Silver Linings (German Edition)
quetscht seinen Körper zwischen andere Körper und zieht mich dann auch noch rein. Die Brust meines Bruders ist an meinem Rücken. Fremde drücken gegen meine Arme. Endlich gehen die Türen zu, und meine Nase berührt beinahe die Fensterscheibe.
Der Geruch nach Bier, der allen aus den Schweißdrüsen dringt, ist penetrant.
Ich mag es nicht, so viele fremde Leute so dicht auf der Pelle zu haben, aber ich sage nichts, und dann kommt auch schon die Haltestelle City Hall.
Nachdem wir ausgestiegen sind, gehen wir durch eine weitere Drehsperre, kommen oben im Stadtzentrum raus und gehen die Market Street runter, vorbei an alten Kaufhäusern und den neuen Hotels und dem Gallery-Einkaufszentrum.
«Möchtest du meine Wohnung sehen?», fragt Jake, als wir zur Station an der Eighth Ecke Market kommen, wo ich in den Zug steigen kann, der mich über die Ben Franklin Bridge nach Collingswood bringt.
Ich würde Jakes Wohnung wirklich gern sehen, aber ich bin müde und möchte schnell nach Hause, damit ich vor dem Schlafengehen noch ein bisschen Gewichte heben kann. Ich frage, ob ich sie mir ein anderes Mal ansehen kann.
«Klar», sagt er. «Schön, dass du wieder da bist, Bruderherz. Du warst heute ein echter Eagles-Fan.»
Ich nicke.
«Sag Dad, nächste Woche gegen San Fran machen unsere Jungs ihre Sache besser.»
Ich nicke wieder.
Mein Bruder überrascht mich, indem er mich mit beiden Armen an sich drückt und sagt: «Ich liebe dich, Kumpel. Danke, dass du mich auf dem Parkplatz verteidigt hast.»
Ich sage ihm, dass ich ihn auch liebe, und dann geht er weiter die Market Street hoch und singt aus vollem Halse «Fly, Eagles, fly.»
Ich gehe die Treppe hinunter, schiebe den Fünfer, den meine Mutter mir gegeben hat, in den Geldwechselautomaten, kaufe eine Fahrkarte, schiebe sie in die Drehsperre, steige weitere Treppen hinab, gelange auf den Bahnsteig und fange an, über den kleinen Jungen im Giants-Trikot nachzudenken. Wie heftig hat er wohl geweint, als er gemerkt hat, dass sein Vater niedergeschlagen worden war? Hat der Junge das Spiel überhaupt noch sehen können? Ein paar andere Männer in Eagles-Trikots sitzen auf den Chrombänken. Sie lächeln mich alle mitfühlend an, als sie mein Hank-Baskett-Shirt sehen. Ein Mann am hinteren Ende des Bahnsteigs schreit: «Diese gottverdammten Scheiß-Eagles!», und dann tritt er gegen einen metallenen Abfalleimer. Ein anderer, der neben mir steht, schüttelt den Kopf und flüstert: «Diese gottverdammten Scheiß-Eagles!»
Als die Bahn kommt, suche ich mir einen Platz direkt an der Tür, und während wir durch den abendlichen Himmel gleiten, den Delaware auf der Ben Franklin Bridge überqueren, betrachte ich die Skyline der City und muss wieder an den weinenden Jungen denken. Ich fühle mich ganz schrecklich, wenn ich an den kleinen Jungen denke.
In Collingswood steige ich aus, gehe den nicht überdachten Bahnsteig entlang und die Stufen hinunter, schiebe meine Karte in den Drehsperren-Automaten, und dann jogge ich nach Hause.
Meine Mutter sitzt im Wohnzimmer und trinkt Tee. «Wie geht’s Dad?», frage ich.
Sie schüttelt den Kopf und zeigt auf den Fernseher.
Der Bildschirm ist gesprungen und sieht aus wie ein Spinnennetz. «Was ist passiert?»
«Dein Vater hat den Bildschirm mit einer Leselampe zerdeppert.»
«Weil die Eagles verloren haben?»
«Genau genommen, nein. Das hat er schon gemacht, als die Giants am Ende des letzten Viertels den Ausgleich erzielt haben. Wie die Eagles das Spiel schließlich verloren haben, musste sich dein Vater am Fernseher im Schlafzimmer anschauen», sagt Mom. «Wie geht’s deinem Bruder?»
«Gut», sage ich. «Wo ist Dad?»
«In seinem Arbeitszimmer.»
«Oh.»
«Es tut mir leid, dass eure Mannschaft verloren hat», sagt Mom, aber ich weiß, das sagt sie nur, weil sie nett sein will.
«Nicht so schlimm», antworte ich, und dann gehe ich runter in den Keller, wo ich eine Stunde lang Gewichte stemme und versuche, den weinenden kleinen Giants-Fan zu vergessen, aber ich kriege den Jungen einfach nicht aus dem Kopf.
Aus irgendeinem Grund schlafe ich auf dem Teppich ein, der einen Teil des Kellerbodens bedeckt. In meinen Träumen kommt es wieder und wieder zu der Schlägerei, nur dass der Giants-Fan kein Kind mit zum Spiel gebracht hat, sondern Nikki, und auch sie trägt ein Giants-Trikot. Jedes Mal, wenn ich den großen Kerl k.o. schlage, drängt sich Nikki durch die Umstehenden, nimmt Steves Kopf in die Hände, küsst seine Stirn, und
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