Silvermind (German Edition)
seinen Hals lag, krallte die Fingernägel in das Fleisch.
„Danke für das Kompliment. Also?“
„Was?“
„Machst du es oder nicht?“
„Dir eine reinhauen? Liebend gerne!“
„Hör auf. Du weißt genau, was ich wissen will!“, knurrte Nero und presste sich dichter an den Körper vor ihm. Ray keuchte leise auf, was Nero mit einem dunklen Lachen quittierte.
„Ich kann auch unfair werden und deine Antwort erzwingen“, raunte er heiser. Seine Hand ließ er dabei über Rays Bauch gleiten. Immer tiefer, bis er kurz vor dessen Hosenbund innehielt. Nero vernahm deutlich Rays hektischen Atem, die Anspannung, die dessen Körper durchzog. Er spürte auch, dass seine Berührung nicht auf Abneigung stieß.
„Das gefällt dir“, stellte Nero mit dunkler Stimme fest, drehte ihn abrupt herum und presste ihn rücklings gegen das Regal. Er fing Ray zwischen den Armen ein. Mit dem Becken nagelte Nero ihn fest. Ihre Blicke trafen aufeinander. Schwelendes Feuer brannte in den rauchgrauen Augen. Doch was Nero zufrieden lächeln ließ, war der Kampfgeist in diesen Augen, die Entschlossenheit. Er wusste, wie der Kerl sich entschieden hatte.
„Wie lautet deine Antwort?“, fragte Nero mit einem siegessicheren, beinahe überheblichen Lächeln. Ray senkte die Lider, fixierte Neros Mund. Gefangen zwischen dessen Armen schluckte der.
„Du hast gewonnen“, meinte er tonlos.
Mit einer Zusage hatte Nero gerechnet, aber nicht mit der Art, wie Ray diese äußerte. Das gefiel ihm nicht. Plötzlich hatte sich eine eisige Wand zwischen sie geschoben. Da er mit diesem Wandel nicht umgehen konnte, stieß er sich mit einem Nicken vom Regal ab.
„Komm heute zur Fabrikhalle. Probe beginnt um Acht.“
Aus dem Augenwinkel sah er, wie Ray langsam verächtlich den Kopf schüttelte und dann ging. Nero schaute ihm einen Moment hinterher. Er hätte gerne gewusst, was für ein Mensch dieser Kerl war, denn er verstand Ray nicht.
***
Kapitel 8 – Ray
Ray sah auf die Uhr. Es war kurz nach acht, die Probe hatte längst begonnen. Das Treiben um ihn herum nahm er kaum wahr. Mechanisch griff er nach dem nächsten Glas, trocknete es ab. Er musste noch die Spirituosen an ihren Platz räumen, registrierte er. Flüchtig sah er sich um. Ja, vor Feierabend gab es viel zu tun. Für einen kurzen Moment schweiften Rays Gedanken zum gestrigen Tag. Ein Schauer lief ihm über den Rücken, als er die körperliche Nähe Neros wieder spürte.
Der Druck seiner Hand, die das Glas hielt, verstärkte sich. Ray ließ sich nicht gerne in die Ecke drängen. Was ihn am meisten wurmte, war die Tatsache, dass dieser Kerl recht gehabt hatte. Ja, es war eine Chance, die er ergreifen musste und wenn er von Nero Hilfe bekam … Doch den Start hatte Ray gründlich versaut. Anstatt auf der Bühne zu stehen oder in einem Proberaum, stand er hinter der Bar und arbeitete. Was unwiderruflich sein musste, denn Ray brauchte das verfluchte Geld.
Nachdem er mit Lora aus der Bibliothek verschwunden war, hatte er sie daheim abgeliefert und war danach einer Stellenausschreibung gefolgt. Er hatte den Job bekommen, wurde halbwegs ordentlich bezahlt und konnte für seinen und Loras Lebensunterhalt aufkommen. Die Probe war damit Geschichte. Ray gestand sich ein, dass er nicht einmal mehr daran gedacht hatte. Er war dermaßen durch den Wind gewesen, dass er dieses Treffen mit Nero völlig verdrängt und an seine Zusage überhaupt nicht mehr gedacht hatte. Auch hatte er es versäumt, den Jungs in irgendeiner Weise Bescheid zu sagen.
Nun fiel es ihm auf. Jetzt, wo es zu spät war. Die Schicht lief noch drei Stunden. Schicksal, sagte er sich. Ihm wurde eine Hand gereicht, er nahm sie an und ließ sie im nächsten Moment wieder los, da eine andere kam. Wann hatte er eigentlich verlauten lassen, dass er welche gereicht bekommen wollte?
Alles was er tat, machte er falsch. Trotzdem Ray der Meinung war, dass es richtig war. Er musste sich eingestehen, dass er den Dreh nicht heraushatte, wie man das Leben meisterte.
„Ey Junge, lass mal ein Bier rüber wachsen!“, lallte ein Gast ihm entgegen. Ray hob den Kopf, verzog für einen Moment verächtlichen die Lippen. Dann nickte er. Er war tief gesunken. Soweit, dass er sich bereits von Tölpeln anmachen ließ.
„Wird´s bald?“
„Ja, schon gut“, murmelte Ray. Vielleicht war es genau dieser Augenblick, in dem er merkte, dass das nichts für ihn war. Dass er hier nicht glücklich werden konnte. Wenn er es nicht
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