Silver Linings (German Edition)
singt.
Nachdem man uns abgetastet hat, steigen wir die Treppe hoch, und unsere Tickets werden gescannt, und dann sind wir im Lincoln Financial Field. Überall Menschen – es ist wie ein Bienenstock voll grüner Bienen, und das Summen ist ohrenbetäubend. Auf dem Weg zu unserem Block müssen wir uns oft seitlich zwischen Leuten hindurchquetschen. Ich folge Jake, habe Angst, dass wir getrennt werden, weil ich mich dann ganz sicher verlaufen würde.
Wir gehen auf die Herrentoilette, und Jake bringt wieder alle, die da sind, dazu, den Eagles-Schlachtgesang zu singen. Die Schlangen vor den Urinalen sind lang, und ich wundere mich, dass keiner in die Waschbecken pinkelt, denn im Vet – zumindest oben im 700er-Block – wurden alle Waschbecken als zusätzliche Urinale genutzt.
Als wir schließlich zu unseren Sitzplätzen kommen, sind wir auf Höhe der Endzone und nur etwa zwanzig Reihen vom Spielfeld entfernt.
«Wie hast du denn so tolle Plätze bekommen?», frage ich Jake.
«Gute Beziehungen», antwortet er und lächelt stolz.
Scott ist schon auf seinem Platz, und er gratuliert mir zum Kampf: «Du hast diesen Wichser von Giants-Fan echt k.o. geschlagen!», und schon wieder fühle ich mich schrecklich.
Jake und Scott begrüßen praktisch jeden im Block mit High Five, und da die anderen Fans Scott und meinen Bruder mit Namen kennen, wird klar, dass sie hier ziemlich bekannt sind.
Als der Bierverkäufer vorbeikommt, spendiert Scott eine Runde, und ich staune, als ich einen Becherhalter an dem Sitz vor mir sehe. So einen Luxus gab’s nicht im alten Vet.
Kurz bevor die Namen der Eagles-Spieler ausgerufen werden, laufen auf den riesigen Anzeigen an beiden Enden des Spielfeldes Clips aus den Rocky-Filmen – wie Rocky durch den alten Navy Yard läuft, Rinderhälften im Kühlhaus mit Fäusten traktiert, die Treppe zum Kunstmuseum hochläuft –, und Jake und Scott sagen andauernd: «Das bist du. Das bist du», bis ich schon fürchte, irgendwer wird sie hören und schnallen, dass ich den Giants-Fan auf dem Parkplatz niedergeschlagen habe, und der Polizei sagen, sie soll mich zurück an den schlimmen Ort bringen.
Als die Startaufstellung der Eagles verkündet wird, gibt’s ein Feuerwerk, Cheerleader strampeln, und alle stehen auf, und Jake hämmert mir begeistert auf den Rücken, und Fremde geben mir High Fives, und plötzlich denke ich nicht mehr an meinen Kampf auf dem Parkplatz. Ich denke auf einmal an meinen Dad, wie er sich das Spiel in unserem Wohnzimmer ansieht – meine Mutter ihm Chicken Wings und Pizza und Bier bringt und hofft, dass die Eagles gewinnen, nur damit ihr Mann eine Woche lang guter Stimmung ist. Wieder frage ich mich, ob mein Dad von nun an abends mit mir reden wird, falls die Eagles heute siegen, und auf einmal ist Kick-off, und ich feuere mein Team an, als ginge es bei diesem Spiel für mich um Leben und Tod.
Die Giants machen die ersten Punkte, aber die Eagles halten mit einem eigenen Touchdown dagegen, worauf das ganze Stadion mit ohrenbetäubendem Stolz den Schlachtgesang anstimmt, immer wieder durchsetzt von dem Eagles-Ruf.
Spät im ersten Viertel fängt Hank Baskett zum ersten Mal in seiner NFL-Karriere einen Pass. Einen Fünfundzwanzig-Yard-Pass. Alle in unserem Block geben mir High Fives und klopfen mir auf den Rücken, weil ich mein offizielles Hank-Baskett-Trikot trage, und ich lächle meinen Bruder an, weil er mir so ein schönes Geschenk gemacht hat.
Danach diktieren die Eagles das Spiel, und zu Beginn des letzten Viertels führen sie 24:7. Jake und Scott sind überglücklich, und ich fange an, mir die Unterhaltung auszumalen, die ich mit meinem Vater führen werde, wenn ich nach Hause komme – wie stolz er auf mich sein wird, weil ich jedes Mal, wenn Eli Manning versucht hat, einen Spielzug zu planen, laut geschrien habe.
Aber dann machen die Giants im letzten Viertel siebzehn Punkte hintereinander, und die Philadelphia-Fans sind geschockt.
In der Nachspielzeit springt Plaxico Burress in der Endzone über Sheldon Brown hinweg, und die Giants verlassen Philadelphia mit einem Sieg in der Tasche.
Es ist furchtbar anzusehen.
Draußen vor dem Linc sagt Scott: «Kommt besser nicht mit zum Zelt. Das Arschloch wartet da bestimmt auf euch.»
Also verabschieden wir uns von Scott und laufen mit den Massen zum U-Bahn-Eingang.
Jake hat Tickets. Wir gehen durch die Drehsperre nach unten und drängeln uns in einen bereits überfüllten Wagen. Leute schreien: «Alles voll!», aber Jake
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