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Silvy will die Erste sein

Silvy will die Erste sein

Titel: Silvy will die Erste sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Louise Fischer
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genommen...“
    „Ich habe deine Protektion
wahrhaftig nicht nötig gehabt!“ schrie Silvy dazwischen.
    „...und jetzt benimmst du dich
so! Schreckst nicht davor zurück, Doktor Künzel in unsere privaten Streitereien
hineinzuziehen!“
    „Seit wann sind Mogeleien bei
Klassenarbeiten privat, he?“ rief Silvy, die sich nicht mundtot machen ließ.
    „In einem Punkt hat Silvy ja
recht“, sagte Olga überraschend, „du hättest Ruth nicht abschreiben lassen
dürfen, Katrin!“
    „Was?“ schrie Katrin mit gut
gespieltem Zorn. „Jetzt gehst du auch noch gegen mich los? Was hätte ich denn
machen sollen, als ich merkte, daß Ruth allein nicht weiterkam?“
    „Du gibst es also zu?“ rief
Silvy. „Habt ihr gehört?! Sie hat es unter Zeugen zugegeben.“
    „Aber ich bitte dich, Silvy,
das ist doch ein alter Hut“, erklärte Ruth, „jeder von uns hat schon mal
abgeschrieben. Du etwa nicht?“
    „Nie! Nie in meinem ganzen
Leben!“
    „Und du würdest es auch nie
tun?“ fragte Katrin mit überraschender Sanftmut. „Nie?“
    „Unter keinen Umständen. Ich
bin nicht so wie ihr, und ich habe es auch gar nicht nötig zu pfuschen, weil
ich nämlich etwas weiß.“ Katrin klatschte Beifall. „Bravo, oh, bravissimo! Seht
her, das Wunderkind.“
    „Na schön, vielleicht hast du
es wirklich nicht nötig, abzuschreiben, aber würdest du auch unter keinen
Umständen abschreiben lassen?“ wollte Olga wissen.
    „Danach könnt ihr Leonore
fragen“, gab Silvy spitz zurück; sie bahnte sich mit beiden Armen einen Weg
frei und verließ das Klassenzimmer.
    „Ihr alle wißt, daß ich eine
sanftmütige Person bin“, sagte Ruth, „aber im Moment habe ich eine solche Wut
im Leibe, daß ich Silvy am liebsten verhauen würde. Und ich täte es auch, wenn
sie nicht stärker wäre als ich.“
    „Wenn du schon jemandem
Ohrfeigen austeilen willst, Ruth“, erklärte Katrin ungerührt, „dann fang am
besten bei dir selber an. Es war idiotisch, so über deine Eins zu triumphieren.
Du hättest dir doch denken können, daß du damit nur Neid erwecken würdest.“
    „Stimmt“, sagte Leonore, „ich
kann auch gar nicht verstehen, wie man so über eine gute Note jubilieren kann,
wenn man doch genau weiß, daß man sie nicht wirklich verdient hat.“
    „Das hätten aber doch meine
Eltern nicht gewußt“, murmelte Ruth ein wenig beschämt.
    „Die hätten sich ja auch freuen
können, aber du nicht“, sagte Olga, „du hättest eigentlich in den Erdboden
versinken müssen. Mir jedenfalls wäre es peinlich gewesen.“
    Ruth blitzte Olga an. „Na hör
mal! Hältst du eigentlich zu uns oder zu Silvy?“
    In diesem Augenblick kam Silvy
in die Klasse zurück, gerade noch rechtzeitig, um Ruths Bemerkung zu hören.
„Olga ist nur gerecht... im Gegensatz zu euch!“ rief sie.
    „Ach was“, sagte Ruth, „und
wenn es tausendmal falsch war, daß ich abgeschrieben habe, dich ging es nicht
das geringste an!“
    „Und du hast dich auch nicht so
aufgeregt, weil du Angst um unseren Charakter oder um unser gutes Gewissen
hattest“, rief Katrin, „sondern nur, weil du Ruth die gute Note nicht gegönnt
hast!“
    „Sie war unverdient!“
    „Na und? Was kümmert dich das.
Oder willst du etwa behaupten, daß Doktor Künzel dich zu schlecht zensiert
hat?“
    „Ja! Wenn ich dafür, daß ich
fast alles gewußt habe, nur eine Zwei plus gekriegt habe, und Ruth, die keine
Ahnung hatte...“
    „Stimmt ja gar nicht!“ fuhr
Ruth dazwischen.
    „...eine Eins, dann bin ich
doch zu schlecht weggekommen!“
    „Unsinn“, sagte Katrin, „auf
jeden Fall war meine Arbeit besser als deine...“
    „Woher weiß ich denn das?“ rief
Silvy. „Vielleicht habt ihr euch ja gegenseitig geholfen, du Ruth und sie dir,
wenn du etwas nicht wußtest! So konntet ihr eure Schwächen herrlich gegenseitig
ausgleichen und hattet es wahrhaftig leicht, Einser zu schreiben!“
    „Langsam schnappst du
vollkommen über, meine Liebe“, sagte Katrin, „es wird immer unmöglicher, mit
dir ein vernünftiges Wort zu reden.“ Sie ging auf ihren Platz zurück und zog
Ruth mit sich.
    „Wir werden ja sehen, was bei
der nächsten Arbeit herauskommt“, rief Silvy ihnen nach, „wenn ihr euch nicht
mehr einhelfen könnt.“
    „Warte es nur ab!“ entgegnete
Katrin. „Du wirst dich wundern!“
     
     
     

Rache folgt
     
    Am Nachmittag fand eine Sitzung
bei Katrin Bär statt, zu der sie die Freundinnen — außer Silvy, versteht sich —
telefonisch zusammengetrommelt hatte.

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