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Silvy will die Erste sein

Silvy will die Erste sein

Titel: Silvy will die Erste sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Louise Fischer
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Mühle stoßen.“
    „Woher weißt du denn, wo Süden
ist?“
    „Ich bitte dich, guck doch mal
zum Himmel! Das sieht man doch am Stand der Sonne.“
    „Ich nicht.“
    „Mach dir nichts draus,
Leonore“, erklärte Silvy gönnerhaft, „dafür hast du ja mich.“ Und sie stapfte
weiter.
    Glaubte Leonore an Silvys
pfadfinderische Fähigkeiten? Das wäre entschieden zuviel behauptet. Aber sie
verbiß sich dennoch jede Kritik, weil sie begriff, daß es nichts nutzte, aber
sehr viel schaden konnte, wenn sie Silvy unsicher machte.
    Sie konnte ja nicht ahnen, daß
Silvy sich noch nie zuvor in ihrem Leben so unsicher gefühlt hatte wie gerade
jetzt, das aber um keinen Preis zugeben wollte. Sie war nur deshalb auf die
Idee verfallen, sich querfeldein durchzuschlagen, weil sie Leonore imponieren
und nicht einmal vor sich selber zugeben wollte, daß sie nicht weiterwußte.
Irgendwann und irgendwo, so hoffte sie, würde sie schon wieder auf einen Weg
stoßen, und genau das gleiche hoffte auch Leonore. Sie waren jetzt beide schon so
erschöpft und auch so verzweifelt, daß sie nicht einmal mehr die Kraft
aufbrachten, sich zu streiten, sondern verbissen weiterstapften.
     
     
     

Das dicke
Ende
     
    Sie hatten sich ein ganzes
Stück vorangekämpft, als Silvy plötzlich stehenblieb. „Da! Horch mal!“ rief
sie.
    Auch Leonore stoppte. Beide
Mädchen spitzten die Ohren und lauschten den hellen Stimmen, die näher und
näher zu kommen schienen. Jetzt verstanden sie sogar die Worte.
    „Wir wollen zu Land ausfahren“,
ertönte es in vielstimmigem Gesang, „wohl über die Fluren weit... aufwärts zu
den klaren... Gipfeln der Einsamkeit...“
    „Unsere Klasse!“ schrie
Leonore.
    Mit neuer Kraft stürzten sie in
die Richtung, aus der der Gesang herüberklang.
    „...und wer die blaue Blume
finden will, der muß, ein Wandervogel sa-hein, ein Wandervogel sein!“
    Wieder blieb Silvy stehen, aber
diesmal so plötzlich und mitten im Lauf, daß Leonore gegen sie prallte.
    „Nein“, sagte Silvy, „das sind
Jungen!“
    „Und wenn schon! Hauptsache, es
sind Menschen!“
    „Jungen sind keine Menschen.“
    „Sag mal, bist du völlig
übergeschnappt?“
    „Nein, ich bin ganz normal, und
deshalb denke ich nicht daran, mich vor einer Herde von Jungen lächerlich zu
machen. Aber du, du weißt ja vor lauter Angst nicht mehr, was du tust! Du hast
geradezu... panische Angst hast du!“
    „Nein! Ich bin nur froh, daß
endlich, endlich jemand in der Nähe ist, den ich nach dem Weg fragen kann!“ Mit
neu erwachter Energie stieß Leonore die Freundin zur Seite und arbeitete sich in
Richtung der Stimmen hindurch, die inzwischen die zweite Strophe des Liedes
angestimmt hatten.
    Jetzt war es Silvy, die hinter
ihr herrannte. „Leonore, bitte! Nimm doch Vernunft an! Du willst uns doch nicht
so blamieren! Wir können den Jungen ja unauffällig folgen, wenn du dich dann
sicherer fühlst, aber bitte, bitte...“
    „Nein!“ Leonore entriß ihren
Arm Silvys Zugriff. „Ich denke nicht daran!“
    „Nanu!“ rief eine männliche
Stimme sehr nahe bei ihnen. „Was kriecht denn da im Busch herum? Ich denk, es
ist Napoleum?“ Ein Gelächter der Jungen klang auf, die Büsche taten sich
auseinander, und ein junger Lehrer in Lodenjoppe stand vor ihnen.
    „Kommt heraus, ihr beiden“,
sagte er, „oder sind noch mehr von euch da?“
    Leonore trat sofort auf den
Weg, und auch Silvy folgte wohl oder übel dem Kommando. Eine ganze Jungenklasse
stand vor ihnen, und alle lachten, als wären sie Zuschauer bei einer
Kasperletheatervorstellung.
    „Was ist denn an uns so
komisch?“ fauchte Silvy.
    „Da!“ sagte der Lehrer und
hielt ihr einen Taschenspiegel hin. „Vielleicht überzeugst du dich selber!“
    Silvy hätte sich fast nicht
wiedererkannt. Ihr aschgraues Haar war zerzaust und hing voller Blätter und
kleiner, abgeknickter Ästchen, sie hatte einen grasgrünen Flecken auf der
spitzen Nase und eine dicke Schramme quer über der Wange. Sie warf einen Blick
auf Leonore und stellte fest, daß die Freundin nur wenig besser aussah.
    „Wo seid ihr ausgerissen?“
fragte der Lehrer.
    „Ausgerissen? Überhaupt nicht!
Wir haben uns nur verirrt!“ erklärte Silvy.
    Die Jungen lachten wieder wie
über einen tollen Witz.
    „Das kann doch jedem
passieren!“ rief Leonore.
    „Also, ich weiß nicht“, sagte
der Lehrer. „Ich finde, es gehört doch schon einiges dazu, sich ausgerechnet
hier im Forst zu verirren! Habt ihr denn noch nie etwas von Wanderwegen

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