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Silvy will die Erste sein

Silvy will die Erste sein

Titel: Silvy will die Erste sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Louise Fischer
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dir zuliebe gegen die beiden aussagen würde!“
    Dr. Künzel ergriff das Wort.
„Ich merke, Leonore“, sagte er, „aus dir spricht die Tochter eines
Rechtsanwaltes. Alles, was du sagst, stimmt haargenau, und wenn wir hier
natürlich auch kein ordentliches Gericht bilden könnten, selbst wenn wir
wollten, halte ich von Verhören dieser Art gar nichts. Stell dir nur einmal
vor, ich frage Ruth, ob sie von Katrin abgeschrieben hat. Sagt sie nein, so ist
der Fall erledigt, und wir müssen sie laufen lassen, auf die Gefahr hin, daß
sie sich durch eine faustdicke Lüge vor der Bestrafung gerettet hat. Wäre das
denn gerecht?“
    Silvy schwieg und preßte die
Lippen zusammen.
    „Würde sie meine Frage aber
bejahen“, fuhr Dr. Künzel fort, „so müßte ich ihre Arbeit für ungültig erklären
oder mit einer Sechs honorieren... das gleiche gilt übrigens auch für Katrin.
Damit würde ich ihr für ihre Ehrlichkeit einen Denkzettel geben und sie ihr
vielleicht für immer austreiben. Hältst du das etwa für richtig?“
    „Ruth und Katrin haben Strafe
verdient“, behauptete Silvy verbissen.
    „Und du etwa nicht?“ rief
Leonore. „Ob es nun stimmt oder nicht, was du da von den beiden behauptest, auf
alle Fälle ist es von dir eine gemeine Petzerei... unkameradschaftlich bis
dahinaus! Bei Mohrchen hättest du mit so etwas gar nicht herauszukommen
gewagt.“
    „Beruhige dich, Leonore“, sagte
Dr. Künzel, „bei mir erreicht sie damit auch nichts. Aber ich mache euch einen
Vorschlag zur Güte... die Arbeit wird wiederholt...“
    Daraufhin begannen natürlich
alle diejenigen, die gute Noten geschrieben hatten, zu murren.
    Dr. Künzel ließ sich nicht
unterbrechen, sondern fuhr fort: „...und zwar von Katrin, Ruth und... nur so
zur Gesellschaft... auch von Silvy. Euch anderen steht der Anschluß frei. Wer
glaubt, sich verbessern zu können, kann mitmachen, jeder ist herzlich
eingeladen, die Entscheidung liegt bei euch.“
    Wann, wollten alle Mädchen
wissen.
    „Sagen wir... Freitag
nachmittag um drei Uhr. Hier in der Klasse. Ich wiederhole: die Beteiligung ist
für alle, außer Ruth, Katrin und Silvy, freiwillig. Aber an Mogelei ist nicht
mehr zu denken, denn diesmal werde ich zwei Aufgabengruppen zusammenstellen und
euch so weit auseinandersetzen, daß ohne Funkverbindung nichts zu machen ist.
Nun wollen wir aber endlich die letzte Arbeit von Anfang an durchgehen...“
    Während Dr. Künzel
unterrichtete, dachte Katrin angestrengt nach, aber beileibe nicht über
mathematische Probleme. Es dauerte eine ganze Weile, bis ihr eine Idee kam.
    Sie zog ihren Block näher an
sich heran und schrieb: „Liebe O., S. hat sich hundsgemein benommen. Wenn Du
der gleichen Meinung bist, dann zupf Dich bitte am rechten Ohrläppchen, K.“
Katrin trennte den Zettel geräuschlos vom Block, faltete ihn zusammen, wartete
ab, bis Dr. Künzel ein paar Zahlen auf die Tafel schrieb, und ließ ihn dann
über die Schulter der vor ihr sitzenden Schülerin auf den Tisch fallen. „Für
Olga“, flüsterte sie.
    Noch ehe Dr. Künzel sich
umdrehte, hatte Else den Zettel nicht nur weitergegeben, sondern Olga hatte ihn
auch gelesen. Sie zupfte sich am Ohrläppchen.
    Katrin schrieb: „Ich habe einen
Plan, wie wir sie hereinlegen können. Machst du mit? Antwort wie gehabt.“ Sie
ließ den Zettel auf dem gleichen Weg und bei einer ähnlichen Gelegenheit Olga
zugehen, und wieder war die Antwort bejahend.
    „Stell Dich nachher, wenn wir
S. beschimpfen, auf ihre Seite“, schrieb Katrin, „aber trag nicht zu dick auf,
nur so, daß S. keine Gegnerin in Dir sieht. Wir brauchen eine...“ und jetzt
malte sie in dicken Blockbuchstaben ,VERTRAUENSPERSON’. Verstehst Du?“
    Als Olga sich zum dritten Mal
am Ohrläppchen zupfte, atmete Katrin auf und lehnte sich befriedigt zurück. Der
Anfang war geschafft.
    Es kam genau, wie sie
vorausgesehen hatte. In der nächsten Pause gab es zwischen den Freundinnen
einen Riesenkrach. Ruth und Leonore waren empört über Silvys Verhalten, und sie
machten aus ihrem Herzen keine Mördergrube.
    „Geht nur auf mich los!
Beschimpft mich!“ rief Silvy. „Das ist alles, was ihr könnt! Wißt ihr was?
Schämen solltet ihr euch, und wenn ihr glaubt, es täte mir nur ein bißchen
leid, daß ich die Sache ins Rollen gebracht habe, dann seid ihr auf dem
Holzweg!“

    „Wenn eine sich schämen sollte,
dann bist doch du es, Silvy“, sagte Leonore, „ich habe immer zu dir gehalten...
wie oft habe ich dich in Schutz

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