholzraspeln!«
Dougall drückte sich die Finger an die Schläfen. Ihr wilder Zorn war nicht gegen ihn gerichtet, und dennoch war er nicht in der Lage, ihn zu besänftigen, solange sie es nicht selbst wollte. Er hoffte, die richtige Entscheidung gefällt zu haben.
»Es heißt zwar, die wahre Kraft liege in der Entschlossenheit, mit der man sein Wort hält, aber in gewissen Situationen ist das nur eine dumme Verbissenheit.«
Langsam streckte der Vampir die Hand aus, griff nach dem Kelch, der vor Winter stand, und zog ihn zu sich, um das Serum hineinzuschütten. Er hielt dabei immer den Blick auf Winter gerichtet, sogar während er Wasser eingoss, um das Pulver aufzulösen.
Schließlich schob er den Kelch wieder zu Winter hin.
»In gewissen Situationen besteht die wahre Kraft in der Fähigkeit, seine Meinung zu ändern und Veränderungen zu akzeptieren. Und ich glaube, dies ist so ein Moment.«
Winter presste noch immer die Fäuste zusammen, doch sie schaute ihm weiter in die Augen und weigerte sich, den Blick auf das volle Glas zu senken.
»Ich habe keinen Appetit«, wiederholte sie eisig.
Dougall erhob sich unvermittelt und ging in die Küche. Erstaunlich rasch war er wieder da.
Er hatte ein Stück Brot in der Hand und biss wütend hinein.
»Auch das kann meinen Körper am Leben erhalten, Mädchen, aber jetzt sprechen wir von etwas anderem.« Er wies auf die Ampulle mit dem Serum. »Es ist das Blut, das unsere Mächte entfaltet!«
Er griff nach dem Glas und leerte es in einem Zug.
Winter konnte sich nicht mehr zurückhalten.
»Welche Mächte? Wovon sprichst du? Ich schere mich einen Deut um eure verdammten Vampirmächte! Ich bin nicht in der Lage, eine Panzertür mit einem Fußtritt zu durchstoßen oder einen Gegenstand zu bewegen, ohne ihn zu berühren. Ich kann keine Machtgegenstände kreieren wie mein Vater, und es interessiert mich auch nicht! Ich will nur mein Leben zurückhaben, morgens aufwachen und mich um das College kümmern, oder mir den Kopf zerbrechen, was ich zum
Weitere Kostenlose Bücher