Silvermind (German Edition)
gab, die geklärt werden musste …
Er fand Nero rauchend vor. Mit dem Rücken an eine Wand gelehnt, sah der Leader in den Himmel. Der bläuliche Rauch hing schwer in der Luft, wehte Ray entgegen.
„Willst du auch eine?“, meinte der in die Nacht hinein, verharrte in der Stellung, blickte weiterhin in die Sterne.
„Nein. Nichtraucher.“
Der Frontsänger lachte leise, aber es klang nicht amüsiert. „Dann leg los. Ich will heute noch in die Falle.“
„Mich wundert es, dass du mich nicht in der Luft zerreißt.“
„Das wolltest du mir sagen?“
„Nein, ist mir aufgefallen … Ich trage die Verantwortung für meine Schwester. Ich kann nicht alles für ´Silvermind` opfern, dieses Risiko gehe ich nicht ein. Keine Ahnung, wie du es anstellst, aber ich muss für Geld arbeiten gehen. Probezeiten und Schicht in der Bar, das läuft nicht zusammen. Ich habe meinen Chef bereits belogen, damit ich her konnte.“ Eine Weile blieb es still, in der Nero scheinbar seelenruhig rauchte. Stoisch schnippte er die Asche weg und zog wieder an der Zigarette.
„Irgendwie ist das nicht mein Problem“, meinte der schließlich.
„Es wird dein Problem, wenn ich wieder abhaue. Eure Tour steht an, du hast Schwierigkeiten beim Singen und zudem braucht ihr mich. Das weißt selbst du.“
„Ja. Und was erwartest du jetzt?“
Dieses Gespräch brachte Ray auf die Palme. Der Typ schien sich kein Stück weit zu interessieren. Er hätte sich gewaltig auf den Allerwertesten gesetzt, wenn er sich auf diesen Kerl verlassen hätte. Auf dieses Geplänkel hatte er absolut keinen Bock.
„Ach weißt du was, leck mich! Ich wollte reden und kein gelangweiltes Arschloch vor mir haben, das sich letztlich einen Scheiß um andere kümmert. Ich habe mich an den Teil meiner Zusage gehalten, du nicht!“, stieß Ray wütend aus.
Endlich bekam er von Nero eine Reaktion. Plötzlich befand er sich an die Wand genagelt, zwischen dessen Armen gefangen. Die Ruhe war wie weggeblasen, stattdessen hatte Ray einen wild gewordenen Kerl vor sich. Mit einem Mal lagen Lippen auf seinen. Ray brauchte ein paar Sekunden, um zu realisieren, dass Nero ihn küsste. Er war unfähig, sich gegen diesen Frontalangriff zu wehren und ließ es zu, dass der Leader ihm die Zunge in den Hals schob. Der Kuss war heftig, ohne Rücksicht, ohne Leidenschaft. Unglaublich scharf. Ray erwiderte nach einem kurzen Moment den stürmischen Angriff, kam Neros Zunge entgegen. Sie kämpften wortlos miteinander, begleitet von Händen, die auf dem Körper des jeweils anderen lagen. Als Nero sich löste, sah er Ray mit funkelnden Augen an.
„Nenn mich noch einmal gelangweiltes Arschloch und du bist fällig!“, knurrte der finster. Ray rann ein Schauer über den Rücken. Ehe er antworten konnte, legte sich ein Schatten über sie.
„Ich dachte, du hättest mehr Geschmack … und für so etwas hast du mich raus geschmissen?“, erklang eine verächtliche Stimme. Ray wandte dieser den Kopf zu und erblickte das genaue Ebenbild von Nero …
***
Kapitel 9 – Nero
Nero versteifte sich, als er die Stimme seines Bruders hörte. Es war einige Zeit her, dass sie sich gesehen hatten. Nachdem er Neo aus der Band geschmissen hatte, war dieser abgehauen. Es war ein höchst ungünstiger Augenblick, um wieder auf der Bildfläche zu erscheinen. Nero stieß sich von der Mauer ab, gab Ray frei, ohne diesen noch einmal anzusehen. Stattdessen wandte er sich Neo zu, der ihn abfällig ansah.
„Was willst du?“
„Meinen Platz zurück.“
Nero schnaubte. Dieser Zug war eindeutig abgefahren.
„Du weißt, wie die Antwort lautet.“
„Ist das dein Ernst, das du mich wegen so etwas ...“ Neo deutete mit dem Zeigefinger angewidert auf Ray, „ersetzen willst? Was kann er, was ich dir nicht auch geben könnte?“
„Zuverlässigkeit“, meinte Nero ohne Umschweife. Dafür musste er Ray nicht besonders gut kennen, um das zu wissen. Er schob die Hände in die Hosentaschen. Mit leicht gespreizten Beinen stand er vor Neo, Ray im Rücken. Sein Bruder schnalzte spöttisch mit der Zunge.
„Ach wirklich? Weil er es dir besorgt?“, stichelte Neo, was Nero dazu brachte, wütend mit dem Kiefer zu mahlen. Seine Hand zuckte verräterisch. Sein Bruder hatte längst eine Abreibung verdient.
„Selbst wenn, was würde dich das angehen?“
„Es geht mich eine Menge an.“
„Einen Scheiß tut es. Zisch ab, bevor ich mich vergesse!“ Allerdings stieß Neros Wut bei seinem Zwilling auf
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